[rohrpost] Literatur im Netz: das Rutenberg-Projekt: Die Quotenmaschine

Norman Ohler sayheykey@berlin.snafu.de (Norman Ohler)
Fri, 11 Feb 2000 11:02:39 +0100


Nach einer traumlosen Nacht -

Was mich erstaunt hat bei der Rezeption der Quotenmaschine: dass Leute sich
tief beeindrucken liessen von der nicht besonders subtil agierenden
Propagandamaschine des Hoffmann & Campe-Verlags, der mein Buch als "ersten
Internet-Roman" hypte, was nat=FCrlich mit deren Kapitalinteressen
zusammenhing - und die zu durchschauen gen=FCgte den meisten Diskursmenschen=
,
und eine Auseinandersetzung mit dem Stoff zwischen den Covern, zwischen den
=D6ffentlichkeitsarbeitssandwichdeckeln (der HoCa-Pressechef wurde immer meh=
r
zu einem omin=F6sen, kaum besiegbaren Gegenspieler von mir) wurde kaum noch
f=FCr n=F6tig erachtet. HoCa hat also einen Zwischensieg errungen (ich wurde
daf=FCr mittelm=E4ssig ausbezahlt, aber das beruhigt =FCberhaupt nicht),=
 wenn sie
auch kaum etwas davon hatten, denn die QM ist viel zu sperrig, um sie zu
einem Mainstream-Erfolg zu f=FChren. Das ginge nur =FCber die intellektuelle
Kritik - und die zeigte sich naturgem=E4=DF abget=F6rnt, wegen der ganzen
Internet-Jubelei.

weiterhin schreibt Heiko:

>auch nur ansatzweise sehe ich einen *netzprojekt*-charakter nicht
>bei der quotenmaschine: die angebotene mitwirkung der leserInnen per email
>sehe ich nirgends realisiert - im buch findet sich nicht einmal ein hinweis
>auf die netzadresse  - auch erfaehrt der doch ev. so angeregte leser / die
>leserin leider keine email-adresse, bei der er seine leseeindruecke
>loswerden koennte ...

>der autor ist also wieder einmal nicht tot zu kriegen - nicht einmal die
>autorenfiktion, von der mitwirkung der leserInnen keine spur ...

was real passiert ist: ich bin von NY nach Ostberlin gezogen, hatte keinen
Telefonanschluss, begann, mich um ein neues Projekt zu k=FCmmern (das nichts
mit dem Inet zu tun hat) und vernachl=E4ssigte die Quotenmaschine ganz
bewusst. Sie sollte ab Februar 96 (Erscheinen des Hardcovers) ganz einfach
f=FCr sich selbst irgendwie mutieren oder sterben oder in neuer Bl=FCte
erstrahlen. So ein Rabenvater, so ein schlechter Staat war ich damals.

Gruss,


Norman



"Der stumme Detektiv beschliesst, die Entstehung seiner Geschichte
=F6ffentlich zu machen. Beschliesst, die Kapitel in den Sauberraum zu werfen=
,
die Konrolle =FCber sie abzugeben, um: Vielleicht mehr zu schaffen,
vielleicht eine gemeinsame Geschichte."





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