[rohrpost] The Last Copyright Holder (Mittwoch 24.9. 19 Uhr Meinebank)

sebastian at rolux.org sebastian at rolux.org
Mon Sep 22 14:23:19 CEST 2003


   "Humanity won't be happy until the   §§   28. Februar 1912
last copyright holder is hung by the   §§
      guts of the last patent lawyer"   §§   Am Sonntag morgen beim Waschen fällt
                                        §§   ihm ein, daß er das Tagblatt noch
                        Ein "Seminar"   §§   nicht gelesen hat. Er schlägt es
                     zur Ökonomie des   §§   auf, zufällig gerade die erste Seite
                "Geistigen Eigentums"   §§   der Unterhaltungsbeilage. Der Titel
                                        §§   des ersten Aufsatzes "Das Kind als
    Mit Sebastian Lütgert >textz.com,   §§   Schöpfer" fällt ihm auf, er liest
Ariane Müller >starship-magazine.org   §§   die ersten Zeilen - und fängt vor
     und Erik Stein >classlibrary.net   §§   Freude zu weinen an. Es ist sein
                                        §§   Aufsatz, wortwörtlich sein Aufsatz.
Mittwoch, 24. September, 19 - 21 Uhr   §§   Es ist also zum erstenmal etwas
     Im Anschluss: Irgendwas mit Wiki   §§   gedruckt, er lauft zur Mutter und
               Farmers Manual >web.fm   §§   erzählt es. Die Freude! Die alte
                                        §§   Frau, sie ist zuckerkrank und vom
  Meinebank, Rungestrasse 20, 2. Hof,   §§   Vater geschieden, der übrigens im
       Aufgang 6, Dachgeschoss, S + U   §§   Recht ist, ist so stolz. Ein Sohn
                      Jannowitzbrücke   §§   ist ja schon Virtuose, jetzt wird
                                        §§   der andere Schriftsteller!
                                        §§
                                        §§   Nach der ersten Aufregung überlegt
                                        §§   er nun die Sache. Wie ist denn der
                                        §§   Aufsatz in die Zeitung gekommen?
                                        §§   Ohne seine Zustimmung? Ohne Namen
                                        §§   des Verfassers? Ohne daß er Honorar
                                        §§   bekommt? Das ist eigentlich ein
                                        §§   Vertrauensmißbrauch, ein Betrug.
                                        §§   Diese Frau Durege ist doch ein
                                        §§   Teufel. Und Frauen haben keine Seele
                                        §§   sagt Mohamet (oft wiederholt) Man
                                        §§   kann es sich ja leicht vorstellen,
                                        §§   wie es zu dem Plagiat gekommen ist.
                                        §§   Da war ein schöner Aufsatz, wo
                                        §§   findet man gleich einen solchen. Da
                                        §§   ist also Frau D. ins Tagblatt
                                        §§   gegangen, hat sich mit einem
                                        §§   Redakteur zusammengesetzt, beide
                                        §§   überglücklich, und jetzt haben sie
                                        §§   die Bearbeitung angefangen.
                                        §§   Bearbeitet mußte es ja werden, denn
                                        §§   erstens durfte man ja das Plagiat
                                        §§   nicht auf den ersten Blick erkennen
                                        §§   und zweitens war der 32 Seiten lange
                                        §§   Aufsatz für die Zeitung zu groß.
                                        §§
                                        §§   Auf meine Frage, ob er mir nicht
                                        §§   Stellen zeigen wolle, die sich
                                        §§   decken, da dieses mich besonders
                                        §§   interessieren würde und da ich erst
                                        §§   dann ihm einen Rat für sein
                                        §§   Verhalten geben kann, fängt er
                                        §§   seinen Aufsatz zu lesen an, schlägt
                                        §§   eine andere Stelle auf, blättert,
                                        §§   ohne zu finden und sagt schließlich,
                                        §§   daß alles abgeschrieben sei. Da
                                        §§   stehe z. B. in der Zeitung: Die
                                        §§   Seele des Kindes sei ein
                                        §§   unbeschriebenes Blatt und
                                        §§   "unbeschriebenes Blatt" komme auch
                                        §§   in seinem Aufsatz vor. Oder der
                                        §§   Ausdruck "benamset" sei auch
                                        §§   abgeschrieben, wie käme man denn
                                        §§   sonst auf "benamset". Aber einzelne
                                        §§   Stellen kann er nicht vergleichen.
                                        §§   Es sei zwar alles abgeschrieben,
                                        §§   aber eben vertuscht, in anderer
                                        §§   Reihenfolge, gekürzt und mit kleinen
                                        §§   fremden Zutaten.
                                        §§
                                        §§   Ich lese laut einige auffallendere
                                        §§   Stellen aus der Zeitung. Kommt das
                                        §§   im Aufsatz vor? Nein. Das? Nein.
                                        §§   Das? Nein. Ja aber das sind eben die
                                        §§   aufgesetzten Stellen. Im Innern ist
                                        §§   alles alles abgeschrieben. Aber der
                                        §§   Beweis wird, fürchte ich, schwer. Er
                                        §§   wird es schon beweisen mit Hilfe
                                        §§   eines geschickten Advokaten, dazu
                                        §§   sind ja Advokaten da. (Er sieht
                                        §§   diesem Beweis wie einer ganz neuen
                                        §§   von dieser Angelegenheit vollständig
                                        §§   abgetrennten Aufgabe entgegen und
                                        §§   ist stolz darauf, daß er sich ihre
                                        §§   Bewältigung zutraut)
                                        §§
                                        §§   Daß es sein Aufsatz ist, sieht man
                                        §§   übrigens schon daraus, daß er in 2
                                        §§   Tagen gedruckt war. Sonst dauert es
                                        §§   doch zumindest 6 Wochen, bis eine
                                        §§   angenommene Sache in den Druck
                                        §§   kommt. Hier aber war natürlich Eile
                                        §§   nötig, damit er nicht
                                        §§   dazwischenkomme. Darum haben 2 Tage
                                        §§   genügt. - Außerdem heißt der
                                        §§   Zeitungsaufsatz "Das Kind als
                                        §§   Schöpfer". Das hat eine deutliche
                                        §§   Beziehung zu ihm und außerdem ist es
                                        §§   eine Stichelei. Mit dem "Kind" ist
                                        §§   nämlich er gemeint, denn man hat ihn
                                        §§   früher für ein "Kind" für "dumm"
                                        §§   gehalten (er war es wirklich nur
                                        §§   während der Militärzeit, er hat 1
                                        §§   1/2 Jahre gedient) und will nun mit
                                        §§   dem Titel sagen, daß er ein Kind
                                        §§   etwas so Gutes wie den Aufsatz
                                        §§   zustande gebracht hat, daß er sich
                                        §§   also zwar als Schöpfer bewährt hat,
                                        §§   gleichzeitig aber dumm und ein Kind
                                        §§   geblieben ist, indem er sich hat so
                                        §§   betrügen lassen. - Mit dem Kind, von
                                        §§   dem im ersten Absatz die Rede ist,
                                        §§   ist eine Kousine vom Lande gemeint,
                                        §§   die gegenwärtig bei seiner Mutter
                                        §§   wohnt. - Besonders überzeugend wird
                                        §§   aber das Plagiat durch einen Umstand
                                        §§   bewiesen, auf den er allerdings erst
                                        §§   nach längerer Überlegung gekommen
                                        §§   ist: "Das Kind als Schöpfer" ist auf
                                        §§   der ersten Seite der
                                        §§   Unterhaltungsbeilage, auf der
                                        §§   dritten aber ist eine kleine
                                        §§   Geschichte von einer gewissen
                                        §§   "Feldstein". Der Name ist offenbar
                                        §§   Pseudonym. Nun muß man nicht diese
                                        §§   ganze Geschichte lesen, es genügt
                                        §§   ein Überfliegen der ersten Zeilen
                                        §§   und man weiß sofort, daß hier die
                                        §§   Lagerlöf in einer unverschämten
                                        §§   Weise nachgeahmt ist. Die ganze
                                        §§   Geschichte macht es noch deutlicher.
                                        §§   Was bedeutet das? Das bedeutet daß
                                        §§   diese Feldstein oder wie sie heißt,
                                        §§   eine Kreatur der Durege ist, daß sie
                                        §§   bei ihr die "Gutsgeschichte" gelesen
                                        §§   hat, die er hingebracht hat, daß sie
                                        §§   diese Lektüre zum Schreiben dieser
                                        §§   Geschichte verwendet hat und daß ihn
                                        §§   also beide Frauenzimmer eine auf der
                                        §§   1.) die andere auf der 3ten Seite
                                        §§   der Unterhaltungsbeilage ausnützen.
                                        §§   Natürlich kann jeder auch aus
                                        §§   eigenem Antrieb die Lagerlöf lesen
                                        §§   und nachahmen, aber hier ist doch
                                        §§   sein Einfluß zu offenbar. (Er
                                        §§   schlägt das eine Blatt öfters hin
                                        §§   und her)
                                        §§
                                        §§   Montag mittag gleich nach Bankschluß
                                        §§   gieng er natürlich zur Frau D. Sie
                                        §§   öffnet nur eine Spalte der
                                        §§   Wohnungstüre, sie ist ganz
                                        §§   ängstlich: "Aber, Herr Reichmann
                                        §§   warum kommen Sie mittag. Mein Mann
                                        §§   schläft. Ich kann Sie jetzt nicht
                                        §§   hereinlassen." "Frau D. Sie müssen
                                        §§   mich unbedingt hineinlassen. Es
                                        §§   handelt sich um eine wichtige
                                        §§   Angelegenheit." Sie sieht, ich mache
                                        §§   Ernst und läßt mich ein. Der Mann
                                        §§   war ja bestimmt nicht zuhause. In
                                        §§   einem Nebenzimmer sehe ich auf dem
                                        §§   Tisch mein Manuscript und mache mir
                                        §§   gleich meine Gedanken. "Frau D. was
                                        §§   haben Sie mit meinem Manuscript
                                        §§   gemacht. Sie haben es ohne meine
                                        §§   Zustimmung ins Tagblatt gegeben.
                                        §§   Wieviel Honorar haben Sie bekommen?"
                                        §§   Sie zittert, sie weiß nichts, hat
                                        §§   keine Ahnung, wie es in die Zeitung
                                        §§   hat kommen können. J'accuse Frau D.
                                        §§   sage ich, halb scherzend aber doch
                                        §§   so, daß sie meine wahre Stimmung
                                        §§   merkt und dieses j'accuse Frau D.
                                        §§   wiederhole ich die ganze Zeit,
                                        §§   während ich dort bin, damit sie es
                                        §§   sich merkt und sage es noch beim
                                        §§   Abschied in der Tür mehrere Male.
                                        §§   Ihre Angst verstehe ich ja gut. Wenn
                                        §§   ich es bekanntmache oder sie klage,
                                        §§   ist sie ja unmöglich, muß aus dem
                                        §§   Frauenfortschritt heraus
                                        §§
                                        $$   U. S. W.