[rohrpost] Fwd: a day in manhattan

Florian Cramer cantsin@zedat.fu-berlin.de
Thu, 13 Sep 2001 15:57:34 +0200


----- Forwarded message from The Thing Info <info@thing.org> -----
From: "The Thing Info" <info@thing.org>
To: news@thing.de
Date: Thu, 13 Sep 2001 15:39:59 +1
Subject: TTNEWS: a day in manhattan


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anbei ein brief einer freundin und augenzeugin, die z.zt. in NY weilt.
dieser brief hat uns gestern erreicht. mit dem einverst=E4ndnis unser
freundin schicken wir ihn =FCber den newsletter, weil wir denken, da=DF
er die stimmung besser einf=E4ngt als so mancher fernsehbericht.
das was passiert ist, ist schrecklich, wir machen uns aber auch
sorgen um die auswirkungen auf das innen- und au=DFenpolitische
verhalten der 'zivilisierten' westlichen welt.
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liebe freunde und familie,
=0E
fuer alle mit denen ich noch nicht in kontakt war: stan und mir geht es=20
gut. abgesehen davon dass es ein schrecklicher und unglaublicher tag=20
war.
als wir aufgewacht sind sah alles nach einem wunderbaren tag aus, die=20
tauben auf der feuerleiter waren da und dahinter strahlendblauer himmel.
es gab einen knall und ich hoffte, dass der nervend laute ventilator auf=20
dem dach direkt ueber uns endlich umgefallen ist. eine weile spaeter=20
gab es einen zweiten knall und wir wollten gerade kaffee kochen, als wir=20
aus unserem wohnzimmerfenster im east village, also etwa 3 km=20
luftlinie vom wtc entfernt, schauten und sahen, dass die twin towers,=20
taeglich gruessendes symbol manhattans und des kapitalismus, in=20
flammen standen. schwer zu beschreiben, was wirklich in mir vorging.=20
die puertoricaner auf der strasse standen wie jeden morgen zusammen=20
und unterhielten sich, autos fuhren rum, wir wussten nicht was=20
passiert.=0Ezuerst=0Edachte ich, da ist feuer ausgebrochen, das werden die=
=20
schon loeschen.=0Edann erfuhren wir von einem kollegen ueber instant=20
messenger, dass es flugzeuge waren. wir hingen am fenster, als stan=20
pl=F6tzlich schrie. der erste turm fiel in sich zusammen. wir rannten aufs=
=20
dach, in der nachbarschaft waren die daecher voller leute. ein=20
traenenausbruch folgte dem naechsten..=20
auf dem dach wurden wir dann zeuge des zweiten zusammenbruchs.=20
die vorstellungen ueber die schrecklichen einzelschicksale, menschen=20
die rausstuerzten, erschlagen wurden von herunterfallenden truemmern,=20
die letzten handyanrufe aus den flugzeugen etc. wird sich jeder von=20
euch schon gemacht haben bzw. im tv verfolgt haben.
allein zu sehen, wie die tuerme, stets anhaltspunkt fuer fast alles,=20
einfach so in sich zusammenstuerzten und eine einzige rauchwolke=20
alles verhuellte...
ehrlich gesagt fehlen mir inzwischen die worte, ich habe mir die=20
situation heute schon hundertmal vor augen gefuehrt, jedesmal kann ich=20
es auf's neue nicht fassen.
nach und nach erfuhren wir (wir haben kein tv aber die nachbarn), was=20
tatsaechlich passiert ist und als wir auch noch vom anschlag aufs=20
pentagon erfuhren machte sich wirklich kurz eine panische angst und=20
hilflosigkeit breit. wohin jetzt, was kommt als naechstes, kann es noch=20
mehr anschlaege geben, da sind immer noch flugzeuge in der luft...
wir dachten an hamsterkaeufe aber immer noch schienen die strassen=20
relativ ruhig, langsam sah man die in dieser gegend eher seltenen=20
weisshemden die avenue d hochmarschieren. wir schrieben erste=20
emails und telefonierten mit der familie. allerdings war das telefonnetz=20
nahezu komplett ausgefallen.
nachdem wir die grundnahrungsmittel hatten (noch keine schlange an=20
der kasse unseres delis) machten wir uns auf den weg, um zu sehen=20
was in der stadt passiert. gedanken, geld abzuheben und sachen zu=20
packen kamen auf. aber in den strassen war es immer noch erstaunlich=20
zivilisiert und gedaempft, vermutlich weil alle unter schock standen.=20
manche schrien nach gott, andere lachten hysterisch, jeder versuchte=20
zu telefonieren.
staubige menschen um uns rum, jeder schaute jeden an, alle sehr=20
angespannt.=20
wir liefen von der fuenften strasse quer durch manhatten zur 39. auf die=20
westseite, um zu sehen, was in stan's office loswar. es war=20
ausgestorben. die u-bahnen fuhren nicht, es waren in rasender schnelle=20
nahezu alle autos von den strassen verschwunden, mit machineguns=20
bewaffnete militaers standen auf der fifth avenue, irre.
dann wieder ein paradoxer spaziergang zurueck richtung downtown,=20
strahlend blauer himmel und am ende die grosse wolke.=20
den rest des tages sassen wir bei einem freund, schauten cnn und=20
deutsche nachrichten im internet abwechselnd und waren mehr oder=20
weniger fassungslos.=20
die amerikanischen nachrichten haben die information recht schonend=20
zensiert, was heisst schonend. bilder von leuten die rausstuerzen und=20
zu detaillierte augenzeugen berichte wurden uns nicht geliefert. dafuer=20
pathetische aber doch komischerweise auf die dauer beruhigende=20
statements aller politiker die hier jemals was zu sagen hatten oder noch=20
zu sagen haben.=20
gipfelnd in einer der drei nichtssagendsten ansprachen des=20
amerikanischen praesidenten an das amerikanische volk, der muehe=20
hatte ohne zu stottern den wenig ergreifenden text von der telescreen=20
abzulesen.=20
jetzt ist eine ziemlich klare nacht, von draussen klingt alles wie immer=20
herein, die stadt ist insgesamt nicht so hell wie sonst, aber immernoch=20
sind menschen da.
wir werden abwarten was weiter passiert. allen leuten, die wir hier=20
kennen geht es gut.=0E
ich hoffe euch allen auch,=20
alles gute
meike=0E
=0E


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