[rohrpost] [rohrpost] Open Source, Debian und Squeak (was Re: Re: Squeak im bootlab - Fr, 12.4., 18 Uhr, Berlin-Mitte)

gaelli@emergent.de gaelli@emergent.de
Mon, 08 Apr 2002 17:02:05 +0200


Florian Cramer <cantsin@zedat.fu-berlin.de> schrieb am 08.04.2002,
14:11:25:
> Am Sun, 07.Apr.2002 um 15:39:59 +0100x schrieb Herbert A. Meyer:
>  
> > [ ] Info
> > Squeak ist das Linux der Smalltalk-Dialekte. Es ist komplett open-
> > source, extrem portabel, kostenlos und hat eine sehr liberale 
> > Lizenzpolitik. 
> 
> Herbert, das stimmt so nicht ganz. Die "Squeak License" ist nicht von
> der Open Source Initiative anerkannt bzw. zertifiziert, und das
> Squeak-Paket beinhaltet proprietär lizenzierte Schriftdateien, ohne die
> es nicht vertrieben werden kann. Es ist also nicht Open Source im
> Sinne der Open Source Definition

Hallo Florian,

das stimmt allerdings auch nur teilweise, aber ich hoffe, wir nähern
uns... ;-)
Richtig ist, dass die aktuellen Images noch mit Schriften von Apple 
ausgeliefert werden.
Es gibt allerdings keinen Grund, Squeak ohne diese Schriften zu
vertreiben, 
außer dass bisher leider noch niemand die Schriften durch freie
Schriften 
in den Basis-Images ersetzt hat. 
Jetzt schon können verschiedenste (sicher) freie Fonts geladen und die 
Apple-Fonts entfernt werden.
(Wobei unklar ist, ob Bitmap-Fonts zumindest nach US-amerikanischem 
Recht überhaupt schützbar sind.)
Dieser Hinderungsgrund Debians, Squeak als nicht "Open Source" zu sehen,

ist also leicht aus dem Weg geräumt.

Das eigentliche Problem, was Debian mit der Squeak-Lizenz hat,
ist die sogenannte "Indemnification"-Klausel. (Schadensersatz)

http://lists.squeakfoundation.org/pipermail/squeak-dev/2001-October/004793.html

Sie besagt ungefähr, dass derjenige, der Squeak benützt, etwaige 
Prozesskosten etc. zu tragen hat, falls jemand auf die Idee käme, Apple
wegen Squeak zu verklagen. In dem Fall Debian, was verständlicherweise 
kein Geld für einen solchen (wenn auch m.E. sehr sehr uotpischen) Fall 
ausgeben will.

Apple wiederum hat wohl das Problem, dass die Entwicklung von Squeak 
eben genau auf Apple und nicht auf eine "abstrake Open-Source-Community"
zurückzuführen ist und sie sich damit rechtlich durchaus erstmal in der
Verantwortung sehen. 
Und genau diese Verantwortung wälzen sie mit dieser Klausel ab.

(Aus einem Mailverkehr eines Debian-Entwicklers mit der
Apple-Rechtsabteiltung)
http://lists.debian.org/debian-legal/2001/debian-legal-200110/msg00028.html

Bei klassischen OSS-Lizenzen (GNU, BSD etc.) ist leicht niemand
verantwortlich, da diese ja in einer freien Umgebung beginnen.
Ist interessanterweise wohl auch ein Argument Microsofts gegen
OS-Projekte, da dort niemand diese Verantwortung tragen würde.

http://lists.squeakfoundation.org/pipermail/squeak-dev/2001-October/004797.html

Das Problem ergibt sich wohl immer dann, wenn ein OS-Projekt aus 
einer großen Firma "ausgelagert" wird.

Hat jemand ne gute Idee, wie man dieses Problem lösen könnte?
>(...)
> 
> Das "Linux " - bzw. GNU - der "Smalltalk-Dialekte" ist klar und
> eindeutig GNU Smalltalk, eine freie (d.h. unter der GPL stehende)
> Implementation des Smalltalk 80-Standards.

Besser wäre gewesen, wir hätten von Smalltalk-Entwicklungsumgebungen 
gesprochen, da die IDE von GNU-Smalltalk meines Wissens im Vergleich 
mit Squeak als nur maximal rudimentär bezeichnet werden kann.

Vom "Impact" (Anzahl der Entwickler, Squeak-Developer-Mailingliste 
z.Zt. ca. 30 Messages am Tag, vorhandene Features) ist die 
Squeak-Community wesentlich aktiver und größer als die von
GNU-Smalltalk.

Die Squeak-Lizenz ist liberaler als die GNU-Lizenz und eher vergleichbar

mit der BDS-Lizenz. Es können also "Closed Source"-Programme erstellt 
und verkauft werden, auch wenn ihnen Squeak zu Grunde liegt.

Noch mehr Links zum Thema Lizenz aus Sicht der "Squeaker":

http://www.squeak.org/license.html
http://minnow.cc.gatech.edu/squeak/1849
http://minnow.cc.gatech.edu/squeak/933

Viele Grüße,

Markus Gälli