Re: [rohrpost] ZKM/Filmvorführung/\\medien\kunst\rolle
sascha brossmann
brsma at gmx.net
Die Jan 20 22:47:16 CET 2004
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guten abend zusammen,
Am 20.01.2004 um 14:37 schrieb Irina Koutoudis:
> Do 29.01.04, ZKM-Medientheater, 20 Uhr
ist nicht das ganze zkm eigentlich ein einziges grosses medientheater?
>;-> SCNR
> Der besondere Reiz besteht darin, dass Videokunst, die bisher nur im
> Fernsehen zu sehen war, auf das Medium Kino übertragen wird.
(ob das wirklich so ein reiz ist? s. weiter unten)
mich würde auch mal interessieren, *wo* im fernsehen ich bisher
videokunst sehen konnte. ich persönlich habe videokunst bisher
eigentlich immer nur auf irgendwelchen festivals, ausstellungen etc.
wahrgenommen, aber eher nicht im fernsehen. obwohl, stimmt nicht ganz,
da gab's mal dem orf sei dank "van gogh tv", meinem vagen gedächtnis
zufolge eine der m.e. brauchbarsten sachen, die die ars electronica in
ihrer geschichte so hervorgebracht/gefeatured hat, aber vielleicht
konstruiere ich hier auch mangels konkreterer erinnerungsbilder im kopf
eine utopie und die ars hat niemals etwas wirklich brauchbares
hervorgebracht, sondern immer nur lustige pixaranimationen (obwohl ich
deren entertainment-faktor wirklich sehr schätze!), computergerenderte
fahrten durch immer wieder neue röhren (ungefähr das äquivalent zu
bahnfahrten - sprich gleise und tunnel - im
independent-off-film-bereich) oder vor technischem selbstzweck
strotzende siemenswerbeträgerarbeiten. (und ja, das *ist* einseitige
und ausgewogene polemik.)
> Mit Hi8 oder MiniDV aufgenommene Bilder erobern die grosse Leinwand
> und ignorieren die sonst, im Kino üblichen, Qualitäts-Standards in
> Bild und Ton. Künstlerische Freiheit und Kreativität statt technischer
> Perfektion lautet die Devise.
meine güte, wie aufregend, wow! bloss erinnert mich diese aussage
verdächtig an die ganz reale praxis von jahrzehnten künstlerischer
(schmal)filmproduktion. abgesehen davon, dass auch im fernsehen in der
regel hi8- oder minidv-produktionen genausowenig nicht laufen, weil die
nach ansicht der meisten dort arbeitenden techniker "nicht sendefähig"
sind.
noch etwas, was (verzeihung!) nur bedingt etwas mit der ursprungsmail
zu tun hat: was das nicht-einhalten von "qualitäts-standards" mit
"künstlerischer freiheit und kreativität" zu tun hat, habe ich 'eh noch
nie verstanden, ganz ernsthaft. mir hat nie jemand dieses in meinen
augen höchst halbgare, treudoofe pseudo-guerilla-konzept für mich
nachvollziehbar erklären können, warum künstler angeblich dazu neigten,
arbeiten möglichst bescheidener technischer qualität zu produzieren,
was meiner beobachtung nach häufig zu dem fatalen umkehrschluss führt,
in die produktion einer arbeit müsste nur genügend unverständnis der
bedingungen der materie mit einfliessen, um einem künstlerischen
anspruch zu genügen. ich sage damit wohlgemerkt nicht, dass eine
verweigerung gängiger "sauberkeits"ansprüche nicht auch höchst legitim,
künstlerisch absolut notwendig undsoweiter sein kann, ganz im
gegenteil. bloss scheint mir das oft nicht unbedingt eine (im
volkspsychologischen sinn) "freie" oder "bewusste" entscheidung zu
sein.
genau wie auch einiges von dem was ich an videokunst gesehen habe
eigentlich das medium nicht unbedingt braucht, sondern imho auch auf
z.b. 35mm-film genauso (oder sogar besser) funktionieren würde und die
entscheidung pro video wohl eher eine der produktionskosten war/ist.
auch das: vollkommen legitim. nur würde ich dem dann nicht
notwendigerweise das etikett "videokunst" verpassen. was mich - mit
einem weiteren gedanklichen haken - auch dazu bringt, den obenstehenden
"besonderen reiz" für gar nicht so reizvoll zu halten, sondern eher für
ziemlich problematisch, da meines erachtens das übertragen einer
(künstlerischen) arbeit in ein anderes medium die arbeit *an sich* mehr
oder weniger (je nach bindung an das gewählte medium) stark verändert,
zumindest sofern eine "bewusste" wahl für ein bestimmtes medium
getroffen wurde.
und wann kriegen wir eine 90jahre-net.art-retrospektive im kino auf der
grossen leinwand? jodi-browsergeflacker, doom-engine-hacks, <blink> &
co. ganz mediengerecht im breitwandformat (oder am besten im imax)?
*das* wäre doch auch mal was! >;->
> Mit der medien\kunst\rolle soll nicht zuletzt auch ein neues Publikum
> angesprochen werden, das Fernsehen wenig oder gar nicht nutzt.
hm, "eine neues(!) publikum", das "fernsehen nicht nutzt", gibt es das
denn? oder trifft das nicht eher auf eine handvoll alt68er zu, die das
massenmedium gewordene *böse* immer noch nicht in ihr haushaltsbiotop
hereingelassen haben?
herzliche grüsse
sascha
- --
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