[rohrpost] PWC: Praktikumsplatz

sascha sab@kein.org
Sun, 14 Oct 2001 10:03:50 +0200 ((MEZ) - Mitteleurop. Sommerzeit)


lieber gerrit,
meine sicherlich verk=FCrzte, f=FCr joachim "blockwartartige" intervention,
zielte darauf ab, statt einer definitiv bescheuerten stellenausschreibung
eine detailreiche erl=E4uterung, so wie du sie nun geliefert hast, zu
bekommen. nach wie vor empfinde ich es als unseri=F6s, hohle versprechungen
zu machen. wenn die sachlage so ist, wie du sie beschreibst (kein geld,
feierabendkunst, etc.), dann sollte man dass in die stellenausschreibung
reinschreiben. also bitte nicht wundern, wenn durch den schein, der
erzeugt wird, das sein nicht erkannt wird.
um es nochmal klar zu sagen: nicht das anbieten des praktikumplatzes als
solches ist zu beanstanden, auch nicht die mangelhafte finanzielle
ausstattung, sondern das kaschieren dieses zustandes mit dem ausweichen in
eben hohle versprechungen. dass dieser zustand mit einem lamento =FCber die
ach so tr=FCben aussichten in berlin nicht besser werden, versteht sich von
selbst. wir hier in der provinz kommen langsam davon ab, immer wieder den
st=E4dtischen kulturplan mit unbezahlter arbeit zu versch=F6nern. die parol=
e
kann nur lauten: arbeit gegen geld oder lebensmittel. alles andere ist
nicht akzeptabel. als realist weiss ich nat=FCrlich, dass zwischen dieser
forderung und (auch der eigenen lebens-) realit=E4t ne ziemlich grosse
l=FCcke klafft.
--
|||SaB.->

On Sat, 13 Oct 2001, Gerrit Gohlke wrote:

> Matze Schmidt schrieb:
> >
> > Wir bieten gute Bezahlung und Empowerment und erwarten bei
> > festen Arbeitszeiten gute Kontakte bei der Arbeit
> > mit internationalen K=FCnstlerInnen und KunstvermittlerInnen usw. ;-)
>
>
> Eine sch=F6ne Beschreibung des Idealfalls, vielleicht bewerbe ich mich,
> besonders die Arbeit mit den KunstvermittlerInnen wird mir Spa=DF
> machen...
>
> Um aber noch ein Wort zur hohlen Ausbeutung durch unseri=F6se
> Kunstspelunken zu sagen: Das PWC Projekt ist ein Feierabendprojekt. Es
> wird von ein paar inbr=FCnstig eifrigen Kulturaktivisten gemacht, die
> zun=E4chst einmal nur sich selbst ausbeuten. Die Idee des Projekts (neue
> Rezeptionsbedingungen ausprobieren, realr=E4umliche Interaktion schaffen,
> aktuelle Tendenzen im Ausstellungsbetrieb zuspitzen und augenf=E4llig
> machen) war ebenso spontan wie vollst=E4ndig unfinanziert. Alle drei
> Initiatoren zahlen deshalb die Projektkosten bislang aus der eigenenm
> ganz privaten Tasche, um auszuprobieren, ob die Idee funktioniert.
> Ichkenne viele Projekte, die so beginnen und erstaunlich lange so
> arbeiten. Sie sind gerade in Berlins auf-, d.h. zum Markt strebender
> Kulturlandschaft ausgesprochen n=FCtzlich. Man nehme nur ein
> publizistisches Projekt wie die Berliner Gazette, der Beispiele sind
> aber viele. Immer das gleiche Prinzip: Irgendwer sponsort einen Raum,
> einen Server, etc. Der Rest ist Feierabendaktivismus. Seit 10 Jahren
> speist sich ein gro=DFer Teil der interessanteren Berliner Kunstszene aus
> diesem tempor=E4ren Privatinterventionismus - erstens, damit =FCberhaupt
> etwas passiert, zweitens um eine gewisse Unabh=E4ngigkeit auszukosten,
> drittens weil Berlin bislang eine Plattform zur Koordination solcher
> Vorhaben fehlt (was sich bald =E4ndern k=F6nnte).
>
> Nat=FCrlich w=E4re die Institutionalisierung und finanzielle S=E4ttigung
> solcher privat gegr=FCndeten Projekte besser f=FCr die Altersversorgung u=
nd
> die Arbeitsbedingungen ihrer Teilnehmer. Betrachtet man aber laufende
> Kulturhaushalte, das Versiegen von Quersubventionen aus der siechen New
> Economy und den auff=E4lligen Mangel an m=E4zenatischem Engagement in
> Berlin, ist eine Verbesserung nicht zu erwarten.
>
> Es wird also weiter unterfinanzierte Projekte und Spontangr=FCndungen von
> Initiativen geben. Ber=FCcksichtigt man nun, da=DF es kaum eine
> Kulturinstitution in Berlin gibt, die in ihrer Arbeit ohne Hospitanzen
> und Praktika auskommt, fragt man sich verbl=FCfft, weshalb ein
> unabh=E4ngiges tempor=E4res Kunstprojekt kein Praktikum anbieten soll.And=
ers
> als bei manchem Internship in der freien Wirtschaft, wird im latent
> anarchischen PWC-Projekt von vornherein ganz klar gemacht, worauf man
> sich einl=E4=DFt. Und anders als bei mancher Hospitanz in einer
> Gro=DFinstitution hat man als Praktikant ein paar Einwirkungsm=F6glichkei=
ten
> aufs Projekt.
>
> So what?
>
> Beste Gr=FC=DFe
>
> Gerrit
>
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