[rohrpost] Thomas Ruff, Nudes
Matthias Weiß
mkazz at t-online.de
Don Okt 9 17:11:23 CEST 2003
Hi Liste,
die "Nudes" wurden - soweit ich weiß - erstmals mit größerer Reichweite
in einer "zensierten" Ausgabe der Zeitschrift "frame" (04/09/2000), die
sich dem damaligen Hype um "Sex & Porno" (Titel) widmete, publiziert.
In der Kunsthalle Baden Baden
(http://www.germangalleries.com/Kunsthalle_Baden-Baden/Ruff.01.html)
zeigte sie im Kontext einer groß angelegten Retrospektive mit allen
Werkphasen Ex-Siemens-Kulturstiftungs-Kunstabteilungsleiter und
nunmehriger Leiter der Kunsthalle, Matthias Winzen, im Tafelbildformat.
Ich denke, dass die Buchpublikation wie so oft als Abfallprodukt mit
Mehrwertlieferung zu denken ist. Geteast wird aber zunächst in
einschlägigen Kanälen, verdient wird später, möchte man mutmaßen.
> Objekten beliefert. Der Sammler wird so aber zum Gegenspieler des
> Pornobild-Sammlers Ruff (und vielleicht ist die Zentralität des
Zum Mitspieler eher, Coakteur. Eine Liga: Der Sammler kann erstmals ohne
Konsequenzen befürchten zu müssen seinen "Stoff" an die Wohnzimmer- oder
Firmenwand hängen.
> "motion blur" einen Schärfungs-Filter eingesetzt?)
Ein Alublech mit aufgezogenem Schichtpapier, das bunte Quadrate zeigt,
welche in 200 Metern Entfernung eine pornografische Darstellung ergeben,
aus der Nähe aber wie konkrete Kunst anmutet.
> sowie des Netzes mit seinem Datenbankzugriff schreiben sich ins Werk
> so massiv ein, daß es selbstredend auch eine künstlerische Reflexion
> von Netz- und Computerkultur ist.
Ich bin nicht sicher, aber kann es nicht auch sein, dass schon vor 1997,
also vor RonnieT-Volks-Netz-Boom digitale Bilder von Körperornamentiken
auf anderen Datenträgern zirkulierten? Ich würde das Netz streichen
wollen oder eher als Marginalie sehen. Es ist eher eine Frage des
Zugriffs und der Popularität dieses speziellen Diskurses um Bilder im
Jahr 2000 und davor.
Während sich Ruff schon in früheren Werkphasen des Digitalen als
Werkzeug bediente (wenn ihm die Wirklichkeit nicht kompositorisch
passte, wurde da schon einmal ein Dachfenster geopfert), ist es nur eine
logische Konsequenz, dies irgendwann zur Kernaussage zu machen (als
Contrepart zu Gursky evtl.?). Das treibt Neues in den Diskurs um
zeitgenössische Fotografie ;-).
In diesem Zusammenhang habe ich mich gerade gefragt, ob die Macchia eine
Rolle spielt. Wird der Ausschnitt gewählt und gecropt? Welche Rolle
spielt die relativ einheitliche Auflösung, was bedeutet das Serielle in
diesem Fall im Unterschied zu den frühen, anonymisierenden
Freundesporträts, mit denen er so bekannt wurde. Ich glaube das
Interessante, wenn es dies gibt, liegt im Werk begründet und muss sich,
wenn diese Kunst sich tragen will, auch von da aus begründen. Ich bin
nur kein Fachmann. Ich ordne die Arbeiten aber schon der offenen Fragen
wegen eher in den Kontext des "klassischen" Fotografierens, der im
übrigen auch 2000 volksmäßig zum Digitalen blurte, ein.
M
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KUNST COMPUTER KRITIK
Matthias Weiß
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