[rohrpost] Wizards of OS nimmt Gestalt an

thomas thaler thomasdthaler@yahoo.de
Mon, 27 Aug 2001 15:58:32 +0200 (CEST)


Wizards of OS 2
Offene Kulturen & Freies Wissen

Internationale Konferenz im
Haus der Kulturen der Welt Berlin
11.-13. Oktober 2001

http://wizards-of-os.org/


"Die Freiheit des Wissens zu verteidigen, ist
wahrscheinlich die wichtigste Aufgabe, die wir in der
Zukunft vor uns haben." (Prof. Dr. Norbert Szyperski
auf den Wizards of OS 1)


Die freie Software hat bewiesen, dass Freiheit,
Offenheit und Gemeinschaft funktionieren. Und das
zumal in einem Technologiefeld, das den Kern der
digitalen "Wissensgesellschaft" und somit
Austragungsort eines scharfen Wettbewerbs bildet. Es
erscheint vollkommen unwahrscheinlich, dass in einem
Marktsegment, das von Groessen wie Microsoft, Sun und
IBM ueber 30 Jahre hinweg aufgebaut wurde, locker
organisierte Gruppen freier Entwickler Anteile von 60
Prozent erlangen. Dass diese Unwahrscheinlichkeit
Wirklichkeit wurde, macht sie zu einer der grossen
Auseinandersetzungen des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Inzwischen haben freie Computer-Programme wie
GNU/Linux und Apache ihre Qualitaet laengst bewiesen
und Microsoft darf man gerichtlich abgesichert als
Monopol bezeichnen. Um den andauernden Streit von
David und Goliath ist es ruhiger geworden. Was uns
jedoch noch lange beschaeftigen wird, ist der
Glaubwuerdigkeitsverlust der proprietaeren,
industriellen Produktion und Distribution von
Wissensguetern sowie der Respektgewinn fuer seine
Alternative: eine freie, offene Kooperation der
kollektiven Intelligenz. Wie Richard Stallman, einer
der Gruendervaeter und Bannertraeger der Bewegung zu
sagen pflegt, es geht nicht um die Software, sondern
um die Gesellschaft in der wir leben wollen.

Die "Wizards of OS 2" gehen -- ebenso wie die WOS 1 im
Juli 1999 -- von der freien Software aus und fragen,
welches Licht sie auf unsere Wissensordnung als ganze
wirft. Welche neuen Werkzeuge entstehen, die eine
offene Kooperation unterstuetzen? Wie wirken sich die
verschiedenen Formen des "geistigen Eigentums" wie
Urheberrechte und Patente aus? Was bedeuten sie fuer
das wirtschaftliche Wissensmanagement, die
Wissenspraktiken der Privatpersonen und fuer den
Austausch im Nord-Sued-Verhaeltnis? In einem
Graswurzelprozess bilden sich Gemeinschaften, die
gemeinsam Enzyklopaedien, Lehrmaterialien oder Musik
erstellen. Doch wie steht es um das gesellschaftliche
oeffentliche Wissen in den Bibliotheken und Archiven,
in der Schul- und Hochschulbildung, im
Peer-to-Peer-Verfahren der Forschung, im
oeffentlich-rechtlichen Rundfunk und der staatlichen
Verwaltung? Nach anderthalb Jahrhunderten, in denen
Autorensubjekt und Geniekult die Wissensordnung
bestimmten, bricht sich nun eine kollektive
Intelligenz Bahn. Wie muss sich die Infrastruktur des
Wissens wandeln, um sie optimal zu unterstuetzen?

Die WOS 2 handeln von Menschen, die an denselben
Problemen arbeiten und, anstatt miteinander zu
konkurrieren, offene Gemeinschaften bilden, ihre
Antworten austauschen, voneinander lernen und
gemeinsam etwas Groesseres schaffen als die Summe der
Teile. Erst eine Vorstellung vom generellen Trend zur
Verschaerfung der Kontrolle durch die
Wissensgueterindustrie laesst die Groesse der
Revolution erkennen, die die freie Software darstellt.



### THEMEN ###

Hier kann nur eine kleine Auswahl der Themen genannt
werden, die auf der WOS 2 in Vortraegen, Diskussionen,
Tutorials, kuenstlerischen Beitraegen und informellen
Gespraechen zur Sprache kommen. Ueber den aktuellen
Programmplanungsstand koennt ihr euch informieren
unter: http://mikro.org/Events/OS/wos2/topics.html

Die jeweils neueste Liste der Vortragenden findet ihr
unter:
http://mikro.org/Events/OS/wos2/speakers.html.



*** Freie Software ***

Als 1998 IBM eine Lizenz fuer den freien Webserver
Apache erwerben wollte, fand das Unternehmen nicht
einmal ein vertragstaugliches Gegenueber. Heute haben
Hard- und Software-Firmen ihre eigenen
Open-Source-Abteilungen eingerichtet. BRUCE PERENS
(Strategieberater Open Source bei Hewlett Packard) und
TOM SCHWALLER (Gruender des Linux-Magazins und Linux
Enterprise Spezialist bei IBM) kommen beide aus der
freien Bewegung und sind heute bei grossen Unternehmen
beschaeftigt. GEORG GREVE (Praesident der Free
Software Foundation Europe) hat sich zum Ziel gesetzt,
das Business-Modell freie Software in Europa breiter
zu etablieren. Sie diskutieren ueber das gegenwaertige
Verhaeltnis zwischen einer freien sozialen Bewegung
und den Unternehmen. 

In einer Software-gestuetzten Wissensumwelt sind es
die Designmerkmale der Programme, die die sozialen
Austauschprozesse stuetzen. Napster hat
Peer-to-Peer-Protokolle beruehmt gemacht. Der beste
Kenner der P2P-Welt in Deutschland, ERIK MOELLER,
sieht eine wahre Medienrevolution im P2P- Journalismus
und hat ein Panel mit drei fuehrenden Entwicklern und
Betreibern solcher selbstorganisiernder
Nachrichten-Websites zusammengestellt. 

Content Management Systeme (CMS) helfen Redaktionen
und Gemeinschaften, gemeinsam Informationen
aufzubereiten und zu publizieren. HERBERT A. MEYER
(artop-Institut, Humboldt-Universitaet zu Berlin) wird
das Panel moderieren, auf dem sich acht ausgewaehlte
freie CMS-Projekte vorstellen und auf ihre Nutzbarkeit
hin befragt werden.

So betrachtet ist es offensichtlich, dass es sich bei
Software um Kultur handelt. Doch warum hat sich etwas
Vergleichbares zur Film- oder Literaturkritik nicht
auch fuer Software entwickelt. Der Londoner
Theoretiker, Kuenstler und Aktivist MATTHEW FULLER hat
dazu ein Panel aus den "cultural studies"
zusammengestellt, das durch die Analyse der
immateriellen Arbeit durch den in Paris lebenden
Philosophen MAURIZIO LAZZARATO ergaenzt wird. 

Keine Konferenz ueber Software-basierte
Infrastrukturen kommt ohne die Themen Sicherheit und
Datenschutz aus. Aus aktuellem Anlass werden sie um
ein Gast-Panel der Heinrich Boell-Stiftung zur
"Digitalen Signatur" ergaenzt.


*** "Geistiges Eigentum" ***

"Geistiges Eigentum ist die Rechtsform des
Informationszeitalters," schreibt der amerikanische
Rechtsgelehrte James Boyle buendig. Folglich werden
Freiheitsphilosophien heutzutage nicht an
Kirchentueren genagelt oder von den Zinnen eroberter
Bastionen herab verkuendet, sondern nehmen die Form
von Lizenzen an, also vertragliche Ausgestaltungen des
Urheberrechts.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussion ueber
die Einfuehrung von Software-Patenten in Europa fragen
die WOS 2 nach ihrer Bedeutung in der wirtschaftlichen
Praxis. FRITZ TEUFEL (Direktor der Abteilung
Patentwesen und Urheberrecht bei IBM Deutschland)
berichtet aus der Erfahrung eines Unternehmens, das
wesentliche Teile seiner Einnahmen aus Lizenzgebuehren
erzielt. DANIEL PROBST (Wirtschaftstheoretiker an der
Universitaet Mannheim) beleuchtet Sinn und Unsinn von
Software-Patenten aus volkswirtschaftlicher Sicht. Ein
Verter des Fraunhofer Instituts fuer Systemtechnik und
Innovationsforschung stellt die bislang
unveroeffentlichten Ergebnisse einer BMWi-Studie ueber
den Einsatz von Patenten in deutschen Software-Firmen
vor.

Auf die vor kurzem verabschiedete Europaeische
Urheberrechtsrichtlinie und ihre Konsequenzen fuer
offenen Wissensaustausch und oeffentlichen Zugang
gehen u.a. TILL KREUTZER (Rechtsreferendar und
Mitarbeiter der Urheberrechtskanzlei Kukuk, Hamburg)
und der US-amerikanische Cyberlaw-Experte LAWRENCE
LESSIG (Stanford Universitaet) ein.

Der Anthropologe CHRISTOPHER KELTY von der Rice
Universitaet Houston hat zwei Panels zusammengestellt,
in denen es um das Spannungsverhaeltnis von freier
Wissenschaft und wissenschaftsgestuetzter Industrie
sowie von Wissensvermarktung in der Ersten Welt und
Biodiversitaet in der Dritten geht. Im Zentrum stehen
beide Male die besonders brisanten Felder der Bio- und
Gentechnologie.


*** OEffentliches Wissen ***

Bildung und Forschung in Schule und Hochschule und die
Wissenssammlungen in Bibliotheken, Museen und Archiven
galten bislang als vorwettbewerbliche Ressourcen, die
in gesellschaftlicher Umverteilung allen zur
Verfuegung standen. Der oeffentlich-rechtliche
Rundfunk erhielt vom Bundesverfassungsgericht den
Auftrag der "informationellen Grundversorgung".
Staatliches Verwaltungshandeln soll nach
vorherrschender Ansicht transparent sein. Der Druck
durch leere oeffentliche Kassen und der Sog durch
einen globalen Bildungs- und Wissensmarkt laesst die
kommerzielle Verwertung oeffentlichen Wissens als
einen Ausweg erscheinen. Doch welcher Preis muss die
Gesellschaft dafuer bezahlen?

Diese Frage diskutieren in sechs Panel unter anderm
INGO RUHMANN (Projektleiter Schulnetz / IT WORKS der
Initiative Schulen ans Netz des Bundesministeriums
fuer Bildung und Forschung), THOMAS KRUEGER
(Praesident der Bundeszentrale fuer politische
Bildung), HANSJUERGEN GARSTKA (Berliner Beauftragter
fuer Datenschutz und Akteneinsicht) und BRIGITTE
ZYPRIES (Staatssekretaerin im Bundesministerium des
Innern, verantwortlich fuer die eGovernment-Projekte
der Bundesregierung). Eingeladen ist ferner der
Intendant der ARD, FRITZ PLEITGEN.


*** Offene Infrastrukturen ***

Im abschliessenden Themenschwerpunkt der Konferenz
werden die Grundlagen und die Infrastruktur der
heutigen Wissensordnung fokussiert. Standards dienen
der Interoperabilitaet von Menschen, Maschinen und
Wissen. Auch bei ihnen stellt sich die Frage, wie
offen oder geschlossen sie jeweils sind.

Auch Geld ist eine kulturelle Konvention, die
Austauschprozesse unter Menschen ermoeglicht. Wie muss
das Geld aussehen, das einem offenen Austausch nach
Art der freien Software entgegenkommt? Dieser Frage
geht das von FELIX STALDER (Universitaet Toronto)
zusammengestellte Panel "Open_Money" nach, auf dem
u.a. KEITH HART (Anthropologe und Autor von "The
Memory Bank: Money in an Unequal World") und MICHAEL
LINTON sprechen werden, Erfinder des LETS-Konzepts
(Local Exchange Trading Systems), das sich in
Deutschland unter dem Namen "Tauschringe" verbreitet
hat, und Mitbetreiber des japanischen Projektes
Openmoney.org.

Entgegen der weitverbreiteten Vorstellungen, dass die
hochkomplexen Fragen unserer Zeit nur von wenigen
Experten ueberschaut und entschieden werden koenne,
zeigt sich an der freien Software die Qualitaet einer
kollektiven Intelligenz. Auf diesem Panel beleuchten
Vertreter sehr unterschiedlicher Disziplinen das
Phaenomen: u.a. REINHARD DOEHL (Pionier und
Theoretiker intermedialer und kollaborativer
Dichtung), BRIAN MCCONNEL (SETI@Home, San Francisco)
und THOMAS MACHO (Professor fuer Kulturwissenschaften
an der Humboldt-Universitaet zu Berlin).

Schliesslich sollen aktuelle Grossvisionen einer
freien Gesellschaft praesentiert werden. Dazu gehoeren
die "GPL-Gesellschaft", die von STEFAN MERETZ und
STEFAN MERTEN (beide Mitbegruender von Oekonux.org)
vorgestellt wird, und die aus Japan stammende "New
Associationist Movement", ueber die KENTA OHJI (der
derzeit an der Sorbonne in Paris lehrt) sprechen wird.


### KONFERENZ ###

Die dreitaegige Konferenz Wizards of OS 2 richtet sich
an ein breites, an der digitalen Medienkultur und der
Wissensgesellschaft interessiertes Publikum. Wir
erwarten ca. 50 in- und auslaendische Referenten und
Referentinnen und bis zu 1000 Teilnehmer aus so
unterschiedlichen Bereichen wie Informatik,
Biotechnologie, Recht, Kunst, Kulturwissenschaft,
Wirtschaft und Politik. Konferenzsprachen sind
Englisch und Deutsch. Der Haupt-Track wird simultan
uebersetzt.

Schon vor der Konferenz  wird es auf der BerlinBETA,
<http://www.berlinbeta.de> am 31.8. ein WOS-Panel
geben. Unter dem Titel "Freie Software-Metropole
Berlin?" sprechen dort Vertreter von Unternehmen, die
ihr Geschaeftsmodell auf freie Software aufgebaut
haben, ueber den Brueckenschlag zwischen Bewegung und
Wirtschaft. Erwartet werden: Andreas Bogk (Leiter
Research & Development, Convergence integrated media
GmbH, Berlin), Sebastian Hetze (Vorstand, Linux
Information Systems AG, Berlin), Stephan Riedel
(Geschaeftsfuehrer, Cluster Labs GmbH, Berlin), ein
Vertreter des Wirtschaftssenats Berlin und Volker
Grassmuck (Wizards of OS).


### KONTAKT ###

Wer mehr wissen moechte, findet laufend aktuelle
Informationen unter http://wizards-of-os.org.

Ein monatliches Update erhaelt wer sich auf
wos-announce@mikrolisten.de eintragen. Dazu eine Mail
an majordom@eg-r.isp-eg.de senden, mit "subscribe
wos-announce" im Textfeld. 

Anfragen auch an wos-crew@mikrolisten.de. 


Fuer die Wizards of OS

Thomas Thaler



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Wizards of OS 2
Offene Kulturen & Freies Wissen

http://wizards-of-os.org/

Veranstaltet von

Mikro e.V.
http://mikro.org/

Bundeszentrale fuer Politische Bildung
http://www.bpb.de/

AG Informatik & Gesellschaft der Humboldt-Universitaet
zu Berlin
http://waste.informatik.hu-berlin.de/

In Zusammenarbeit mit

Chaos Computer Club Berlin (CCC), Debian Projekt,
Institut fuer Rechtsfragen der Open Source Software
(ifrOSS), Bootlab e.V., LinuxTag, Berliner Unix User
Group (BUUG), Individual Network Berlin (IN-Berlin),
German Unix User Group (GUUG),
Heinrich-Boell-Stiftung, Netzwerk Neue Medien, C-Base
Berlin, Transmediale Berlin, V2_Lab Laboratory for the
Unstable Media Rotterdam, De Waag Society for Old and
New Media Amsterdam, Haus der Kulturen der Welt
Berlin, Telepolis, Linux-Magazin, De:Bug, Mute u.a.

Mit freundlicher Unterstuetzung durch

Projekt Zukunft. Berlin in der
Informatiosgesellschaft, eine Initiative des Berliner
Wirtschaftssenats; Sicherheit in der
Informationsgesellschaft, eine Inititive des
Bundesministerium fuer Wirtschaft und Technologie;
MiND ISP, Berlin; Institut fuer zeitbasierte Medien
der Hochschule der Kuenste Berlin; Convergence
integrated media, Berlin und Internet Spezialisten EG
(i.G.) 
































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