[rohrpost] "Und morgen die ganze Welt ... "

Thorsten Meyer Thorsten Meyer <tmeyer@othersite.de>
Fri, 04 Feb 2000 13:08:43 +0100



michael wolf wrote:

> wie waers mit der rassistischen ausgrenzungslogik, die hinter dem konzept
> des 'auslaenders' steht, und 'auslaenderfeindlichkeit' ueberhaupt erst
> moeglich macht? das problem ist doch weniger die 'auslaenderfeindlichkeit'
> als die selbstverstaendlichkeit, mit der wir hinnehmen, dass es sowas wie
> 'auslaender' ueberhaupt geben soll.

es ist sehr gefährlich vereinfachend, gewachsene nationale strukturen, 
die als demokratische form noch gar nicht so lage bestehen, mit ras-
sismus "über einen kamm zu scheren". für den einfachen deutschen, 
welcher nicht deine umfassende kosmopolitische bildung und einen
ebensolchen intellekt besitzt, ist das fremde an sich nun einmal sehr 
bedrohlich - "ein schwarzer ist ein exotischer freund, aber fünf 
sind eine gang". diese logik zieht sich besonders durch den kulturellen
mainstream von tv und film.
äussere unterschiede sind für uns natürlich passe. aber was ist mit
dem schichtgebundenen bergbauern vom ararat in einer funktional struk-
turierten gesellschaft? was ist mit blutrachegebundenen patriarchen, 
die ihre töchter beschützen aber auch verkaufen? was ist mit der be-
schneidung von afrikanischen frauen?
es ist für uns zu leicht, so dahin zu sagen, das unsere durch die 
aufklärung geprägte kultur bestimmen darf, welches "fremde" schlecht 
und welches gut ist.

interessante frage: wie sieht "das fremde" im internet aus?

> oder wie waers mit militarisierung der aussenpolitik? wie waers mit der
> oedipalen reproduktionsmaschine, 

gab es jemals eine nicht-militarisierte aussenpolitik, wenn sie nicht
gerade vom kalten krieg und durch atomangst "eingefroren" war?

> imho gehen vom politischen mainstream der schilys und fischers weit
> groessere gefahren aus als von den 'boesen anderen' fpö, dvu, naziskins,

das ist zu einfach. die entwicklung der "68er" scheint abermals zu
zeigen
(friedrich II. war auch schon so weit), das es descartes und machiavelli
offensichtlich nur im bundle gibt.

> etc. sich von denen mal eben voller ekel zu distanzieren kostete keinen
> pfenning und bringt vermutlich nicht wesentlich mehr... (ausser natuerlich,
> dass man sich der ereiferungsgemeinschaft angeschlossen und den
> heiligenschein mal wieder aufpoliert hat, was ja fraglos auch was wert ist,
> dfas will ich gar nicht in abrede stellen)

natürlich. das sind offensichtlich die politischen spielregeln unserer 
republik seit ihrer gründung.

> so, das musste mal raus,

keine frage! aber weise doch bitte mal wege und alternativen auf. kann
das internet hier eine rolle spielen? oder wird es "assimiliert" und 
gliedert sich in bestehende politische landschaften ein? hilft das netz,
das "fremde" zu relativieren? oder wird es nach italienischen Gastar-
beitern, türkischen Gastarbeitern und russsichen Einwanderern immer wie-
der "fremde" Gegenpole geben? (die dann "Ausländer" sind)
Wenn das netz das "fremde" verschwinden lässt - sind wir dann alle
teletubbies?

thorsten

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