[buug-l] Buug-Ticker: Thema Politik - ein neuer Artikel

buug-t-omat buug-ticker@buug.de
Tue, 21 Jan 2003 15:25:03 +0100


Volker Grassmuck hat am 2003-01-21 15:25:02 folgenden
Artikel auf buug.de veroeffentlicht.
---------------------------------------------------------------------
Politik: 
+++ Alternative Anhörung Urheberrechtsgesetz +++

Alternative Anhörung Urheberrechtsgesetz am 
Do, 23. Januar 2003, 18:00
Humboldt Universität Berlin, Kinosaal, Unter den Linden 6

Mit einer derzeit im Bundestag verhandelten Gesetzesnovelle hat sich 
die Regierung das Ziel gesetzt, das Urheberrecht an die digitale 
Informationsgesellschaft anzupassen. Für die Nutzer stellt der kurz 
vor der Abstimmung stehende Entwurf aber einen Rückfall in die 
analoge Steinzeit dar. So wird sich der Verbraucher in Zukunft 
beispielsweise von einer geschützten Musik-CD keine Kopie mehr für 
Auto oder MP3-Player ziehen können. Die digitale Privatkopie soll 
abgeschafft werden. Im Internet sollen die heutigen 
Nutzungsfreiheiten für Bildung, Bibliotheken und die Allgemeinheit 
überhaupt nicht mehr gelten. Medienkonzerne erhalten stattdessen 
einen Freibrief ausgestellt: sie können mit Kopierschutz und anderen 
technischen Maßnahmen festlegen und kontrollieren, wie Information 
künftig genutzt wird. Fachleute äußern dagegen Verfassungsbedenken.

Privatkopie.net nimmt das zum Anlass, eine Alternative Anhörung zu 
veranstalten, um die gesellschaftlich prekären Folgen des 
Gesetzentwurfes aufzuzeigen.


Sprecher: 

John Perry Barlow,
Mitbegründer der Electronic Frontier Foundation (EFF), Fellow am 
Berkman Center for Internet and Society der Harvard Law School
http://www.eff.org/~barlow/

wird über vier Jahre Erfahrungen unter dem Digital Millenium 
Copyright Act (DMCA), der US-amerikanische Entsprechung zur deutschen 
Novelle berichten. An zahlreichen Fällen hat sich gezeigt, dass das 
Umgehungsverbot für DRM-Systeme in großem Umfang rechtmäßige 
Verhaltensweisen beeinträchtigt hat. Der DMCA gefährdet die Meinungs- 
und Forschungsfreiheit, schmälert Verbraucherrechte und bildet ein 
erhebliches Hindernis für Wettbewerb und Innovationen.

Barlow war Liedtexter der Grateful Dead und tritt seit langem für ein 
radikal neues Verständnis von Urheberrecht ein. Er gilt als 
Netzaktivist der ersten Stunde und ist der Verfasser der legendären 
"Unabhängigkeitserklärung für den Cyberspace".


Dirk Günnewig, M.A.
Universität Dortmund, Politikwissenschaftler am FB Mathematik, und 
digital-rights-management.de
http://digital-rights-management.de/

gibt einen Überblick über die technologischen Grundlagen der Digital 
Rights Management Systeme, für die das neue Gesetz einen 
Umgehungsschutz schafft. Ihr Kernbestandteil sind Verfahren der 
Nutzungskontrolle digitaler Güter, die meistens durch einen 
Kopierschutz ergänzt werden. DRM soll illegale Nutzungen verhindern 
und neue Geschäftsmodelle für Filme, Musik und Texte ermöglichen. DRM 
kontrolliert, wer, was, wann, wo, wie nutzt. Wird DRM nicht 
reguliert, müsste es mit "Digital Restriction Management" übersetzt 
werden.


Till Kreutzer,
Institut für Rechtsfragen der Open Source Software (ifrOSS)
http://www.ifross.de/

erläutert die Regelung der Schranken im vorliegenden Gesetzentwurf. 
Schranken begrenzen die Rechte der Urheber und Verwerter und erlauben 
Bildung, Bibliothken, Behinderten und -- in Form der Privatkopie -- 
jedermann bestimmte Nutzungen ohne Zustimmung. Beim Einsatz von DRM 
ermöglicht der Gesetzentwurf den Begünstigten, die Mittel zur Nutzung 
eines Werkes von den Verwertern einzufordern. Davon ausgenommen 
bleibt allerdings die digitale Privatkopie. Im Onlinebereich sollen 
diese Durchsetzungsmöglichkeiten ganz entfallen.


Prof. Dr.iur. Bernd Lutterbeck
Professor für Informatik und Gesellschaft der Technischen Universität 
Berlin
http://ig.cs.tu-berlin.de/bl/

wird den vorliegenden Gesetzentwurf in Bezug auf Unterricht und 
Forschung bewerten. Das Recht auf Zugänglichmachung z.B. in einem 
Intranet wird bestätigt. Auf die Stellungnahme des Bundesrates hin 
hat die Bundesregierung jedoch die Bildungsschranke verengt. Nun soll 
sie nur noch für "kleine Teile eines Werkes" oder "Werke von geringem 
Umfang" gelten. Filmwerke sollen ganz ausgenommen werden. Und die 
neue Bildungsschranke soll nun vergütungspflichtig sein.


Annette Mühlberg,
Leiterin des Referats Neue Medien und eGovernment beim ver.di 
Bundesvorstand, Berlin
http://www.verdi.de/

wird die gesellschaftlichen Auswirkungen der Umsetzung des 
Gesetzentwurfs in einen breiteren Zusammenhang stellen, und 
herausarbeiten wie die Bundesregierung mit diesem Vorhaben ihre eigen 
politischen Leitlinien konterkariert.


Andreas Bogk,
Chaos Computer Club
http://www.ccc.de/

wird über die Werkzeuge und Technologien sprechen, die das neu zu 
schaffende Umgehungsverbot illegal macht, und welche Folgen das für 
die tagtägliche informatische Praxis hat.


Moderation:
Jeanette Hofmann, Wissenschaftszentrum Berlin und 
Volker Grassmuck, 
Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität


Veranstalter:
Initiative privatkopie.net, Chaos Computer Club, Arbeitsgruppe 
Informatik 
und Gesellschaft der Humboldt-Universität, Netzwerk Neue Medien und 
mikro/Wizards of OS

Ermöglicht durch Unterstützung von:
Deutscher Bibliotheksverband, ver.di, Forum InformatikerInnen für 
Frieden 
und gesellschaftliche Verantwortung und Grüne Jugend

Der Eintritt ist frei.



Weiter Informationen zum Thema: 
http://www.privatkopie.net/>

Initiative zur Rettung der Privatkopie
info@privatkopie.net