[rohrpost] DATENBANK DER VIRTUELLEN KUNST
Sabine Mai
Sabine Mai <sabine@binemai.com>
Tue, 15 Feb 2000 10:25:59 +0100
Liebe Kollegen,
das Verfallsproblem hatten bereits andere Kunstwerke vor der sogenannten
Medienkust. Bestimmte Materialien zeichnen sich dadurch aus, dass sie verotten. Es
scheint ein tief verwurzelter Mythos zu sein, dass Elektronik für die Ewigkeit
gebaut sei. In der Tat veraltet nichts schneller als der neueste Technikkram von
heute. Eine CD-Rom kompostiert schneller als ein auf Holz gemaltes Tafelbild.
Das Internet ist wie kaum ein anderes "Material" von seinem Tageszustand abhängig.
Im Grunde lebt es von der ständigen Veränderung. Wer sich dort hin begibt, der
sollte sich gleich von der Vorstellung befreien, große Werke in Web-Marmor zu
meisseln, die auch in 500 Jahren noch im virtuellen Museum stehen.
Medienkustwerke für die Nachwelt erhalten zu wollen, ist prinzipiell lobenswert.
Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, das eigentlich nur Relikte und
Dokumentation übrig bleibt. Die eigentliche Arbeit löst sich vom Material. Was
danach kommt ist Neuland.
Wer Angst hat, seine Kunstwerke zu verlieren, der sollte malen wie Albrecht Dürer,
das ist auch heute noch völlig legitim.
Sabine Mai
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