[rohrpost] im internetwald...
felicia
F.Herrschaft at soz.uni-frankfurt.de
Mon Okt 6 23:42:18 CEST 2003
Langsam erhob sich die Sonne aus der leicht hügeligen Landschaft. Es
sollte wieder ein herrlicher Frühherbsttag werden. Zur Rechten bot sich
ein atemberaubender Blick über die weiten Flächen der Bruck-Ebene. Trotz
der Unebenmäßigkeit des Geländes konnte man bis zum Horizont blicken, wo
man bei guten Sichtverhältnissen das weit entfernte Durm-Gebirge
erkannte. Ließ man den Blick nach vorn schweifen, überragte auf dem
höchsten Hügel der Umgebung die fünftürmige Burg von Kofol
achtungsgebietend das ganze Land ringsum. Am Rand des Burghügels
schlängelte sich eine einsame Straße bis zum Durm-Gebirge. Auf halber
Strecke lag Xeno unweit vom Wegesrand unter einer alten Eiche und
schlief tief und fest.
Er maß nur reichlich drei Fuß und war mit einem dunklem Kapuzenumhang
aus groben Leinen bekleidet. Seine etwas große knollenförmige Nase sagte
dem Kenner, daß es sich hierbei um einen Waldkobold vom Stamme der
Korunen handelte. Diese kleinen Wichte verbrachten, aber nur in ihren
ersten Lebensjahrzehnten, den ganzen Tag damit, andere Wesen zu ärgern.
So schlichen sie sich, meist zu zweit, unsichtbar an die am Tag
schlafenden Fledermäuse und schmierten Harzbrei an deren Füße. Wenn die
Fledermäuse dann abends zu ihren Rundflügen starten wollten, blieben sie
natürlich kleben und es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich von
dieser Masse befreit hatten. Xeno und sein Freund amüsierten sich
jedesmal köstlich, wenn sie die verdutzten Blicke der Fledermäuse sahen,
wie sie gerade losfliegen wollten, aber an der Wand kleben blieben.
Daraufhin beschwerten sich die Jäger der Nacht bei Gorm, dem Ältesten
der Zwerge, über den klebrigen Streich der kleinen Kobolde. Die
Übeltäter bekamen daraufhin zwar eine Standpauke, die aber sowieso nicht
viel nutzte, denn Kobolde lieben es, anderen Streiche zu spielen.
Trotzdem mußten sich die beiden bei den Fledermäusen entschuldigen. Xeno
war es immer ein bißchen peinlich, doch überführt worden zu sein.
Inzwischen war die Sonne noch weiter emporgeklettert und kitzelte Xeno
an der Nasenspitze. Davon wachte er auf und mußte erst einmal kräftig
niesen. Dabei erschreckte sich ein Eichhörnchen, das auf einem Ast über
ihm saß, dermaßen, daß es den Halt verlor und direkt auf Xeno plumpste.
Jetzt war es der Kobold, der erschrak. Sie sahen sich beide ganz
erstaunt an und mußten schließlich laut loslachen. (Wobei man bei einem
Eichhörnchen eigentlich nicht sagen kann, daß es ein Lachen im Sinne von
Menschen, Elben, Zwergen, Kobolden und dergleichen war. Nein, es klang
eher wie die spitzen Schreie einer Hofdame von Kofol, die in ihrem
Schlafgemach eine Maus entdeckt hatte.)
Xeno beruhigte sich zuerst und er fragte das immer noch kichernde
Eichhörnchen, das auf den Namen Svit hörte, ob es denn keine Lust habe,
ihn zu begleiten. Svit fand den kleinen Kobold ganz sympathisch, stimmte
dem Vorschlag zu und die beiden machten sich auf den Weg, nachdem Xeno
sein Frühstück mit Svit geteilt hatte. (Wie man sich denken kann, hatten
die beiden sich die Mahlzeit nicht brüderlich geteilt, oder gibt es
Eichhörnchen, die soviel verputzen wie ein ausgewachsener drei Fuß
großer Kobold?!). Svit hatte Ferien und wollte in diesen vier Wochen
Abenteuer erleben und seine Kenntnisse als Gärtnerlehrling für seltene
korunische Gewächse vertiefen. Zuerst wollte er aber einen entfernten
Verwandten, seinen Großonkel Runo, besuchen.
Dieser war ein alter Zwerg, der früher einmal auf Kofol der
Leibalchimist des Burgherren Cridda gewesen war, bis dieser den Mächten
der dunkelsten Finsternis verfiel. Daraufhin beendete Runo seine Dienste
und widmete sich fortan der Erforschung neuer magischer Tränke. Xeno
wollte ihn um einige magische Sprüche für neue Versuche mit seltenen
Pflanzen bitten und außerdem wollte er wissen, ob es seinem Großonkel
nun endlich gelungen war, hinter das Geheimnis des echten STONSDORFER®
zu gelangen.
Das Problem für Xeno war nur, daß sein Zwergenverwandter einige Meilen
von hier am Rande der Bruck- Ebene wohnte und die kürzeste Strecke von
heimtückischen Sümpfen versperrt wurde. "Da werde ich wohl oder übel den
längeren Weg durch den Fulgor-Wald nehmen müssen" dachte sich Xeno,
während er nachdenklich auf den vor ihm hin- und herhüpfenden Svit
schaute. Der Wald von Fulgor war dem Kobold seit ewigen Zeiten als
unheimlich in Erinnerung. Dort sollten allerlei dunkle Gestalten ihr
Unwesen treiben. (Xeno hatte nie begriffen, wie dunkle Gestalten Unwesen
treiben können. Jagten da etwa die dunklen Gestalten die Unwesen? Nach
koboldianischer Definition konnte es keine Unwesen geben, entweder es
war irgendein Wesen oder es existiert nicht.). So in Gedanken versunken,
bemerkte Xeno nicht, daß vor ihm eine tückische Baumwurzel aus der Erde
ragte und Wumm! ? Er schlug der Länge nach hin. Svit hörte diesen
dumpfen Aufschlag und drehte sich um. Da lag der Kobold mit dem Gesicht
nach unten auf der Erde und murmelte grashalmausspuckend irgend etwas
vor sich hin. Ein von Schmerzen gezeichneter Blick kreuzte den des
Eichhörnchens. Svit konnte sich daraufhin ein Kichern nicht verkneifen,
es sah gar zu lustig aus, wie Xeno so dalag. Mühsam richtete sich der
Kobold wieder auf, klopfte seinen Umhang ab und schaute zornig zu Svit.
Dem gefror das Lachen im Munde und blitzartig wurde Svit klar, daß man
sich über einen Kobold nicht lustig machen sollte. "Bitte sei mir nicht
böse", bat das Eichhörnchen. "Ist schon gut.", erwiderte Xeno, "es tat
ja auch nicht allzusehr weh.". Dann machten sich beide wieder auf den
Weg und der Zwischenfall war bald vergessen.
Langsam kam der unheimliche Fulgor-Wald immer näher und Xeno merkte, wie
ein ungutes Gefühl sich in ihm breitmachte. Bis zum Mittag würden sie
die Waldgrenze erreicht haben und dann mußte er sich entscheiden, ob sie
nun den Weg durch die Sümpfe oder durch den geheimnisvollen Wald nehmen
würden.
Jetzt wanderten die beiden auf einem schmalen Pfad, am Rand der
Bruck-Ebene. Linkerhand wurde die hier sonst recht üppige Vegetation
immer dünner. Nach etlichen Meilen mündete das Land in die unermeßlich
große Sank-Wüste. Doch bis dahin war noch kein Vertreter der Korunen
vorgedrungen und auch Xeno hatte nicht unbedingt das Verlangen, in
dieser Gegend seine Ferien zu verbringen.
Nach drei Stunden Fußmarsch durch den angenehm warmen
Frühherbstvormittag kamen sie an die Grenze des Fulgor-Waldes. Mächtig,
fast drohend, erhoben sich die dunklen Kronen der Bäume vor den beiden
Wanderern. Erschöpft von der langen Wanderung ließ sich Xeno ins Gras
fallen. Svit sprang behende auf einen einzeln stehenden Baum und schaute
sich ersteinmal um. Doch er konnte nichts Verdächtiges entdecken.
Daraufhin kletterte Svit wieder nach unten und gesellte sich zu Xeno.
Der kaute bereits genüßlich die Beeren, die er unterwegs gepflückt
hatte. Er bot Svit auch welche an und nun saßen beide schweigend da und
aßen. Mittlerweile war die Sonne auf ihren höchsten Punkt geklettert und
ließ ihre warmen Strahlen auf die beiden Freunde fallen.
Nach einer angemessenen Rast brachen die beiden wieder auf. Xeno hatte
sich entschieden, sie würden den Weg durch den Wald nehmen. Die Sümpfe
waren ihm doch zu gefährlich, denn zwei Zwerge wählten vor langer Zeit
auch die Abkürzung durch die Sümpfe und sie kamen nie am Ziel an.
Xeno faßte noch mal all seinen Mut zusammen und betrat, gefolgt von
Svit, den Wald von Fulgor. Eine unheimliche Kühle und zwielichtiges
Dämmerlicht empfing die beiden. Dem Kobold wurde es ganz flau im Magen,
hier mußte er also entlang, durch diesen dunklen Ort voll von
knisternder Magie und noch nicht entdeckter Geheimnisse. Sie waren noch
keine zwanzig Herzschläge gegangen, da knackte es plötzlich vor ihnen im
Unterholz. Svit sprang erschrocken in Xenos Kapuze. "Sicher nur dürres
Holz, das sich nun endlich entschlossen hat, doch zu zerbrechen.",
beruhigte er das Eichhörnchen. Nach einem langen Atemzug drang Xeno, mit
Svit in der Kapuze, tiefer in das Halbdunkel vor.
Nach ungefähr einer halben Stunde Fußmarsch lichtete sich der Wald etwas
und die beiden Gesellen betraten eine wundervolle Lichtung. Umrahmt von
mächtigen Tannen und kräftigen Eichen mutete dieser freie Fleck wie
etwas Besonderes an. Beim genaueren Betrachten der Lichtung fiel Xeno
auf, daß im Umkreis Überreste von verschiedenen Waldtieren verstreut
waren. Die fein abgenagten Knochen mußten teilweise schon ziemlich lange
daliegen, denn sie waren schon arg verblichen. Etwa in der Mitte der
Lichtung entdeckte Svit, der den Schutz der Kapuze verlassen hatte, eine
Feuerstelle, wie sie trolltypisch aufgebaut war. Da waren Steine
kreisförmig um die Feuerstelle angeordnet. An zwei Stellen waren
Y-förmige Gabeln in die Erde gesteckt. Darauf war ein drehbarer Spieß
befestigt. "Darauf haben also die Trolle die armen Tiere geröstet. Mir
wird ganz schlecht, wenn ich daran denke," bemerkte das Eichhörnchen.
"Paß nur auf, daß sie dich nicht erwischen!", meinte Xeno und zwinkerte
Svit zu. Schnell verließen die zwei diesen grausigen Ort und drangen
wieder in die Tiefe des Waldes ein.
Nachdem Xeno und Svit noch eine gute Stunde auf dem bemoosten Waldweg
gegangen waren, bemerkte der Kobold einen süßlichen Geruch. Erstaunt
blieb er stehen und versuchte, die Herkunft der Schwaden zu
lokalisieren. (Aufgrund seines überdimensionalen Riechorgans war es für
ihn ein Leichtes, die Richtung zu bestimmen.)
"Was ist das für ein Geruch?", fragte Svit den Kobold. "Das weiß ich
auch nicht, aber ich denke, wir sollten hier auf der linken Seite einen
Weg finden, damit wir erkunden können, woher dieser liebliche Duft
kommt.", entgegnete Xeno. Nach ein paar Schritten waldeinwärts entdeckte
der Kobold hinter halbhohen Himbeergestrüpp einen schmalen Pfad, der
sich schnell zwischen hohem Adlerfarn verlor.
"Wollen wir da wirklich entlang gehen?", fragte Svit und blickte Xeno
ängstlich an. "Eigentlich müßten wir weiter auf dem Hauptweg gehen, um
rechtzeitig vor dem Dunkelwerden bei meinem Großonkel zu sein. Aber nun
bin ich richtig neugierig geworden und würde gern wissen, wohin dieser
Weg führt und außerdem möchte die Ursache dieses intensiven Geruchs
ergründen.", erwiderte der Waldkobold.
Daraufhin beschritten die beiden diesen geheimnisvollen Weg.
Vorsichtshalber schlüpfte Svit wieder in die Kapuze von Xeno. Der Kobold
war noch keine zwölf Atemzüge gegangen, da verstärkte sich dieser
süßliche Geruch, der ungemein an die Bratäpfel erinnerte, die es winters
immer bei den Korunen gab. Nach nochmals zwölf Atemzügen in Richtung
Bratapfelduft traute Xeno seinen Augen nicht: Da saß doch tatsächlich
ein Troll an einer Feuerstelle und wendete mit einem kleineren
gabelförmigen Ast mehrere wunderschöne, große vormals goldgelbe Äpfel in
der Glut vor sich. (Wer sich jetzt wundert, warum der Troll pflanzliche
Nahrung zu sich nahm und sich kein Eichhörnchen oder ähnliches röstete,
dem sei gesagt, daß dies hier ein sehr alter Troll war und er nicht mehr
die notwendigen Zähne besaß, um Knochen abzunagen.)
Auf einmal verspürte Xeno den dringenden Wunsch, auch einmal herzhaft in
so einen richtig schönen Bratapfel hineinzubeißen. Doch wie kam er an
eine solch wunderbar duftende Kostbarkeit heran? Da fiel ihm ein, daß er
sich unsichtbar machen, und sich auf diese Art einen Apfel direkt aus
der heißen Asche (vor des Trolls Augen!) holen konnte. Doch die Sache
hatte einen Haken. Waldkobolde haben nur begrenzte magische Fähigkeiten,
und deshalb können sie nur für eine bestimmte Zeit unsichtbar werden.
Das funktioniert folgendermaßen: Der Kobold denkt, daß er unsichtbar
werden will und hält gleichzeitig die Luft an. Just in diesen Augenblick
entmaterialisiert er sich und wird erst wieder sichtbar, wenn er wieder
ausatmet. Meist hatten die Kobolde danach einen bläulichen Teint, weil
sie wieder einen neuen Rekord im Unsichtbarbleiben aufstellen wollten,
aber fast daran erstickt wären. Xeno erinnerte sich noch daran, wie er
mit seinen Freunden das "Wer-bleibt-am-längsten-unsichtbar" Spiel
gespielt hatte. Er hatte nicht allzu oft gewonnen, aber für die drei
Atemzüge hin zum Feuer und die drei Atemzüge zurück würde es wohl
reichen.
Svit war inzwischen aus der Kapuze gehüpft und versteckte sich unter
einem ziemlich großen Steinpilz. Xeno überwand seine Angst, holte tief
Luft, dachte daran unsichtbar zu werden und hielt die Luft an. Ein
kurzer Blubb!- und der Kobold war weg. Svit blieb vor Erstaunen die
Himbeere in der Kehle stecken und er mußte sie leise heraushüsteln,
damit der Troll nichts hörte. (Ob ein Troll, und dazu ein ziemlich altes
Exemplar, ein Eichhörnchenhüsteln aus einer Entfernung von zwanzig
Schritten hört?)
Blitzartig sprang Xeno hinter dem Stein hoch, wo er sich versteckt
hatte, und rannte zu der Feuerstelle, griff sich einen Apfel aus der
heißen Asche und ? fing fürchterlich an zu lachen. Ja, er prustete
richtig los. Der Troll schaute so blöd drein, als der Kobold den Apfel
aus dem Feuer nahm, daß sich Xeno nicht mehr beherrschen konnte... Xeno
bekam einen Schreck. Eine pelzige Hand griff nach ihm und hielt ihn über
die Glut. "Was willst du denn hier?", sabbelte der Troll. Xeno wurde es
langsam heiß, zum einen wegen der Hitze des Feuers und zum anderen vor
Angst. " Ich, ich wollte doch nur mal prüfen, ob der Apfel schon richtig
gebraten war.", entgegnete er stotternd. Der Troll nahm Xeno vom Feuer
weg und setzte ihn auf die Erde neben sich. "Du bleibst hier, ich nehme
dich dann mit in meine Höhle. Du gibst sicher ein schönes Abendbrot für
meine Enkel.", entgegnete der alte Troll. Svit dachte an die
Feuerstelle, die Svit und er heute mittag gesehen hatten. Irgendwie
mußte er hier so schnell wie möglich verschwinden. Er hatte auch schon
eine Idee: Er brauchte sich einfach nur wieder unsichtbar zu machen und
davonzuschleichen. Xeno hielt die Luft an. Nichts passierte. Dem Kobold
brach abermals der Schweiß aus. ‘Warum werde ich nicht unsichtbar?’.
Panik ergriff ihn. Er versuchte es noch einmal. Er konzentrierte sich,
dachte daran unsichtbar zu werden und ? es klappte. Xeno schlich nun auf
leisen Sohlen wieder in Richtung Svit. Der Troll bemerkte nicht, wie
Xeno sich davonstahl, sicher hatte er den kleinen Störenfried schon
wieder vergessen, denn alte Trolle sind sehr vergeßlich (Aber eben nur
ziemlich alte). Das Eichhörnchen wartete schon ganz ungeduldig, denn es
hatte alles genau mitverfolgt. Endlich bei Svit angekommen, ließ sich
Xeno auf den Boden plumpsen und er atmete entspannt aus. Svit hüpfte zu
Xeno und die zwei ließen sich das Diebesgut erst einmal richtig
schmecken, denn schlitzohrig wie der Kobold war, hatte er einen Apfel
natürlich mitgenommen.
Bald darauf setzen sie ihre Wanderung fort, das hieß, sie gingen den
schmalen Pfad entlang, den sie gekommen waren. Doch der Pfad führte
nicht mehr auf den Hauptweg zurück, sondern immer mehr ins Dickicht
hinein. Es wurde zunehmend schwieriger dem Weg zu folgen, denn Dornen
erschwerten das Weiterkommen und zu allem Überfluß wurde es auch schon
langsam dunkel. Svit hatte sich auch wieder in Xenos Kapuze gekuschelt.
Dem Kobold kam eine Idee: Er griff in den kleinen Beutel, der an seinem
Gürtel hing und brachte ein rundes Amulett mit einem großen Stein in der
Mitte zum Vorschein. Xeno warf es in die Luft und es blieb ungefähr zwei
armlang über dem Kobold in der Luft stehen und fing an zu leuchten.
Jetzt hatten die beiden eine Orientierungshilfe und konnten besser auf
den Weg achten. Trotz alledem wurde auch Xeno schummrig zumute. Ob sie
jemals wieder den richtigen Weg finden würden? Von Ferne hörten sie
einige Trolle johlen, wahrscheinlich machten die bösen Gesellen gerade
wieder Jagd auf ahnungslose Tiere. Xeno mußte tief luftholen als er den
Lärm hörte. Xeno würde sicher nie mehr einen Troll ärgern, sei es auch
ein noch so alter Troll.
Nachdem sie eine ganze Zeitlang umhergeirrt waren, vernahm Svit ein
leises, gleichmäßiges Plätschern. "Das muß der Bach sein, der auch an
der Hütte meines Großonkels vorbeifließt.", bemerkte freudig erregt der
Kobold. "Aber woher willst du wissen, ob wir die richtige Richtung
entlang laufen?!", wand das Eichhörnchen ein. Darauf erwidert Svit: "Wir
brauchen doch nur die Fließrichtung zu prüfen, und dann wissen wir, ob
wir nun bachaufwärts oder bachabwärts gehen müssen." Xeno tastete sich
an das Plätschern heran und hielt eine Hand ins Wasser. "Ja, wir haben
Glück, wir laufen in die richtige Richtung.", jubilierte der Kobold.
"Wenn wir uns beeilen, müßten wir noch aus dem Wald sein, bevor es
richtig dunkel ist.", sagte Xeno zum Eichhörnchen. "Na dann los, wir
haben ja auch noch das leuchtende Amulett.", stimmte Svit zu, daß es
sich in der Kapuze von Xeno gemütlich gemacht hatte und sich deshalb
auch nicht beeilen mußte.
Nach weiteren bangen Minuten des Umherirrens durch das dichte
Üfergestrüpp, lichtete sich langsam der Wald und man erkannte den
dunklen Horizont. Am Himmel strahlten schon die Sterne. Das Amulett war
dabei der Hellste. Endlich, noch ein paar Schritte und der Fulgor-Wald
lag hinter ihnen.
"Da vorn, da ist jemand, dort sind zwei gelbe Augen, die funkeln uns
unheilvoll an", jammerte zitternd das Eichhörnchen, das einen Blick aus
der Kapuze riskiert hatte. "Ach Svit, das sind doch keine Augen, es sind
die Fenster der Hütte meines Großonkels.", entgegnete lächelnd Xeno.
Als der Kobold das gesagt hatte, wurde ihm bewußt, daß dieses Abenteuer
vorbei war. Aber nach dieser Nacht in der wohlig warmen Zwergenhütte
würde es sicher neue Taten und Streiche geben, die es zu erleben gilt.
Die Ferien hatten ja gerade erst angefangen. So gingen unsere beiden
Helden erschöpft von den Erlebnissen dieses Tages in Richtung Hütte, und
das Amulett leuchtete ihnen den Weg dahin.