AW: [rohrpost] METABOLICS//STOFFWECHSEL#7 mit entropy8zuper

sascha büttner sascha.buettner@octopusweb.org
Wed, 11 Jul 2001 23:08:19 +0200


Liebe Metabolicer + Metabolicerinnen, liebe Stoffwechsler +
Stoffwechslerinnen, liebe Listenmitglieder + Listenmitgliederinnen
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es kann sein, das das Folgende f=FCr die meisten kalter, alter Kaffee ist=
,
tausendmal geh=F6rt, gelesen und diskutiert. Diese bitte ich die Mail sof=
ort
zu l=F6schen. Alle anderen bitte ich um Kommentare und eine anregende
Diskussion.
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ja, ich habe versucht mir die Seiten
http://www.entropy8zuper.org
http://www.entropy8zuper.org/skinonskinonskin
http://www.entropy8zuper.org/wirefire
http://www.entropy8.com/hallucinations/synesthesia
http://www.hell.com
von AURIEA HARVEY und MICHAEL SAMYN anzuschauen
und, obwohl das eingetreten ist, was Du mir vorhergesagt hast (mein Rechn=
er
hat
die Gr=E4tsche gemacht, die Internetverbindung ist zusammengebrochen, es =
fing
spontan an zu
Hageln und der Sensenmann ging durch unsere Strasse....), hatte ich doch
einen kurzen Blick auf diese Seiten werfen k=F6nnen und mich =FCberkam ei=
n
erhabenes Gef=FChl des "dabei sein". Ehrfurchtsvoll warf ich mich zu Bode=
n und
gelobte nie wieder etwas von "Internet-Seiten m=FCssen aber schnell laden=
 und
einfach
sein" und =E4hnliches in die Internetwelt hinauszuposaunen.
Ich r=E4tsel gerade so vor mich hin, ob die eine (fette Files) oder ander=
e
(magere Files/ASCII) "Zuspitzung" so sinnvoll ist. Nat=FCrlich ist es mal
ganz erheiternd, wenn jemand genau das Gegenteil eines (scheinbar) breite=
n
Konsens postuliert und damit Provoziert. Letztlich w=FCsste ich allerding=
s
schon gerne,
ob es eine neue Elite gibt, und was das mit uns zu tun hat? Ich w=FCrde
n=E4mlich
bestimmt  dazugeh=F6ren wollen: teure Notebooks, schnelle Verbindungen,
hochdotierte Preise?
Und da f=E4ngt mein Magen an zu rebellieren: was soll der Schei=DF mit "t=
euer
gehandelt" und Wettbewerb? Was hat das Kriterium des San Francisco Museum
of Modern Artmit guter oder schlechter Kunst zu tun? Sind das unsere
Kriterien?
So wenig das Gerede um den "rohen Quellcode" und dem ASCII-Kram Netzkunst
beschreiben bzw. erfassen kann, so wenig vermag dies auch das Vermeintlic=
he
Qualit=E4tsurteil "h=F6chstdotierter Preis", der ja mehr =FCber die Absic=
hten der
Leute erz=E4hlt, die ihn vergeben, als =FCber die Kunst und K=FCnstlerinn=
en, die
ihn erhalten. Es w=E4re also richtiger die Preis-an-stifter einzuladen al=
s die
Preistr=E4ger. Das w=FCrde ich gerne zu einem Gesetz machen, damit endlic=
h der
Bl=F6dsinn mit diesem "Ich bin stolz ein Preistr=E4ger zu sein" aufh=F6rt=
. Der
Preisstifter (=E4hnlich dem Brandstifter) geh=F6rt ins Rampenlicht, weil =
der
sich doch tats=E4chlich etwas denkt (sonst w=FCrde er ja nichts wirklich
hergeben wollen) und, im Gegensatz zum Preistr=E4ger (=E4hnlich dem
Wassertr=E4ger), agiert und nicht reagiert. Bitte nehmt meinen Vorschlag =
sehr
ernst und ladet fortan nur noch Preisstifter ein! Was wird das eine
illustere schau geben: Manager, Bankdirektoren, M=E4zene.... eben Kultur-=
 und
Weltelite! Und verbannt bitte diese Wassertr=E4ger, diese erb=E4rmlichen
K=FCnstler und "Kreativen" vom Podium.
Vielleicht aber bedeutet dieser Kult um "wir haben heute einen Preistr=E4=
ger"
zu Gast nur  die Sehnsucht nach dem Glanz derer, die im Glanz derer stehe=
n,
die den Glanz ausstrahlen. Also eine Glanzerheischung dritten Grades. Wie
dem auch sei, ich verlange dazuzugeh=F6ren und bitte um die Zusendung ein=
es
neuen Rechners (am liebsten ein Notebook, das vermittelt mir den Eindruck
mobil zu sein), den Anschluss an ein Breitbandkabel und die Versorgung mi=
t
relevanten Informationen.
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Fragen (die wir uns stellen) zur Netzkunst
Wir denken, dass der bisherige Diskurs zur Netzkunst bzw. die Versuche
seitens
Kritiker + Kritikerinnen und Kunsthistoriker + Kunsthistorikerinnen (und
auch leider von einigen K=FCnstlern + K=FCnstlerinnen) Netzkunst zu besch=
reiben
bzw. zu definieren, sich fatal auf Netzkunst (Unsere These: Es gab bisher
keine Netzkunst. Sehr wohl aber gibt es:
"Ich-lass-den-Browser-wackeln-Kunst, "ASCII-Kunst", "Ich-bem=FChe-die
Geduld-Anderer-Kunst", "Html-Kunst", "Ich-erz=E4hle-eine-Geschichte-Kunst=
",
etc. und einiges davon kann man =FCber das Internet anschauen.) und auf
K=FCnstler + K=FCnstlerinnen auswirken. Der Diskurs ist gespickt mit Reze=
ptions-
und Zuschreibungsmodellen, die uns in der Entwicklung um Jahrzehnte
zur=FCckwerfen.
Folgende Postulate zu einer Netzkunst m=F6gen er=F6rtert werden:
- Netzkunst braucht keinen Ort (also auch keine IP-Nummer!)
- Netzkunst braucht keine Autorenschaft
- Netzkunst wird Zeit- Ort- und Handlungsebenen miteinander verkn=FCpfen
- Netzkunst wird soziale, politische und kulturelle Handlungen verkn=FCpf=
en
- Netzkunst wird Organisationsmodell
- Netzkunst befreit sich von =E4sthetischen Zw=E4ngen
- Netzkunst ist immer dynamisch
- Netzkunst ist nicht das, was der Browser oder andere Anzeigemodule
sichtbar machen
Man muss die Geschichte der Preise und Festivals f=FCr "Netzkunst" als ei=
nen
massiven Angriff der "Kultureliten" auf ein erst einmal autonomes (hier z=
u
begreifen als eine "Terra incognita") Medium begreifen. Bisher wurde
Netzkunst von K=FCnstlern + K=FCnstlerinnen (und Aktivisten + Aktivistinn=
en)
entwickelt. Jetzt (seit 1998) geht es darum, den Zugriff und die Rezeptio=
n
zu vereinnahmen. Internet und Computer stehen (platt formuliert) f=FCr
"Vorne", f=FCr Zukunft.
Das will und muss die Kulturelite f=FCr sich beanspruchen und f=E4hrt,
sicherlich
eher Zwangsweise , die Schiene der immer h=F6her dotierten Preise. Da k=F6=
nnen
wir (s.a. aktuellen "Laptop-Wettbewerb von Stefan Beck: ein erb=E4rmliche=
s
Preisgeld, ja man muss sogar eine Stargeb=FChr entrichten) nicht mithalte=
n.
Es muss also eine Strategie entwickelt werden, die Preisgelder abzugreife=
n,
ohne dem Irrsinn zu verfallen, die Auszeichnungen als Ehrung oder
Annerkennung zu begreifen. Preistr=E4ger m=FCssen, wenn sie die Preisgeld=
er
nicht freiwillig hergeben, enteignet werden. Wahlweise d=FCrfen sie mit d=
em
Preisgeld ein Projekt entwickeln, das der guten Sache dient.
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Nebenbei,
bei New Art Activism
(s.a.: Ten Rules for the New Art Activism
http://www.influxus.de/cgi-bin/ikonboard//topic.cgi?forum=3D2&topic=3D1)
geht es nicht darum, ob jemand ein Bild malt oder nicht, wie es vermitelt
wird, ob Geld verdient wird oder nicht. Das sind sekund=E4re Wichtigkeite=
n.
Prim=E4r geht es um die Frage, wie wir Kunst und deren M=F6glichkeiten
einsetzen. Wir denken, da=DF die Kunst heute vor allem:
- =F6konomische Tauschmodelle entwickeln
- neue Organisationsformen
- M=F6glichkeiten einer befreiten Gesellschaft skizzieren mu=DF(also im
klassischen Sinne Avantgarde sein).
Kunst wird unserer Meinung nach zum "wisschenschaftlichen" Kontenpunkt, z=
ur
Partnerin der Netzwissenschaft (im Gretherschen Sinne).
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Ich verstehe ja das Problem, dass mit nem unbekannten K=FCnstler (also ei=
nem,
der durch nichts aufgefallen ist, der keinen Preis gewonnen hat, keinen
Bestseller geschrieben hat, etc.) nichts zu Gewinnen ist. Aber k=F6nnte m=
an
nicht trotzdem mal was anderes machen, von der sicheren Linie abweichen?
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Ist es eine subversive Strategie, System abst=FCrzen zu lassen? Und ist e=
s
nicht gemein, dass, wer sich's leisten kann, diese Strategie unterlaufen
kann?
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Beste Gr=FC=DFe,

Sascha

> -----Urspr=FCngliche Nachricht-----
> Von: rohrpost-admin@mikrolisten.de
> [mailto:rohrpost-admin@mikrolisten.de]Im Auftrag von florian schneider
> Gesendet: Dienstag, 10. Juli 2001 10:04
> An: rohrpost@mikrolisten.de
> Betreff: [rohrpost] METABOLICS//STOFFWECHSEL#7 mit entropy8zuper
>
>
> METABOLICS//STOFFWECHSEL#7
> DONNERSTAG 12 JULI 2001 20:00
> MUFFATHALLE MUENCHEN
>
> Informationen und Live Stream:
> http://www.linksverkehr.net/metabolics
>