[rohrpost] Tele-Abmahnung

Matze Schmidt matze.schmidt at n0name.de
Don Nov 13 19:24:29 CET 2003


Ali Emas & Nick 
Linksanwaelte 
Manteuffelstr. 70 
10999 Berlin 
ali.emas&nick at n0name.de

FhG.IMK.MARS 
netzspannung.org

 

Tele-Abmahnung


Sehr geehrte(r) Frau/Herr ...,

zu unserem Bedauern sehen wir uns gezwungen, Sie aus folgenden Gruenden 
tele-abzumahnen:

Sie haben am 5.11.2003, in einer E-Mail mit dem Betreff: "Tele-Lectures 
netzspannung.org: 'Bad Emser Medienkunsttage'" angegeben, dasz die 
"Videos aller Vortraege des Kongresses "Bad Emser Medienkunsttage - 
Virtuelle Utopien nach grenzenlosen Moeglichkeiten" sowie die Abstracts 
dieser" jetzt online auf netzspannung.org" liegen wuerden.

Am 11.11.2003 haben Sie ohne Angabe medienoekonomischer Gruende diese 
Information wiederholt. Statt klarzustellen, dasz nicht alle Vortraege 
als Video auf netzspannung.org zum Abruf stehen, haben Sie 
Vollstaendigkeit suggeriert.

Laut LG M&uuml;nchen (<a href="http://www.netlaw.de/urteile/lgm_07.htm" 
target=new>Gesch&auml;ftsnummer: 9 HKO 850/99</a>) dient "eine Abmahnung 
[nicht] zur Vermeidung weiterer," diskursischer "Auseinandersetzungen". 
Deshalb im weiteren eine kurze philosophische Begruendung.

Wie von Matze Schmidt in seinem Vortrag am 31.05.2003 in Bad Ems 
ausgefuehrt verhaelt 'es sich' so:

"Das RealPlayer Fenster [...] zeigt ein Bild von keinem Bild." (Matze
Schmidt. "3000/futuristische Phantasmen und aktuelle Fantasien der
Technokultur". n0name, 2003.
http://www.n0name.de/3000/GadgetsPlay/Readme.html [26.06.2003].

Die damals muendlich angedachte Vereinbarung ueber einen Audiovortrag im 
Netz bezog sich auf das produktive Miszverstaendnis, dasz die 
Aufzeichnung eines (Bewegt-)Bilds durch Mitarbeiterinnen der 
Internet-Plattform 'netzspannung.org' "oeffentlich zugaenglich" gemacht 
werden wuerde und "kostenlos" sei.


Ad 1. 

Wie man mit den Medienraum-Modellen einschlaegiger Medienthoerie 
(Manfred Faszler's "Infographische Orte", Friedrich Kittler's "Protected 
Mode", Georg Christoph Tholen's "Translation") feststellen kann, ist 
_das Oeffentliche_ aber ein Phantasma, welches immer dann in bezug zum 
Realen zu existieren beginnt, sobald es apparate-technisch (insbes. 
'mittels' elektronischer Medien) und sozioaktiv realisiert werden soll. 
Das Oeffentliche, die Oeffentlichkeit und Oeffentliches bestehen also 
nicht unhintergehbar und transzendental begruendbar in einem immer schon 
"eigentlich" gegebenen medialen Raum, in dem und indem etwas scheinbar 
oeffentlich gemacht wird. "Public Space" und die sog. "Public Domain" 
sind gesellschaftliche Konstrukte, die auf dem Komplex phantasmatischer 
Wuensche nach "offen" adressierbaren Wissenzugangsfeldern der 
Gesellschaft(en) beruhen, die zudem territorial durch Kontrollorgane 
zensuriert werden und monetaer exklusiv sind (Access).


Ad 2.

Sogenannte "nicht-kommerzielle Zwecke" gibt es nicht. Sie gibt es 
aus einer buergerlichen Position des Verstaendnisses von Oekonomie als 
Wirtschaft und Handel heraus. Status und Verhaeltnisse der Plattform 
'netzspannung.org' resultieren aber, wie aus im Internet kursierenden 
Mitteilungen ersichtlich, aus der Position eines staatlich 
subventionierten, also mit Steuergeldern aus Lohnverhaeltnissen 
finanzierten Unternehmens. Dieses Ausbeutungsverhaeltnis ist nicht nur 
nie nicht-kommerziell, sondern sogar hoechst kommerziell. Das Kuerzel 
"Non-Profit" ist daher ebenfalls nicht stimmig, zumal ein quasi 
oeffentlich-rechtlicher Mediendienst zwar nicht viel mehr als, aber 
immerhin kulturelle Credits zu verteilen hat.


Ad 3.

Um Fragen von Copyright oder Copyleft und nachhaltig "gerechte Bezahlung" 
(Geert Lovink) geht es nicht. Es geht um das »falsche Phaenomen« bekannt 
als The Aufmerksamkeitsoekonomie Formerly Known As Prestige (TAFKAP), 
welches die wirklichen Konkurrenzen wegblendet und von Informations-
Monopolen spricht, anstatt von der Aufhebung/Aufloesung Kapitalien.


Im Namen unseres Mandanten und Schutzrechtinhabers am Nichtbild fordern 
wir Sie auf, mediendienstliche Aeuszerungen wie oben aufgefuehrt oder 
aehnlicher Art in Zukunft zu unterlassen und die Unvollstaendigkeit 
technisch-medialer Mitteilungen zu dekonstruieren.

Sollten Sie dieser ersten Aufforderung nicht Folge leisten, muessen Sie 
mit weiteren Zusendungen aus der Second Hand Theory rechnen.

Fuer diese Tele-Abmahnung berechnen wir ihnen 181,08 ! an Kulturellem 
Kapital, die Sie bitte umgehend per E-Mail auf unser Konto 
                            
                      Kapital <kapital at n0name.de>

im Punkteverfahren einzahlen.

Zur Erklaerung: 
Das Punkteverfahren funktioniert ueber in der veranschlagten Anzahl 
gereihter Punkte (dots) in ASCII: 

..... usw.


Mit freundlichen Grueszen


Ali Emas & Nick
Linksanwaelte