[rohrpost] Re: [n0name] TELEPOLIS: Mehr als Gewinnspiele (Matze Schmidt)

sascha brossmann brsma at gmx.net
Don Feb 12 13:50:34 CET 2004


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lieber matze, liebe liste,

Am 11.02.2004 um 22:31 schrieb Matze Schmidt:
> es gibt einfach keine produktionen in dieser groeszenordnung, die ohne 
> kommerz, also ohne
> (hier die schnell-definition) vermarktung und verkauf des 'eigenen' 
> auskommen.

ich lese "kommerziell" eher als: primär zu zwecken der 
geldumsatzgenerierung produziert. einem "nicht-kommerziellen" projekt 
würde ich unterstellen, dass dieser zweck stark anderen interessen 
nachgelagert ist. frei von der notwendigkeit sich selbst und seine 
projekte irgendwie zu finanzieren ist in einer globalen 
kapitalistischen gesellschaft nichts und niemand, es sei denn, man 
klinkt sich vollkommen aus jedem menschlichen und kulturellen 
zusammenhang aus und schafft sich ein nettes, heimeliges 
selbstversogerbiotop. ich weiss nicht, ob es produktiv und sinnvoll ist 
innhalb der  gesellschaftlichen struktur in der wir uns befinden diese 
art von begriffklauberei zu betreiben, würde das eher bezweifeln.

> ja aber was, auszer der sog. unbezahlten oder auch affektiven arbeit 
> oder der sog. freizeit, ist denn den "interessen der wirtschaft" 
> (genauer: den interessen des kapitals) nicht untergeordnet?

ich frage mich in derartigen debatten immer wieder: *wer* ist denn 
eigentlich "das kapital"? ist das ein intelligenter, aktive handlungen 
vornehmender organismus? oder dient dieses abstraktum nicht viel eher 
dazu, einem diffusen feindbild eine personifizierung zu geben, die man 
dann diskreditierend mit einem herzlichen "ja, aber!" über jedes 
x-beliebige fänomen stülpen kann?

das heisst nicht, dass ich nicht in vielen gesellschaftlichen bereichen 
mechanismen beobachtete, die mir nicht unbedingt gefallen müssen. das 
heisst auch nicht, dass man sich sich nicht über ein paar "feine 
unterschiede" im klaren sein sollte, gerade auch in bezug auf das 
eigene handeln. aber ein paar widersprüche im leben wird man wohl oder 
übel aushalten müssen, die werden durch jede form des handelns 
automatisch erzeugt.

> aus subsistenzgruenden mal getippt: nichts dagegen! aber dann bitte 
> mit einer ehrlichen, politischen verabschiedung des 
> gesellschaftsveraenderungs-labels,

ich denke, es gibt nicht nur die eine reine lehre, die eine gültige 
wahrheit, was denn nun bitte "gesellschaftsveränderung" sei und halte 
es für eine hochgradige anmassung, darüber entscheiden zu wollen. 
nichts für ungut, aber in meinen augen ist das schlicht und ergreifend 
ziemlich mental beschränktes sekten-getue.

herzliche grüsse

sascha
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