[rohrpost] re: G8 Gipfel & Love Parade [...]

Aram Lintzel aram.lintzel@gmx.de
Thu, 26 Jul 2001 23:57:40 +0200


klar ist immer und ständig alles irgendwie (quantitativ) anders, aber deshalb
braucht man nicht ständig neue kategorien. das gerede vom ende der
ausbeutungsverhältnisse gehört ja gerade zum jargon der globalisiserung dazu ('die
globalisierung hilft auch der 3. welt', ende der fundamentalcleavages etc pp.),
genauso wie die legitimatorische behauptung, dass alles so wahnsinnig 'neu' und
'diffus' ist. das ist ein letztlich entpolitisierndes argument: niemand kann und
darf mehr kompetent urteilen. es gibt nur noch des zwang des neuen.

nina corda wrote:

> At 2:53 PM +0200 7/26/01, Aram Lintzel wrote:
> >das problem sind ja wohl nicht die "alten kategorien",  es ist doch
> >offensichtlich, dass kategorien wie 'kapitalistische ausbeutung' keineswegs
> >obsolet geworden sind, im gegenteil virulenter denn je.
>
> der kapitalismus, den marx beschrieben hat, sah aber einfach anders
> aus, als der, mit dem wir es heute zu tun haben. deswegen scheue ich
> mich, phrasen zu verwenden, die so nicht mehr zutreffen. aber auch,
> weil "wir"(menschen in westeuropa, in hippen/gutbezahlten/etc jobs)
> davon auf eine ganz andere art und weise profitieren als es vor 100,
> 50 oder auch nur 20  moeglich gewesen waere.. da muss man schon hart
> an sich arbeiten, um einen rest von klassenbewusstsein zu bewahren.
>
> >die proteste in genua
> >waren doch gerade ein symptom der augenblicklichen schwierigeit/unmöglichkeit
> >von 'exakter analyse' und ein hinweis darauf , dass politisches
> >handeln auf die
> >von dir kristiserte  "unexakte" benennung globaler ausbeutungszusammenhänge
> >angewiesen ist.
>
> ja, schliesst sich doch ganicht aus..,  vielleicht meinte ich mit
> exakter benennen auch einfach nur: oefter darauf hinweisen, was alles
> teil dieses global agierenden, aber irgendwie diffusen kapitalismus`
> ist.
> das verliert man naemlich sehr schnell aus den augen.
>
> >das problem dabei ist aber in der tat, dass die analyse immer
> >wieder wie jetzt von ereignissen eingeholt/blockiert wird: so redet man jetzt
> >plötzlich mehr vom 'italienischen neo-faschismus' (was wichtig ist)
> >als von der
> >delegitimierten weil undemokratischen kapitalistischen globalisierung, - ob
> >dieser konkretisierung des feindes gerät aber das eigentlich anvisierte
> >'abstrakte' globale empire aus dem blick. bei jeder konkretisierenden
> >feindbenennung eines agenten/brückenkopfes (wie nun berlusconi und die
> >faschistische musolinitreue italisnische polizei) werden 'abstraktere' feinde
> >abgeblendet. das ist aber auch nicht weiter schlimm; da muss man durch, da
> >kommt man auch drüber hinaus. bestimmt.
>
> ACK.
>
> nina
> --
> "I need some help up here, it`s technical!"
> -Steve Jobs-