[rohrpost] Der rechtslastige Link

andreas hagenbach andreas hagenbach <aah@thing.ch>
Thu, 24 Feb 2000 19:26:47 +0100


Als Grundlage:

Ab wievielen Zwischenschritten ist ein Link auf eine rechtswidrige=20
Website strafbar?
von Florian R=F6tzer in Telepolis
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5831/1.html


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In der Schweiz ist erst seit einigen Jahren das Antirassismusgesetz=20
(Art. 261bis StGB ) in Kraft, dank dem es m=F6glich wurde, Schriften=20
wie die der Revisionisten zu verbieten.

Diese Strafnorm ist relativ neu, und die Rechtsbeh=F6rden haben noch=20
wenig Erfahrung in der Sprechung von Urteilen zu diesem Artikel des=20
Strafgesetzbuches. Gerade versucht ein Revisionist das schweizerische=20
Bundesgericht zu fordern, da sich in die Schweiz zahlreiche=20
schreibende Revisionisten aus dem umliegenden Ausland gefl=FCchtet=20
haben. Diese lassen sich davon nicht abhalten, ihre Scheisse=20
weiterhin manchmal sogar recht erfolgreich zu verbreiten, auch =FCber=20
das Internet.

Es stellt sich die Frage, ob *zero tolerance* oder wegschauen=20
angebracht ist. Als Vergleich nehme man den Buchhandel, wo *Mein=20
Kampf* auch nicht erh=E4ltlich ist. Aber  auf einer Site in den USA=20
l=E4sst es sich trotzdem finden. Oder nehme man als Beispiel eine Site,=20
wo andere schwere verunglimpfende Inhalte angeboten werden. Den=20
schweizerischen ISPs wurde von der Schweizerischen Bundespolizei=20
empfohlen, diese auf einem amerikanischen Server liegende Site von=20
ihrem DNS registry zu l=F6schen. Nach einigem Z=F6gern waren die meisten=20
dazu bereit. Nach anf=E4nglichem Eifer der Bundespolisten erlahmte der=20
Einsatz nach einem halben Jahr, da der neu gew=E4hlte=20
Bundesstaatsanwalt seine Beamten nun zu Bek=E4mpfung der organisierten=20
Kriminalit=E4t einsetzt. Zum weiteren f=FChrte eine Rechtsunsicherheit=20
bez=FCglich der Inhalte im Internet zu einer vorl=E4ufigen sehr=20
gem=E4chlichen Gangart.

Zu weiteren Infos f=FChrt der straffreie Link: http://www.akdh.ch/archiv

Zu Strickers Argumentation l=E4sst sich antworten: Wegen der=20
Nachvollziehbarkeit eine fahrl=E4ssige Politk zu verfolgen ist auch dem=20
Internet nicht mehr angebracht. Das Internet des Thomas Stricker ist=20
dasjenige vor sieben Jahren. Heute ist nicht mehr der damalige=20
m=FCndige B=FCrger (wer soll das =FCberhaupt sein? war das so?) auf dem=20
Netz. Damit sollen =FCberhaupt nicht die heutigen Users abgewertet=20
werden, aber man w=FCrde offen rassistische Inhalte auch nicht im=20
Massenmedium Fernsehen dulden.

Zitat R=F6tzer:
*Betr=FCblich freilich ist, dass die Schulleitung offenbar nicht=20
gewillt ist, ob den etwas komplexeren Sachverhalt einzugehen, dass=20
die Links keineswegs als Billigung der Inhalte auf den referenzierten=20
Seiten verstanden werden k=F6nnen, sondern im Kontext eben einer=20
Diskussion =FCber die rechtliche Regelung f=FCr Links als Anschauung=20
gelegt wurden.*

Betr=FCblich ist meistens, dass man im Gefasel =FCber Komplexit=E4t endet=20
und die kritischen Inhalte nebenan liegen bleiben. Stricker wollte=20
provozieren, und damit auch seine Duftmarke setzen f=FCr die bald=20
stattfindende Konferenz in Genf. Dass sein Verhalten auch keinen=20
Diskussionsbeitrag - wie von Florian R=F6tzer noch weitere gefordert=20
werden - darstellt, begr=FCndet sich in der h=E4ngigen Verfahrenslage.

Zitat R=F6tzer:
*Bedenklich ist aber auch die =FCberst=FCrzte Reaktion der Schulleitung,=20
die offenbar nicht daran denkt, die Freiheit der Wissenschaft und des=20
rationalen Argumentierens zu verteidigen, sondern in voreiligem=20
Gehorsam Zensur aus=FCbt.*

Das Verhalten der B=FCrokraten war nicht vorbildlich, aber lediglich=20
die Freiheit der Wissenschaft einzufordern bedarf einer=20
sorgf=E4ltigeren Argumentation. Keinem Mensch k=E4me es in den Sinn, die=20
Wiederzulassung von *Mein Kampf* im Buchhandel zu verlangen, nur zum=20
Selbststudium nat=FCrlich!

Die rigorose Zensur von rechtsextremistischen Inhalten ist die=20
zweitbeste L=F6sung, doch ich kenne die erstbeste nicht. A propos:=20
*Deren* Inhalte haben nichts mehr mit Freiheit im demokratischen Sinn=20
zu tun, und darauf st=FCtzen wir uns doch!

Andreas Hagenbach


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