[rohrpost] video und sicherheit]
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Fre Apr 23 22:21:42 CEST 2004
Betreff: Öffentliche Videoüberwachung wird
Öffentliche Videoüberwachung wird privatisiert
Thomas Brunst, SAFERCITY.DE (April 2004)
Längst haben bundesdeutsche DatenschützerInnen ihren Widerstand gegen
Videoüberwachung aufgegeben. Die Gleichgültigkeit großer Teile der
Bevölkerung (vorwiegend junger Leute) und das Argument, die Videoüberwachung
diene ausschließlich der inneren Sicherheit hat hierzu maßgeblich
beigetragen. Wie soll man auch ein Problembewusstsein bei Menschen erzeugen
die die Fernsehshow "Big Brother" "geil" finden und sich sogar
Peinlichkeiten aussetzen um ins Fernsehen zu kommen?
Darüber hinaus ist der Begriff der "informationellen Selbstbestimmung"
vielen BürgerInnen unbekannt. Und: Wenn der Staat diese
"Sicherheitsmaßnahme" initiiert, kann sie doch gar nicht schlecht sein.
Oder? Außerdem - so die Versprechungen - hat der Anständige ja nichts zu
befürchten.
Nun gibt es erste Ansätze die öffentliche Videoüberwachung, vorwiegend aus
ökonomischen Gründen, zu privatisieren.
Mit einem Pilotprojekt gab 1996 die Stadt Leipzig den Startschuß für die
öffentliche Videoüberwachung in der Bundesrepublik. Während bis vor kurzer
Zeit noch (objektive) Fallzahlen von Straftaten eine Rolle bei der Auswahl
der überwachten Räume (z.B. sog. gefährliche Orte) spielten, sieht das nun
anders aus: Das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung soll fortan
darüber entscheiden wo Kameras wachen. Künftig bestimmen also
verantwortliche PolitikerInnen zusammen mit VertreterInnen der Wirtschaft,
wo sich die BürgerInnen unsicher fühlen (sollen), wie das Beispiel der
"Channel-Überwachung" in Hamburg-Harburg zeigt.
Bei der Harburger "Channel-Überwachung", welche von der
"Sicherheitskonferenz" beschlossen wurde, handelt es sich um ein sogenanntes
public private partnership (ppp), das öffentlich finanziert wurde aber auf
Dauer privat betrieben werden soll, so das Hamburger Abendblatt vom
09.12.03.
Nicht nur die Tatsache, dass hier privates Sicherheitspersonal an den
Kontrollmonitoren einer öffentlichen Videoüberwachung sitzt (dies wäre auf
dem Höhepunkt der Diskussion über öffentl. Videoüberwachung undenkbar
gewesen), sondern auch der Hinweis der Zeitung, dass es sich bei dem
überwachten Raum (Fußgängertunnel) nicht um einen Ort mit erhöhter
Kriminalitätsbelastung handelt ist interessant. Fast beiläufig erfährt der
Abendblatt-Leser, dass die Betreiber der "Channel-Überwachung" nach einer
Möglichkeit suchen, um offiziell Bildmaterial aufzeichnen zu können -
bislang hindert sie nämlich der Hamburger Datenschutzbeauftragte daran.
Nebenbei: Seit 2002 beobachten auf dem Gelände der staatlichen Handelsschule
Berliner Tor in Hamburg 14 Kameras in Innen- und Außenbereichen jeden der
diese Schule betritt. Das gewonnene Bildmaterial wird aufgezeichnet und
ausgewertet, weil man sich dadurch erhofft auch drogenabhängigen
Handydealern - vor dem Eingang - auf die Schliche zu kommen (Hamburger
Abendblatt, 03.02.04).
Solche Überwachungsprojekte werden wohl wortwörtlich Schule machen, weil vor
allem die Wirtschaft an einer Ausweitung interessiert ist. Nicht nur durch
den Verkauf von Überwachungstechnik (und deren Montage), sondern auch durch
Monitorpersonal und Wartungsdienstleistungen läßt sich dauerhaft an
Videoüberwachung Geld verdienen.
Die Überwachungsindustrie (Sicherheitswirtschaft) macht kein Geheimnis
daraus, dass sie in den nächsten Jahren verstärkt mit der öffentlichen Hand
ins Geschäft kommen will und hier - wegen Einsparungen im Beamten- und
Angestelltensektor - vermehrte Auftragsvergaben (Stichwort: "ppp") erwartet.
Öffentliche Videoüberwachung, Objektschutz, die Überwachung des ruhenden und
des fließenden Verkehrs (dazu zählt auch die geplante elektr. Mauterfassung)
sowie arbeitstechnische Datenauswertungen stehen ganz oben auf der
Wunschliste der Wirtschaft. Sie möchte durch günstigere Personalkosten ein
fester Bestandteil der öffentlichen Verwaltung werden.
Nicht der Datenschutz der BürgerInnen rückt hierbei den öffentlichen
AuftraggeberInnen und ihren privaten -nehmerInnen ins Bewusstsein; Auf
Unternehmensbriefköpfen angepriesene Zertifizierungen (z.B. DIN EN ISO 9000
ff. u. DIN 77200) und Qualitätsmanagement-Systeme sowie nackte Zahlen
erscheinen wichtiger.
Stets betont die Sicherheitswirtschaft, dass der Datenschutz in Deutschland
ausreichend geregelt sei und weist damit gleichzeitig Forderungen nach
Gesetzesverschärfungen in diesem Bereich zurück, weil diese sich für die
Branche als hinderlich erweisen könnten. Von dokumentierten Fällen, in denen
schlechtbezahltes Sicherheitspersonal (Stundenlöhne von weniger als 4 EUR
sind keine Seltenheit) aufgezeichnetes Bildmaterial z.B. an Fernsehsender
bzw. Produktionsfirmen verkaufte möchten die GeschäftspartnerInnen nichts
hören.
Die sogenannten Gütesiegelunternehmen der Sicherheitswirtschaft drängen aus
dem ruinösen privaten Markt hin zu öffentlichen, langfristig stabilen,
Auftragsnahmen. Hierzu rechnen sich die Wirtschaft bei Ländern und Kommunen
attraktiv. Neben den bereits angesprochenen günstigeren Personalkosten
verspricht sie eine effektivere Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, was
sich in Form von Mehreinnahmen für die öffentlichen Kassen positiv auswirken
soll.
In Frankfurt a.M. war ein solcher "ppp"-Versuch missglückt. Die
Stadtverwaltung der Mainmetropole hatte Branchenprimus Securitas
(www.securitas-online.de) mit der Überwachung der ruhenden Verkehrs
(Verteilung v. Strafzetteln) beauftragt. Aufgrund der schlampigen Arbeit der
Securitas-Angestellten, wegen der hohen Anzahl von erfolgreichen
Widersprüchen von Kfz-Haltern, überstiegen die Ausgaben für diese private
Ordnungsdienstleistung die eingenommenen Buß-/ Verwarngelder bei weiten
(Differenzsumme über 100.000 DM). Zudem wurde mangelnde Bürgerfreundlichkeit
der Securitas-Angestellten beklagt. Nach einem Gutachten, welches die Stadt
Frankfurt a.M. in Auftrag gegeben hatte konnte der Vertrag mit Securitas
nicht aufrechterhalten werden, so die Frankfurter Rundschau vom 30.09.99.
Die BürgerInnen, die durch ihre Steuern für diese Kosten aufkommen müssen
werden nicht gefragt, ob sie die ihnen verkaufte (private) Sicherheit und
Ordnung überhaupt möchten. Wie schon beschrieben entscheiden dies andere
Stellen über ihre Köpfe hinweg.
1999 kritisierte der Bund der Steuerzahler in Niedersachsen
(www.steuerzahler-niedersachsen-bremen.de), dass es den BürgerInnen nicht
zugemutet werden könne für öffentliche und zusätzlich noch für private
Sicherheits-/ Ordnungsleistungen zur Kasse gebeten zu werden. Andere
formulieren dies drastischer: Die BürgerInnen sollen für ihre Kontrolle
bezahlen und dies soll gleichzeitig der Sicherheitswirtschaft als
"Verwaltungshelfer" satte Gewinne bescheren.
Schon heute wird in Städten/ Gemeinden die Verfolgung von
Ordnungswidrigkeiten durch Private nach Leistungsvorgaben (siehe
ÖPNV-Kontrollen in Berlin) organisiert.
Sächsische Polizei & privates Sicherheitsgewerbe: Gemeinsam gegen "Unordnung
im öffentlichen Raum" und andere Formen "abweichenden Verhaltens"
Am 28.02.02 fand in Dresden eine gemeinsame Arbeitstagung von Polizei und
Sicherheitswirtschaft statt. Unter dem Motto: "Polizei und privates
Sicherheitsgewerbe - gemeinsam für die Sicherheit der Bürger"
unterzeichneten der Polizeipräsident von Sachsen, Rainer Stock, und der
Vorsitzende der Landesgruppe Sachsen des Bundesverbandes Deutscher Wach- und
Sicherheitsunternehmen (BDWS) e.V. eine Grundsatzerklärung für den
Freistaat.
In Kooperation wollen Polizei und Sicherheitsunternehmen künftig für
Sicherheit und Ordnung sorgen. Die Kooperation wird als Erweiterung des
"Aktionsbündnisses - Sichere Sächsische Städte" angesehen.
Die sächsische Grundsatzerklärung geht davon aus, dass in Zukunft private
Sicherheitsdienste im öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Raum noch
ausgedehnter eingesetzt werden können als bisher. Mit Hilfe der Privaten
sollen im Freistaat aber schon jetzt die Straßenkriminalität, der
Vandalismus und "Erscheinungen von Unordnung" bekämpft werden.
Der sächsische Staatsminister des Inneren, Klaus Hardraht, sagte in seiner
Rede hierzu, dass das Sicherheitsgewerbe zunächst bei einem
Informationsaustausch mitarbeiten könne und durch einen verstärkten Einsatz
bei der Bekämpfung der "Bagatellkriminalität" (Ladendiebstahl,
"Schwarzfahren") die Polizei entlasten könne. Es sei aber auch an die
Videoüberwachung zu denken, da bei einer Überwachung durch Private
verfassungsrechtliche Bedenken, die bei einem staatlichen Einsatz bestünden,
geringer seien, so der Minister. Einigkeit herrschte bei allen
VeranstaltungsteilnehmerInnen darin, dass es darum gehe, alle Kräfte gegen
Kriminalität zu bündeln, dabei sei "insbesondere gegen Straßenkriminalität
und Unordnung im öffentlichen Raum verstärkt vorzugehen".
Der Direktor des Landeskriminalamtes (LKA) Mecklenburg-Vorpommern, Ingmar
Weitemeier, forderte in seine Rede die verstärkte Einbindung privater
Sicherheitsdienste in Fahndungsmaßnahmen. Für den "Einsatz von Videotechnik
für die Sicherheit der Bürger" sprach sich der Leiter des Vertriebs
Bosch-Telekom Sicherheitssysteme Berlin, Andreas Päßler, in seinem
Redebeitrag aus.
Das Abschlußwort dieser Veranstaltung sprach der Inspekteur der sächsischen
Polizei, Helmut Spang. Spang nahm die von Päßler genannte Ausweitung der
Videoüberwachung positiv auf und machte in seiner Rede deutlich, dass nun
eine neue Phase in der Zusammenarbeit zwischen der Polizei und privaten
Sicherheitsdiensten eingeläutet werde (Der Sicherheitsdienst, DSD, 2/02 S.3,
www.bdws.de).
In kaum einem anderen Bundesland macht der Lobbyverband BDWS bei der
Durchsetzung seiner Interessen und Ziele so große Fortschritte, übt die
Polizei so sehr den Schulterschluss mit den Privaten wie im Bundesland
Sachsen. Wo findet es noch statt, dass ein profitstrebender
Wirtschaftvertreter auf einer Polizei-Veranstaltung so offen für den Einsatz
von Videoüberwachung werben darf und der höchste uniformierte Polizist im
Land diesem "Verkäufer" vor Freude gleich um den Hals fällt, ein
Innenminister eines Bundeslandes für öffentliche Videoüberwachung durch
Private eintritt und alle klatschen, wenn der Vorschlag kommt
Sicherheitsfirmen künftig - Gewaltmonopol hin oder her - bei der
Zurückdrängung von Unordnung im öffentlichen Raum einzusetzen?
Der BDWS unterstützt diese Vorhaben, weil die Mitgliedsunternehmen
vorrangige (Ansprech)Partner bei den beschriebenen Zielen sind.
BDWS-Hauptgeschäftsführer, Harald Olschok, hierzu: "Der Kampf gegen
Kriminalität und andere Formen ,abweichenden Verhaltens' ist dabei nur ein
Aufgabengebiet." (DSD 2/03 S.25, www.bdws.de)
In puncto Videoüberwachung stehen bundesdeutschen DatenschützerInnen schwere
Zeiten bevor. Die Anzahl von öffentlichen und privaten
Videoüberwachungsanlagen erhöht sich kontinuierlich - die zunehmende
Akzeptanz bzw. ein großes Desinteresse der Bevölkerung gegenüber dieser
Überwachungstechnik und die stetig voranschreitende, immer billiger werdende
Technik sind Hauptgründe hierfür.
In privaten Kontrollräumen laufen die Kamerabilder vieler KundInnen aus
unterschiedlichsten Regionen zusammen und werden in modernen Systemen auf
Computer-Festplatten aufgezeichnet. Auch mittelständische Unternehmen wie
ESU Sicherheits- & Dienstleistungsmanagement (www.esu.de) im hess. Eschwege
können bereits solche "hight-tech"-Kontrollräume vorweisen, berichtete vor
kurzem das Hessenfernsehen.
Von außen wird es künftig den Kamerasystemen nicht anzusehen sein, wenn
hard- und softwaregestützte CCTV(closed circuit television)-Systeme zum
Einsatz kommen die biometrische Gesichtserkennungen zum Ziel haben. An
Kamerasystemen die selbständig "normabweichendes Verhalten" erkennen können
wird derzeit geforscht. Bereits heute sind Kamerasysteme (z.B. auf
Autobahnen) im Einsatz, die automatisch die Kfz-Kennzeichen mit behördlichen
Datenbeständen abgleichen.
Der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz (TLFD) hatte im
Berichtszeitraum 2003 durch Pressemeldungen von einem Modellprojekt des
Thüringischen Innenministeriums erfahren, bei dem mittels Kamerasystemen
automatisch Kfz-Kennzeichen erfaßt und mit behördlichen Datenbeständen
abgeglichen wurden. Eine Überprüfung dieses Modellprojekts durch den TLFD
ergab schwerwiegende Verstöße gegen den Datenschutz, schreibt der TLFD in
seinem aktuellen 5. Tätigkeitsbericht
(www.datenschutz.thueringen.de/seite3.htm).
Man stelle sich einmal folgende Situation vor: Wegen besserer
Unternehmensbedingungen (z.B. günstigerer Arbeitslöhne, geringere gesetzl.
Auflagen) betreiben Sicherheitsunternehmen ihre Kontrollräume für Kamera-
und Alarmaufschaltungen ihrer deutschen Kunden irgendwann im Ausland.
Aufgrund der hohen Datenübertragungsraten in den Computernetzen, durch den
Einsatz von Satellitentechnik, ist dies heute schon möglich.
Auf Alarmeingänge bzw. bei ungewöhnlichen Beobachtungen im Monitor könnte
das Kontrollpersonal sofort die Interventionskräfte oder die Polizei vor Ort
durch internationalisierte ("Schlüssel")Codes informieren. Aufgrund der
verfügbaren Technik macht es nämlich keinen Unterschied, ob das Alarmobjekt
30 km oder 3000 km vom Kontrollraum entfernt ist. Für den Datenschutz ist
dies aber von entscheidender Bedeutung. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
und andere bundesdeutsche Datenschutzbestimmungen finden nämlich im Ausland
keine Anwendung!
Der "arbeitsteilige Sicherheitsverbund" zwischen privaten und staatlichen
Ordnungshütern, welcher auf Unterstützung und Information basiert, existiert
auf kommunaler Ebene bereits - der Neutralitätsgrundsatz ist zu Gunsten des
Sicherheitsgewerbes längst aufgegeben worden.
Diese enge Zusammenarbeit möchten die PartnerInnen weiter vertiefen. Das
staatliche Gewaltmonopol bzw. der Artikel 33 (4) Grundgesetz alleine werden
diese Entwicklung nicht aufhalten können, weil verschiedene (ökonomische)
Faktoren wie beispielsweise Sparzwänge und Gewinnstreben sowie das
subjektive Sicherheits-/ Bedrohungsgefühl in der Bevölkerung und
Ordnungsbedürfnisse hierbei für Eigendynamik sorgen und längst einen
Verschmelzungsprozeß zwischen staatlichen Stellen und privaten
DienstleisterInnen in Gang gesetzt haben. Diese Entwicklung ist zumindest
seitens der Wirtschaft gewünscht (siehe Kötter-Sicherheitsbeirat,
www.koetter.de/de/sicherheitsbeirat/main.html), weil sie den Unternehmen nur
Vorteile bringt.
Die Menschen in Deutschland können sich nicht auf eine ausreichende
Kontrolle der Sicherheitsunternehmen bzw. des Personals durch öffentliche
Stellen verlassen wie verschiedene Beispiele zeigen.
Nach fast fünf Jahren (Start 1999) offiziell existierenden Kooperationen
zwischen den Sicherheitsbehörden und den Privaten sehen sich KritikerInnen
bestätigt. Die Kooperationsstrukturen sind undurchsichtig und die
KooperationspartnerInnen möchten sich einer (datenschutzrechtlichen)
Kontrolle am liebsten entziehen wie Anfragen an den hess.
Datenschutzbeauftragten und das Polizeipräsidium Frankfurt a.M.
(www.polizei.hessen.de) Ende 2003 ergaben. Die Polizei in Frankfurt a.M. kam
ihrer Zusage, den Datenschutz (Weitergabe personenbezogener Daten) innerhalb
der Kooperation mit den Sicherheitsunternehmen besser zu regeln, einfach
nicht nach. Über eineinhalb Jahre waren vom Zeitpunkt der Ankündigung
bereits vergangen, ohne dass etwas geschah. Damit ist eine bestimmte
Signalwirkung verbunden: Die Kooperationsinteressen - und damit auch die der
privaten "Juniorpartner" - stehen über den Grundrechten (z.B.: "Recht auf
Informationelle Selbstbestimmung") der BürgerInnen.
Wie wenig Wert dabei von Seiten der Sicherheitsunternehmen auf Datenschutz
gelegt wird, zeigen mehrere bekannt gewordene Verfehlungen (z.B. in
Augsburg, Hamburg und Kassel) und die Tatsache, dass vor allem die
Wirtschaft nicht den Dialog mit den Datenschutzbeauftragten sucht. In der
Regel werden die Datenschutzbeauftragten, vor dem Abschluss von
Kooperationsabkommen zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsdiensten,
nicht darüber informiert, geschweige denn hierzu um Rat gefragt, sondern vor
vollendete Tatsachen gestellt. Der Datenschutzbeauftragte von
Mecklenburg-Vorpommern (www.datenschutz.mvnet.de), Dr. Werner Kessel,
beklagte sich öffentlich darüber, dass er von Kooperationsplänen zwischen
dem Innenministerium des Ostseebundeslandes und Sicherheitsunternehmen aus
der Zeitung erfahren musste. Dies sei "bedenklich", so Kessel damals
(Nordkurier, Schwerin, 30.11.99).
"old-boy-networks", "moonlighting" und die Berliner Pläne, private
Sicherheitsdienste in die Polizeiverwaltungen einzubinden (Empfehlungen d.
sog. Scholz-Kommission, "Staatsaufgabenkritik" d. Landes Berlin) machen das
Problem nicht einfacher. Der gesunde Menschenverstand verbietet es daher,
dass private Sicherheitsdienste als Partner oder sogar im Auftrag von
Behörden den öffentlichen Raum nach marktwirtschaftlichen Kriterien
"Sicherheitsverwalten". Die Wahrnehmung von Ordnungsaufgaben durch Private
im öffentlichen Raum darf es daher nicht geben!
Eine öffentliche Videoüberwachung durch Private ist in Großbritannien längst
Realität. Dort redet von Datenschutz fast niemand mehr. Sollten in
Deutschland private Sicherheitsdienste öffentliche Sicherheits- und
Ordnungsaufgaben übernehmen kann es keinen effektiven Datenschutz mehr
geben, weil sich diesbezügliche Kontrollen in Unternehmen schwerer gestalten
als in Behörden. Von den Datenschutzbeauftragten die für die Einhaltung des
Datenschutzes im privaten Bereich zuständig sind dürfen nur angemeldete
Kontrollen in den Unternehmen vorgenommen werden. Zudem stehen ihnen (noch)
weniger Befugnisse zur Verfügung als den für den öffentlichen Bereich
zuständigen KollegInnen.
Bundesinnenminister Otto Schily sagt: "Sicherheit ist Freiheit". Der
Sächsische Innenminister, Klaus Hardraht nimmt durch seine Pläne, die
öffentliche Videoüberwachung zu privatisieren, die Beeinträchtigung des
Grundrechts auf "informationelle Selbstbestimmung" in Kauf. Die
Privatisierung von öffentlicher Sicherheit wird weder Freiheit noch
Sicherheit bringen. Die Freiheit muss Priorität haben. Deshalb darf der
Slogan nur heißen: Freiheit ist Sicherheit!