[rohrpost] sco vs. linux

Florian Cramer cantsin at zedat.fu-berlin.de
Mit Dez 24 00:25:32 CET 2003


Am Dienstag, 23. Dezember 2003 um 16:49:13 Uhr (+0100) schrieb sab:

> In den gestern von SCO angekuendigten Drohbriefen an Lizenznehmer und
> Linux Nutzer fuehrt SCO neue Beweise an, die eindeutig belegen sollen,
> dass UNIX-Code unrechtmaessig in Linux kopiert wurde. Nach der
> Veroeffentlichung eines der Briefe durch LWN.net aeusserte sich Linus
> Torvalds zu den von SCO darin vorgelegten angeblichen Beweisen. Laut
> Torvalds laesst sich klar zeigen, dass die von SCO angefuehrten,
> angeblich in Linux kopierten Dateien keinesfalls kopiert wurden.
> http://www.golem.de/0312/29044.html

Zumal es sich nicht wirklich um Dateien, sondern um Unix-kompatible
Interface-/Bibliotheks-Aufrufe handelt, für die SCO jetzt rückwirkend
den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) geltend machen will. Das
ganze ist um so absurder, als dieselbe Firma SCO, als sie noch Caldera
hieß und ein Linux-Distributor war, ein Linux-Kernel-Modul entwickelte
und unter der GPL veröffentlichte, daß nicht nur eine Quellcode- (API-),
sondern sogar eine Binär- (ABI-) Kompatibilität zu SCO Unix auf
x86-Computern herstellte. 

Zur gleichen Zeit wird gemeldet, daß SCO im Jahr 2003 zwar 8 Millionen
Dollar eingenommen, aber 9 Millionen an seine Anwälte gezahlt hat. Laut
einer Studie der Gartner Group ist die technische Entwicklung und
Vermarktung von SCO Unix praktisch zum Erliegen gekommen, und die Firma
will nur noch von ihrem "geistigen Eigentum" (sprich: Lizenz- und
Prozeßgewinnen) leben, so wie Unisys von seinem Patent auf die
LZW-Kompression in GIF-Dateien. - Wozu allerdings gesagt werden muß, daß
SCO Patente an Unix weder besitzt, noch geltend macht (sie wären auch
schon längst erloschen), und nicht einmal über die Marken- und
Zertifizierungsrechte von "Unix" verfügt (die der Open Group gehören)
und daher - anders als die Firma jetzt suggiert - auch nicht
das Betriebssystem Unix als solches lizenzieren kann, sondern nur eine
partikuläre Implementation in Gestalt des Quellcodes des alten AT&T Unix
System V.  Doch selbst diese Urheberrechte werden SCO jetzt von Novell
streitig gemacht, das den SysV-Code ursprünglich von AT&T aufgekauft
hatte und in noch nicht vollständig klaren Details an SCO entweder
weiterkauft oder nur teillizenziert hat.

Wer die SCO-/Linux-Debatte im juristischen Detail verfolgen will, dem
sei die Website Groklaw <http://www.groklaw.net> empfohlen (die bisher
alle SCO-Behauptungen und -Verlautbarungen gründlich analysiert, sprich:
auseinandergenommen hat). 

-F
-- 
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http://www.complit.fu-berlin.de/institut/lehrpersonal/cramer.html
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