[rohrpost] différance
mongo flattner
onomastik at braan.org
Sam Jul 3 23:09:38 CEST 2004
Braan,
lies das mal, darauf bin ich gestossen, weil jemand bei yahoo "Weiber
mit schmalem Arsch" eingegeben hat und dabei auf dein "Seppeltreffen"
gestossen ist.
Daniel Rosenblatt
Schattenarbeit (Teil 1)
Aus der Praxis der Gestalttherapie
Aus der Gestaltkritik
Gestaltkritik - Die Zeitschrift mit Programm aus dem Gestalt-Institut
Köln
Gestaltkritik (Internet): ISSN 1615-1712
Themenschwerpunkte:
• Gestalttherapie und ihre Weiterentwicklung
• Gestalttherapie als spirituelle Suche
• Gestalttherapie als politische Praxis
Gestaltkritik verbindet die Ankündigung unseres aktuellen
Veranstaltungs- und Weiterbildungsprogramms mit dem Abdruck von
Originalbeiträgen: Texte aus unseren "Werkstätten" und denen unserer
Freunde.
[Hinweis: Navigationsleiste am Seitenende]
Hier folgt der Abdruck eines Beitrages aus der Gestaltkritik 1-2002:
Daniel Rosenblatt
Schattenarbeit (Teil 1)
Aus der Praxis der Gestalttherapie
Daniel Rosenblatt
Liebevolle Achtung und leidenschaftliche Beharrlichkeit zeichnen Dan
Rosenblatts gestalttherapeutische Arbeit aus. Er arbeitet geduldig,
ohne hartnäckig zu werden. Ohne beweisen oder gewinnen zu müssen. Seine
Bereitschaft, Menschen zu begleiten, hat jenen langen Atem, jene
Zugewandtheit und Achtsamkeit, die die Seele braucht, um lernen zu
können. Zugleich ist seine Gestalt-Arbeit auf eine sehr wirksame Weise
einfach. So ursprünglich, so pur wie ihn sah ich nur einen weiteren
Menschen arbeiten: Lore Perls, seine Lehrerin, deren engster Vertrauter
er später war.
Im folgenden Beitrag öffnet er uns Leserinnen und Lesern großzügig auch
die Tür zu seinen eigenen inneren Prozessen, während er arbeitet. Er
berichtet von seinen eigenen Erfahrungen, von seiner Gegenübertragung,
von seinen Werten, seinen Ängsten und seinen eigenen Bedürfnissen - und
auch von seinen Fehlern. Auf diese Weise wird deutlich, was es heißt,
daß der Gestalttherapeut "sein eigenes Instrument" ist.
Den zweiten Teil dieses Beitrags finden Sie unter diesem Link!
Der Herausgeber
Timmy kam zu mir auf Empfehlung eines ehemaligen Partners, eines
Antiquitätenhändlers, der früher einmal in Therapie bei mir war. Weil
Timmy von der Heterowelt nur Ablehnung und Verurteilung erwartete,
hätte er an Therapie bei einem Heterosexuellen nie zu denken gewagt.
Timmy war weich, sanft und voller Scham. Er ließ sich von einer reichen
Witwe aushalten, bumste mit ihr aber so wenig wie möglich und in der
Hauptsache dann, wenn er für eine seiner Unternehmungen ihre Hilfe
brauchte. Meine Hilfe suchte er wegen psychosomatischer Beschwerden:
Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Blähungen, übermäßigem Schwitzen und
schlechtem Atem. Er trug etwas zu viel Schmuck, roch ein bißchen zu
sehr nach Canoe, hatte das Haar mit Pomade gestriegelt. Er rief ein
Gefühl sozialen Dünkels wach, das ich eigentlich nicht mag. Ich
bewahrte mir einen gewissen Abstand zu seinem Leid und zu dem, das er
Meg, seiner zweiundsechzig Jahre alten Dame, antat.
Den Namen Timmy (nicht Tim oder Timothy) hatte sich Mario selber
zugelegt. Er meinte, "Timmy" klänge gediegener, denn darin verriete
sich nichts von seiner Herkunft als Latino aus der Unterschicht, mit
der er nichts mehr zu tun haben wollte. Timmy war als jüngstes von
sieben Kindern im Kreise von Tanten, Onkeln, Cousins und Großeltern in
der Südbronx aufgewachsen. Als er sechs Jahre alt war, bekam sein
Vater, der seine Mutter regelmäßig verprügelte, einen Herzanfall und
starb. Timmy war nett und freundlich und bekam von seiner Mutter und
seinen Verwandten viel Aufmerksamkeit geschenkt. Daraus entwickelte
sich ein wesentlicher Zug, über den er sich definierte: Er fand sich
mit siebenunddreißig Jahren einfach unwiderstehlich. Ihm war völlig
unbegreiflich, daß ich von ihm nicht hingerissen war, aber für solchen
blanken Narzißmus hatte ich nur ein leicht verächtliches Lächeln übrig.
Ich fand, er besaß wohl einen gewissen natürlichen Charme, aber nichts
von der urtümlichen sexuellen Ausstrahlungskraft eines goldigen
Strichers, eines bulligen LKW-Fahrers oder eines rauhen
Straßenarbeiters. Nun war Timmy aber auch nicht zu einer persönlichen
Verabredung oder zur moralischen Vervollkommnung bei mir. Vielmehr
hatte er dauernde Kopfschmerzen, schwitzende Armhöhlen, übelriechende
Fürze und einen kneifenden Magen - Symptome, die ihn sehr belasteten.
So beschloß ich, meine persönliche Abneigung gegen sein pomadiges
Auftreten und seine Großspurigkeit zur Seite zu legen und mich mit
meinem beruflichem Selbst zu engagieren. Hier war eine Seele in Not,
Timmy litt. Und ich beschloß, für ihn mein Bestes zu tun.
Am Ende des Tages wollte ich mir ein Video über Starman (1) ansehen,
mußte aber immer wieder an Timmy und Meg denken. Also schaltete ich das
Video wieder ab und wandte mich den störenden Gedanken zu. Wie die
meisten Amerikaner war ich dazu erzogen worden, sexuelle Ausnutzung
abzulehnen. Vergewaltiger, Kinderschänder, Zuhälter, Dirnen, Huren und
Freier, männliche wie weibliche (in dieser Reihenfolge der
Schandbarkeit) verachtete ich. Wenn ich nun Timmy "umerziehen" sollte,
damit sich seine Symptome besserten, so würde ich genau festlegen
müssen, wie weit ich mit dem "Lehrplan" gehen könnte. Sollte ich Timmy
etwa zu einem Kurs in Karriereplanung anhalten, damit er aus seinen
Lebensverhältnissen herausfände, obwohl es ihm darin doch scheinbar gut
ging? Wenn ich ihm helfen wollte, würde ich sicher erst einmal mich
selbst umerziehen müssen und meine von Kindheit an bestehenden
Einstellungen gegenüber Ausnutzung und Verkauf von Sexualität
überdenken müssen! Denn wenn ich es nicht auf mich nähme, an mir selber
zu arbeiten, würde mein mögliches Mitgefühl für Timmy wegen meiner
Ablehnung seiner sexuellen Praxis blockiert bleiben - wahrlich eine
unhaltbare Position für einen schwulen Therapeuten.
Mir fiel das Musical My Fair Lady ein. Das mangelnde Mitgefühl des
Sprecherziehers für Liza Doolittle hätte fast alles verdorben. Liza
hätte fast nach der ersten Stunde aufgehört, wären nicht Henry Higgins
Bedienstete und sein Freund Colonel Pickering so einfühlsam mit ihr
umgegangen. Am Ende des Stückes sagt Eliza, das entscheidende sei
gewesen, daß Colonel Pickering sie stets wie eine Dame behandelt hatte.
Genau so würde ich Timmy mit der Würde und Achtung behandeln müssen,
die man einem Gentleman entgegenbringt. Als sich Eliza ein
Blumengeschäft kaufen will, redet ihr der Colonel dies nicht etwa als
kleinbürgerliches Ziel aus, sondern gibt ihr sogar noch Geld dazu. Er
behandelte sie also als Dame, ohne darauf zu bestehen, daß sie wirklich
eine Dame würde. Pickering wußte die Erziehung Elizas in Grenzen zu
halten. Bis zu welcher Grenze würde ich mit Timmys Erziehung gehen
sollen? Mir und Timmy blieb noch viel zu tun, mehr als für diesen einen
Abend. Dem Wesen der Prostitution wird in Mistress Warren's Profession
von George B.
Shaw (2) genauer nachgegangen, aber ich wollte heute nicht mehr darüber
nachdenken. Ich wollte dieses unschöne Stück warten lassen, mich
erholen und mich wieder der wunderbaren Romanze von Starman und seiner
Freundin zuwenden.
Therapie war harte Arbeit für Timmy. Er hatte an einer kleinen
katholischen Universität in Westchester zwei Jahre studiert, aber
schlecht abgeschnitten. Das Lernen aus Büchern war für ihn nur ein
Mittel zum Zweck, um seine ungehobelte Erscheinung zu polieren, es war
nur eine Eintrittskarte in die Gesellschaft. Durch den Besuch einer
traditionsreichen Schule wollte sich Timmy sozusagen ein soziales
Schmuckstück zulegen. Dabei hatte er auch gelernt, daß Fragen erlaubt
ist. Zum Beispiel fragte er in der Therapiegruppe und in
Einzelsitzungen "Wer war Faulkner?", "Wo ist die Alhambra?", "Was ist
ein Kibbuz?". Aber wenn er eine Antwort bekommen hatte, ging er niemals
darauf ein, um sein Verständnis zu vertiefen. Er wollte nur mitreden
können, nicht selber diskutieren.
Viele von Timmys Symptomen hingen mit seiner Angst zusammen. Nachdem
ihn Meg zu ihrem Gesellschafter gewählt hatte, gelangte er in die
Kreise der oberen Mittelschicht. Dort fühlte er sich wie ein
Eindringling und Betrüger. Er wußte, daß er es als sozialer Aufsteiger
nicht schaffen würde, denn es war eben nicht genug, eine Tafel decken,
ein Salatbesteck benutzen und das Geflügel zerlegen zu können. Ihm
fehlte bei Megs Freunden der Boden unter den Füßen. Er war voller
Unsicherheiten über seine Kleidung, die Ethan-Allen-Möbel (3) in seiner
Wohnung, die Nouvelle Cuisine, die er einfach nicht mochte. Als
allseits bewundertes Kind in einer vielköpfigen Latino-Familie hatte er
nie die Mühe kennengelernt, welches Stück Seife von Roger&Gallet man
auswählen solle oder ob 4711 inzwischen aus der Mode sei. Vor allem
fand er die Geschlechtsorgane von Frauen widerlich, ihr Aussehen, ihren
Geruch und ihren Geschmack. Und hier war er nun in ein heterosexuelles
Verhältnis mit Meg eingebunden, einer Frau, die ihm seine Wohnung und
seine Reisen bezahlte und die zweiundsechzig Jahre alt war, älter als
seine eigene Mutter.
Timmy legte Wert darauf, daß Meg von seinen homosexuellen Beziehungen
wußte. Damit wollte er nicht Ehrlichkeit an den Tag legen, sondern sich
in erster Linie Meg sexuell vom Leibe halten und sein Recht auf ein
eigenes Leben zum Ausdruck bringen. Meg hörte sich seine Geschichten an
und legte sich dann ihre eigenen zurecht: "Du bist an Männern nicht
wirklich interessiert, Timmy. Bei der Art, wie du Sex mit mir machst,
kann das einfach nicht sein. Ich weiß es." Oder sie meinte, er hätte
nur früher einmal Geschmack an Männern gefunden, bevor er wußte, wie
gut es in Wahrheit mit Frauen ist; aber dies sei jetzt Vergangenheit.
Oder wenn sie besonders zynisch war, dachte sie: Gegenwärtig ist er mit
mir zusammen, und wenn er nun schon mal ein bißchen herumstreunen muß,
dann doch lieber mit einem Mann als mit einer hübschen jungen Frau. Was
ist schon dabei. Timmy ist gerade so gut, wie ich ihn mir mache.
Meg wußte, daß sich ihre heterosexuellen Mittelschichtfreunde daran
störten, daß Timmy Latino war und von ihr ausgehalten wurde. Ihr machte
das nichts aus, jedoch Timmy durchaus. Er wollte Anerkennung. Und
vielleicht fühlte er sich irgendwo im Innersten dafür schuldig, was er
Meg antat, und vielleicht auch dafür, was er sich selbst antat. Es war
zumindest meine Vermutung, daß ein Teil von Timmys Angst und
psychosomatischen Beschwerden Folge seines Schuldgefühls wären. Aber
herauszufinden, ob er sich tatsächlich schuldig fühlte, oder ob ich
meine eigenen Werthaltungen auf ihn projizierte, würde nicht so leicht
werden.
Als wir mit der Arbeit begannen, hatte Timmy nur beschänkte
Vorstellungen von Therapie und dem Therapieprozeß. Da er wußte, daß
viele von Megs Freunden einen Therapeuten hatten, hielt er seinen
Schritt in die Therapie für mutig und außerdem für modern. Zu Beginn
benahm er sich überaus höflich und freundlich. Schließlich war er nur
Krawattenverkäufer bei Countess Mara, ich dagegen ein Doktor von der
Harvard Universität. War dies also nicht der richtige Stil, wie man mit
einem Doktor umgeht? Außerdem suchte er meine Hilfe für Symptome, die
ihn gesellschaftlich in die Ecke manövrierten und derer er sich sehr
schämte.
Ich glaube, daß jeder Mensch vor der Aufgabe steht, der Welt einen Sinn
zu geben und sich dann zu ihm passend zu verhalten. Deshalb wird jeder
unausweichlich zum Psychologen und Philosophen. Ich wußte, daß auch
Timmy seine eigenen Werte und Weltanschauungen hatte, auch wenn er sie
nicht in Worte fassen konnte. Ich wollte ihm helfen, seine
grundlegenden Auffassungen darüber, wie die Welt funktioniert und wie
er in ihr funktioniert, besser zu verstehen. Dabei wußte ich, wenn ich
mit meinen Mittelschichtauffassungen seine Auffassungen verurteilte,
würde ich ihn nicht erreichen. Deshalb war auch ich auf meine Weise
höflich und freundlich. Und auch ich war ein Schwindler und Betrüger,
insofern ich tatsächlich mißbilligte, wie er Meg ausnutzte, mir aber
aus beruflichen Gründen kein Urteil und keinen Einspruch erlaubte,
solange die beiden denn zufrieden waren. Allerdings ob Timmy
tatsächlich zufrieden war, würde ich noch in Erfahrung bringen müssen,
und bei Meg war ich mir auch nicht ganz sicher.
Noch etwas beunruhigte mich. Ich empfand Timmy als Schleimer, fühlte es
im Bauch, spürte es als Aufruhr im Magen. Mir wurde nicht gerade übel,
aber ich hatte einen sauren Geschmack im Mund, wie wenn ich etwas
gegessen hätte, das zu scharf gewürzt war. So also hatte ich in
Reaktion auf Timmy meine eigenen psychosomatischen Symptome. Woran
machte sich nun mein Eindruck fest? Ich konnte drei Elemente benennen.
Das erste war Timmys pures Eigeninteresse. Er sah die Welt wie ein
Wolfsrudel: Friß oder werde gefressen. Stiehl oder werde bestohlen.
Dabei mag die Armut zu seiner einseitigen Ansicht über menschliche
Beziehungen beigetragen haben. Das zweite waren Timmys selbstgerechte
Rationalisierungen. Er behauptete, Meg bekäme für ihr Geld einen guten
Gegenwert, er würde sich um sie kümmern und ihren Interessen
bestmöglich entgegenkommen. Und schließlich waren da seine
Unterschichtwerte: Geld bedeutet alles; auf Liebe ist kein Verlaß; mit
einem dicken Konto kommt alles in Ordnung; Privateigentum und
Grundbesitz sind heilig. Einer seiner größten Triumphe war, daß er Meg
dazu gebracht hatte, ihm eine Wohnung kaufen und auf seinen Namen
eintragen zu lassen.
Ich hatte manche Berührungspunkte mit Timmy. Meine Eltern waren vor
achtzig Jahren wegen Diskriminierungen aus Osteuropa ausgewandert, doch
nur um sie im Gelobten Land erneut zu erleben. Mir war Timmys Wunsch
sympathisch, auf der sozialen Leiter aufzusteigen, gerade so wie ich es
selber tat. Jedoch seine Mittel zum Aufstieg waren eine Herausforderung
für die meinen. Er wollte seinen sozialen und sexuellen Charme
einsetzen, um Menschen auszunutzen; ich wollte meine intellektuellen
Fähigkeiten dafür zur Verfügung stellen, Menschen bei der
Selbsterkenntnis zu helfen. Ich wußte, daß seine Selbstgerechtigkeit
einen engen Bezug zu meinen Schuldgefühlen hatte, und fragte mich, ob
nicht Timmy gewissermaßen der Alptraum meiner selbst sei und ich ihn
deshalb so anwidernd fand. Manchmal hatte ich im Scherz auch über meine
Arbeit als Therapeut gesagt, daß sie der einer Hure gleiche: Wir haben
beide Kunden, werden beide nach Stunden bezahlt, wir bleiben beide aus
professionellen Gründen moralisch neutral. Offenbar würde ich wohl
meinen Blick auf zwei Klienten richten müssen: auf Timmy mit seinen
psychosomatischen Beschwerden und auf Danny mit seinen
psychosomatischen Reaktionen.
Von der ersten Sitzung an hielt ich Timmys Großtuerei für eine Abwehr
gegen seine schlechte Meinung über sich selbst. Dies bestätigte sich,
als ich ihn bat, mehr über seine Symptome zu erzählen. Er fing damit
an, noch einmal aufzuzählen, wie sehr sie ihm alle zu schaffen machten:
der schlechte Atem, das Schwitzen, das Furzen. Ich sagte, um ihnen
etwas näher zu kommen, wäre es vielleicht gut, ihrer möglichen
Bedeutung nachzugehen. Dann bat ich Timmy, sich einen Moment auf sich
selbst zu konzentrieren, dann auf seinen Atem, und sich dann mit seinem
schlechten Atem zu identifizieren und als sein schlechter Atem zu
sprechen. Erst wies er das von sich als zu weit hergeholt, aber mit
weiteren Anstößen von mir ging er schließlich darauf ein. "Ich bin
Timmys schlechter Atem". Er unterbrach sich: "Das ist bescheuert... Das
ist wirklich verrückt... Na gut, ich probier's nochmal, also: Ich bin
Timmys schlechter Atem. Ich stinke regelrecht. Die Leute weichen mir
aus, weil ich so übel rieche. Ich bin wie Giftgas. Etwas in Timmy ist
am Verfaulen, wie in einer Kloake." Und mit: "Bah, das ist ja
widerlich", hörte er dann auf.
"Nun, Timmy, das ist überhaupt nicht verrückt, du bist nicht verrückt.
Wir können uns die Bilder, die dir zu deinem schlechten Atem gekommen
sind, ja mal genauer ansehen. Sie sind sehr stark: Eine Kloake,
Verfaulen, übler Gestank, Giftgas. Was kannst du mit diesen Bilder
anfangen?"
Timmy war erschüttert. "Verdammt, ich fange an zu schwitzen. Ich bin
hierher gekommen, um Hilfe zu bekommen, und jetzt krieg ich
Kopfschmerzen." Ich wartete und wiederholte dann: "Was kannst du mit
diesen Bildern anfangen, Timmy?" Er machte eine Pause. "Na gut.
Manchmal fühl ich mich mit mir selber einfach mies. Aber das tut doch
jeder, oder?" Dann wurde seine Stimme weicher: "Manchmal habe ich einen
regelrecht Haß auf mich. Ich finde mich widerlich und will von mir weg.
Irgendwo tief drinnen sitzt das. Und es ist immer da." Timmy bekam
feuchte Augen, allerdings kamen ihm keine Tränen. "Habe ich den
schlechten Atem deshalb?"
"Ich weiß nicht, warum du schlechten Atem hast, Timmy. Aber sag mehr
über die Gefühle, die du verstecken willst. Natürlich kannst du sie
auch weiterhin verstecken, aber sie werden dadurch nicht verschwinden,
sondern werden weiter gären. Ich wünsche mir, daß du unsere Zeit hier
dafür nutzt, um herauszufinden, was in dir vorgeht."
"Ich weiß nicht, ob ich darüber mehr wissen will, wenn das eben ein
Beispiel dafür war!"
"Timmy, dann will ich dich nur noch um eines bitten, und danach können
wir unsere Arbeit für heute beenden. Geh doch noch einmal zurück, geh
in dich hinein, geh zu dem fauligen Geruch, der Kloake, dem Giftgas ...
Bist du jetzt dort?"
Er nickte.
"Und schau dich mal um, wo dieser Geruch herkommt. Und sag mir dann,
was du gefunden hast."
Timmy schwieg über eine Minute lang, dann sagte er: "Ich hasse mich,
weil ich schwul bin. Ich hasse es, Puertoricaner zu sein. Ich hasse es,
arm zu sein. Alles ist verdorben und faul. Alles stinkt zum Himmel!"
Und jetzt liefen im die Tränen übers Gesicht und benetzten sein
Sulka-Hemd und seine Countess-Mara-Krawatte. Seine Stimme schwoll vor
Ärger an: "Und das Übelste an allem ist, daß ich überhaupt nichts
dagegen machen kann!"
"Was du daran ändern kannst, ist, was für Gefühle du dazu hast. Das ist
ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Schwul zu sein oder Puertoricaner zu
sein ist kein Grund, um sich selbst zu hassen."
"Sie haben gut reden. Sie sind weder Puertoricaner noch arm. Und ich
wette, daß auch Sie es hassen, schwul zu sein."
"Richtig daran ist, daß ich es früher auch haßte, schwul zu sein. Ich
schämte mich dafür sehr. Aber meine eigene Therapie hat mir darüber
hinweggeholfen, und ich hoffe, deine wird dir dabei helfen.
Puertoricaner bin ich keiner, aber ich bin Jude, und ich bin heute
durchaus stolz darauf, mehr als ich es in der Kindheit war. Genauso
kannst du stolz darauf sein, daß du Puertoricaner bist, und wir können
uns das, was du dagegen hast, in ein, zwei Minuten einmal genauer
ansehen. Was das Armsein angeht, so finde ich das nicht das
Entscheidende auf der Welt. Ich erinnere mich an die große
Wirtschaftsdepression 1933, als wir alle arm waren; trotzdem hat uns
das nicht davon abgehalten, auch unser Vergnügen zu haben. Und einmal
ehrlich, Timmy, hast du nicht auch jede Menge Spaß gehabt, als du noch
ein Kind warst und draußen in der Bronx gelebt hattest?"
Er lächelte: "Ja klar. Aber ich fand es trotzdem schrecklich, arm zu
sein, und ich schwor mir, daß ich dort herauskäme, und das habe ich
auch geschafft. Bloß fühle ich mich heute immer noch arm. Ich träume
oft, daß ich immer noch draußen in der Bronx bin, in all dem Lärm und
Durcheinander. Es ist dreckig und stinkig, und die Leute laufen in
billigen alten Klamotten herum. Ich will nicht zurück. Nicht einmal
dann, wenn es mir dort als Kind auch mal gut ging."
"Du brauchst auch nicht zurückzugehen und in der Bronx zu leben. Was
für dich ansteht, ist die Verabschiedung von all diesen negativen
Gedanken über das Schwulsein, über Puertoricaner, über Armut. Ich hatte
vorhin gesagt, ich würde dir heute nichts mehr zum Bearbeiten geben,
aber jetzt möchte ich doch noch eine Aufgabe stellen. Wenn du nicht auf
sie eingehen willst, kannst du sie auch sein lassen. Ich möchte dich
bitten, aufzuzählen, was es Gutes hat, schwul zu sein, Puertoricaner zu
sein, arm zu sein. Einverstanden?"
"Ja okay. Also, was ist gut daran, schwul zu sein?" Timmy verdrehte die
Augen, dann zog ein breites Lächeln über sein Gesicht. "Ich finde
cruisen (4) einfach gut: einen Typen finden,
den ich will, und ihn dann auch kriegen. Und ich finde Sex mit einem
Typen geil, da kommt nichts anderes gegen an. Und ich finde schwule
Kneipen gut, wenn sie wirklich laufen, wenn die Musik okay ist, die
Typen gut aussehen, wenn ich ein paar Glas getrunken habe oder einen
Joint geraucht, und wenn es mir einfach gut geht. Sie haben recht, das
ist echt Wahnsinn. Aber ich finde Diskriminierungen schlimm, und ich
kann diese Schwulenorganisationen nicht ausstehen, die die
Aufmerksamkeit immer auf die Schwulen lenken. Ich mag Politik sowieso
nicht. Ich will einfach nur Spaß am Schwulsein haben."
"Einen Moment, Timmy, bleibt eben nur bei dem, was du am Schwulsein gut
findest."
"Was noch? Also ich finde Parties gut. Und wie Schwule sich bewegen,
und was sie für Sachen anziehen, und wie sie sie tragen. Schwule sind
einfach beweglicher, flotter, lebendiger. Und deswegen hassen uns die
Heteros; sie sind einfach neidisch."
"Bleib ausschließlich bei dem, was am Schwulsein gut ist."
"Ich mag den Strand auf Fire Island (5), den Sand, die Wellen. Ich mag
den Teadance im Boatel (6), die wilden Parties, den Fleischmarkt (7),
am liebsten wäre ich jetzt dort."
"Und jetzt zum Puertoricaner. Was ist daran gut, Puertoricaner zu sein?"
"Das ist schwer zu beantworten. Ich könnte nur sagen, was ich daran
hasse."
"Gut, dann das zuerst."
"Ich hasse das Gewühle. Es sind zu viele Kinder da. Zu viele fette
Weiber mit breitem Arsch und dicken Titten. Zu viele faul herumhängende
Typen. Ich kann all diese Kirchen nicht ab. Die Katholiken. Die
Pfingstler. Die dich nur kontrollieren wollen und dir vorschreiben, was
du zu tun und lassen hast. ... Ich könnte den ganzen Tag so
weitermachen."
"Dann mach damit weiter."
"Ich hasse die Gerüche. Diesen säuerlich Geruch von muffigen, alten
Klamotten. Den Geruch von billigen Imbißbuden, von pappigem Reis, von
altem Frittieröl .. Es reicht jetzt!"
"Gut. Und was magst du daran, Puertoricaner zu sein?"
"Ich mag wirklich sehr das Essen, wenn es gut gemacht ist, die Gewürze,
den Paprika, den Safranreis, wenn er richtig zubereitet ist. Und ich
mag die Farben, diese leuchtenden Farben, wenn die Leute sie richtig zu
tragen wissen. Und der geile Gang der Männer, wie sie die Hüften
bewegen und sich vorwärtsrollen, und wie sie sich immerzu an den
Schwanz fassen, hinfühlen und nachsehen, daß er da ist und jederzeit in
Aktion gehen kann. Und ich liebe die Puertoricanische Weihnacht, wie
die Menschen glücklich sein können, lachen, sich eine gute Zeit machen
und dafür den letzten Groschen hergeben, egal wie arm sie sind."
"Und was ist mit dem Armsein? Was ist daran gut?"
"Nein, Herr Doktor, tut mir leid. Heute nicht. Sogar wenn ich etwas
finden könnte, ich will nicht. Ich finde es schrecklich, arm zu sein.
Das werden sie mir nicht wegnehmen. Ich kann mir vielleicht ansehen,
was daran gut ist, schwul zu sein und Puertoricaner zu sein, und das
bringt mir auch was. Aber nicht mit dem Armsein. Das ist, als ob Sie
von einem Kranken wollten, daß er das Gute an Krebs findet."
"Wenn du Krebs hättest, würde ich dich tatsächlich danach fragen, was
das Gute daran ist, Krebs zu haben."
"Na meinetwegen. Aber ich bin ja eben auch gar nicht arm, und ich werde
auch nicht arm werden. Also brauche ich mir auch keine Gedanken zu
machen, was am Armsein gut ist."
"Vielleicht kannst du dir ansehen, was am Armsein so erschreckend und
erschütternd ist?"
"Vielleicht, vielleicht. Aber nicht heute. Ich hab für einen Tag genug
getan."
Und Timmy hatte in der Tat genug gearbeitet. Er hatte mich sehr
beeindruckt, wie offen er sich auf manche erschreckenden Themen
unmittelbar einlassen konnte, und ich war ganz zuversichtlich, wie es
mit seiner Therapie weitergehen würde. Nicht so sicher war ich mir
allerdings, wie weit wir mit seiner Angst vor der Armut kämen. Aber ich
gebe die Hoffnung nie auf; sie ist einer der besten Verbündeten für
Therapien.
Timmy kam im Laufe der Therapie seinen eigenen Zielen näher und wuchs
dabei über sich hinaus. Nach der Erkundung seiner tieferen Gefühle und
Motive erlebte er eine große Erleichterung und seine Symptome besserten
sich, wenn sie auch nicht völlig verschwanden. Timmy schätzte an mir,
daß ich seine puertoricanische Herkunft akzeptierte. Er faßte mehr
Vertrauen und war nicht mehr so gehemmt wegen fehlender Bildung. Ich
wies ihn darauf hin, daß ihn andere Menschen wegen seiner
bodenständigen, spontanen Gefühlsreaktionen mochten, und er nahm dies
gerne als ein weiteres Element an, das ihn attraktiv machte.
Timmy lernte Therapie auch dazu zu benutzen, Ängste und Sorgen
einzubringen und zu klären. Er gab mir Geld für eine Dienstleistung,
also wollte er auch so viel wie möglich dafür bekommen. Er wollte nicht
nur seine Symptome heilen, sondern auch möglichst viel von dieser Welt
begreifen, vor der er so viel Angst hatte.
Ich freue mich immer, wenn ein Klient etwas aus seiner Therapie machen
kann, weniger an Symptomen leidet und sich überhaupt besser fühlt.
Zwischen Timmy und mir bestand ein solches therapeutisches
Arbeitsbündnis. Allerdings mußten wir auch noch darauf kommen, wie er
Meg ausnutzte bzw. darauf, daß er dies überhaupt als Ausnutzung
wahrnahm. Ich hoffte, wenn er unsere
Arbeit im Laufe der Zeit genügend zu würdigen wußte, würden wir auch
noch zu diesem Punkt kommen - zu meinem Punkt.
Über diesen meinen Punkt machte ich mir noch mehr Gedanken. Ich
überlegte, wann er bei mir im Leben zum ersten Mal aufgetaucht war. Mir
fielen zwei Situationen ein, in denen ich - ähnlich wie Timmy - der
Liebhaber einer älteren Frau werden konnte, um daraus einen
persönlichen Vorteil zu ziehen. Die erste Situation begegnete mir, als
ich dreiundzwanzig Jahre alt war. Damals, in der dunklen Epoche der
späten vierziger Jahre, hatte ich gerade meine Therapie bei Laura Perls
begonnen, um mit meinen homosexuellen Gefühlen klarzukommen. Fritz und
Laura Perls waren gerade von Südafrika, wo sie zehn Jahre im Exil
zugebracht hatten, nach Amerika übergesiedelt. In New York als einem
Zentrum orthodoxer Psychoanalyse hatten sie den Ruf linksorientierter
Abweichler. Ich war der zweite Klient, den Laura in New York hatte. Die
Theorie der Gestalttherapie war noch nicht entwickelt, das Buch Gestalt
Therapy (8) noch nicht geschrieben. Ich hatte seinerzeit eine
Beschäftigung als Schul- und Hauslehrer an der Hessian Hills School in
Croton on Hudson, einer fortschrittlichen Schule, die von John Deweys
(8) Schülerin
Elizabeth Moos gegründet worden war. Als neue Direktorin war Winifred
Dahlberg von der Winetka Day School in Illinois gekommen. Wir fingen
alle miteinander neu an, weil nach den Peekskill-Unruhen von 1948 (10)
das gesamte Personal entlassen worden war und wir einen neuen Anfang
machen sollten. Winifred hatte vier Kinder, zwei von jedem ihrer beiden
früheren Ehemänner. Ihr erster Mann war Harry Moore gewesen, ein
Biograf von D.H. Lawrence, ihr zweiter Mann war Edward Dahlberg, der
Autor des von T.S. Eliot hochgelobten Buches "Bottom Dogs". Winifred
war fünfunddreißig und damit ein Dutzend Jahre älter als ich. Eines
Abends, nachdem sie zu viele Martinis getrunken hatte, kam sie zu mir
aufs Zimmer und ging mit mir ins Bett. Sie war eine attraktive Frau,
ein kluger Mensch, und zuvor die Gattin von zwei berühmten
Schriftstellern. Ich ließ ihre Verführung geschehen, und wir wurden
Partner. Wir betranken uns öfter, spielten Platten von Judy Garland,
tanzten zusammen und ging dann miteinander ins Bett. Trotzdem war ich
dabei unglücklich. Ich fand es zwar eine aufregende Entdeckung, daß es
auch für mich Sex mit Frauen geben konnte, aber ich wußte auch, daß ich
mit dieser Rolle nur spielte. Ich kümmerte mich zwar ernsthaft um
Winifred, aber mir war bewußt, daß sie es war, die mich ausgesucht
hatte, während ich mir bei freier Wahl einen Mann ausgesucht hätte.
Nach einigen Monaten wandte sich Winifred einem reichen Mann aus dem
Elternbeirat zu, der ihr bei der Erziehung ihrer vier Kinder und auch
bei der Sanierung der Schulfinanzen helfen konnte. Als das Schuljahr
vorüber war, begann ich mein Promotionsstudium. Ich war erleichtert,
mich in der Liebe nicht länger wie ein Hochstapler zu verhalten. Mit
Winifred hielt ich noch bis zu ihrem Tode den Kontakt, und von ihrem
Sohn, dem ich für kurze Zeit den Vater ersetzte, höre ich auch heute
noch.
In der Therapie bei Laura Perls verbrachte ich viele Stunden mit der
Klärung meiner schillernden Situation und meiner ambivalenten Gefühle.
Auf der einen Seite war Winifred meine Chefin, und ich mochte sie als
Menschen. Auf der anderen Seite war sie für mich trotz ihrer Schönheit
sexuell nicht attraktiv. Wohl war ich noch nicht bereit, mich offen für
schwul zu erklären, aber wenn ich die Beziehung fortsetzen würde,
empfände ich mich als unehrlich und hätte Schuldgefühle. Also konnte
ich die Beziehung nicht länger aufrechthalten.
Gut zehn Jahre später machte ich bei einer Party von Dwight Macdonald
Bekanntschaft mit Muriel Spark. Ich war fünfunddreißig, Muriel Ende
fünfzig. Ihre Bücher The Prime of Miss Jean Brodie (11) und The Girls
of Slender Means (12) hatte ich sehr bewundert. Sie zählte seinerzeit
zusammen mit Iris Murdoch und Angus Wilson zu meinen Lieblingsautoren.
Ihr Vater war ein Jude aus Edinburgh, und vielleicht trug das dazu bei,
daß sie mich attraktiv fand. Für mich war es sehr schmeichelhaft, von
einer so talentierten, berühmten und erfolgreichen Schriftstellerin
beachtet und umworben zu werden. Deshalb ging ich auf ihre Avancen auch
bereitwillig ein. Die Beziehung war kurz und nicht sehr erfolgreich.
Ich war seinerzeit an einem Punkt, daß ich zu einem Leben als
Homosexueller entschlossen war, und Muriel, die den Zenith ihrer
Schönheit überschritten hatte, war auf der Suche nach einem Gefährten.
Ich war niedergeschlagen, mich erneut in einer sexuellen Situation
wiederzufinden, in der ich mir wie ein Betrüger vorkam und mich schämte
und schuldig fühlte. Trotz all der verlockenden Vorteile, die eine
Beziehung mit Muriel bieten konnte, gingen wir nach einer nicht
besonders intensiven oder leidenschaftlichen Affäre wieder unsere
eigenen Wege.
In diesen beiden Episoden hatte ich mich wie Timmy in eine sexuelle
Beziehung mit einer älteren Frau verwickelt gefunden. Aber anders als
Timmy, hatte ich daraus keine persönlichen Vorteil ziehen wollen. Ich
hatte beide Beziehungen ein Weilchen aufrechterhalten, aber doch nicht
allzulange gewartet, um mich daraus wieder zu befreien. Mit den
Entscheidungen, meine Bedürfnisse für kein wie auch immer geartetes
sexuelles Verhältnis zu verraten, fühlte ich mich ehrenhaft. Timmy
hatte sich für die andere Alternative entschieden, und mir wurde klar,
daß ich mich immer noch darüber ärgerte, auf welche Vorteile ich in
beiden Fällen verzichtet hatte. Ich begriff, daß ich Timmy auch deshalb
verurteilte, weil er sich auf das Tauschgeschäft eingelassen hatte. Mir
wurde wieder leichter, und ich hatte mehr Energie für Timmys Therapie
frei statt für meine Selbstanalyse.
Mit Timmy ging es voran. Statt seine Herkunft schlechtzumachen, machte
er Meg mit arroz con pollo und mit burritos bekannt, allerdings noch
nicht mit seiner Mutter. Er dachte sogar daran, sich wieder Mario zu
nennen, und ließ dies nur deshalb bleiben, damit seine Freunde nicht
verwirrt würden. Bei passender Gelegenheit ließ er auch mal ein Wort
oder einen Satz auf Spanisch fallen. In einer Sitzung erzählte er, daß
er die Westsidestory gesehen hätte und daß er bei dem Chor "Wir werden
einen Platz für uns finden, irgendwo, irgendwie" geweint hätte. Vor der
Arbeit mit mir hätte er niemals das Gefühl gehabt, irgendwo auf der
Welt einen Platz zu haben. War es bloß eine Täuschung, wenn ich in
seiner Äußerung einen Fortschritt hörte, er hätte jetzt ein
freundschaftliches Gefühl zu Meg und sie sei fast wie ein Engel, der
ihm zu einem eigenen Platz verhelfen könne?
Manchmal fluchte er auf Meg, weil sie ihn betatschte, überall an ihm
herumfummelte, ihn abknutschte und ihm die Zunge in den Mund schob.
Dann wieder lachte er manchmal obszön und erzählte, er hätte ihr
wirklich heftig in die Titten gekniffen, und nach ein paar Drinks würde
er halt mal schnell in ihr abspritzen. Darin steckte auch ein Angebot
an mich als anderen schwulen Mann, mit ihm zusammen darüber zu lachen,
wie er Meg nebenbei benutzte. Ich fühlte mich dabei in einen Konflikt
gebracht zwischen meiner Rolle als sein Therapeut und meiner Haltung
als Mann, der Frauen nicht feindlich gesonnen ist. Manchmal sagte er
mit eiskalter Stimme: "Für jeden einzelnen Fick wird sie mir teuer
bezahlen." Im allgemeinen war Sex zwischen ihnen sowieso dünn gesät,
schloß Joints und Poppers ein und wurde von Meg auch noch mit
Geschenken belohnt, zum Beispiel einer kompletten Sinatra-Sammlung,
einem weißen Leinenanzug oder einer Reise in die Türkei. Ich hörte mir
das alles an und sagte nichts dazu.
Einmal, als Timmy in der Therapiegruppe wieder einmal über Meg
hergezogen war, griff ihn Roger, ein jüngeres Gruppenmitglied, heftig
an und nannte ihn eine Hure. Darauf explodierte Timmy, daß Roger einen
Dreck davon verstünde und daß er ihm die Scheiße schon aus dem Leib
prügeln werde. Ich blieb zitternd stumm, und die Gruppe schaffte es,
die beiden wieder zu beruhigen. Sie gingen nicht darauf ein, ob Timmy
eine Hure sei, sondern machten klar, wie unfruchtbar solche
persönlichen Angriffe sind. Mir prägte sich besonders ein, wie wütend
und verletzt Timmy auf die Bezeichnung Hure reagiert hatte, und ich
beschloß daraufhin, ihn auf keinen Fall mit dem Wesen seiner Beziehung
mit Meg zu konfrontieren. Aber ich machte mir Gedanken, warum ihn wohl
Roger angegriffen hatte. Es ist ja bekannt, daß Kinder unglaublich
feine Antennen für die verborgenen Gedanken ihrer Eltern haben können
und sie dann zu deren heimlicher Freude laut aussprechen. Hatte Roger
in ähnlicher Weise meine verborgene Meinung erraten? Oder vertrat er
dieselben Einstellungen wie ich nur zufällig und unabgesprochen? Ich
wußte, daß ich auf jeden Fall sehr genau aufpassen mußte, daß meine
persönliche Haltung zu Timmy nicht den Prozeß in der Gruppe bestimmte.
Gewiß kann es oft nützlich sein, einen Klienten mit etwas zu
konfrontieren, vor dem er die Augen verschließt. Aber mir wurde die
Gefahr bewußt, daß ich Timmy, wenn ich nicht sehr feinfühlig mit ihm
umginge, auch aus der Therapie herausdrängen könnte. Für Timmy war es
eben beschlossene Sache, seine Beziehung mit Meg auf der bestehenden
Grundlage fortzuführen, er sah darin kein Problem und wollte dafür auch
keine Hilfe. Hätte ich darauf bestanden, daß dies für Timmy zum Problem
würde, bloß weil ich damit ein Problem hatte, dann hätte ich seine
Therapie in einen Missionierungsversuch für meine Werte verkehrt.
Timmy hatte mir berichtet, Meg würde auch gern eine Therapie bei mir
machen. Das klang verlockend. Die Arbeit mit einem Paar ist anregend
und herausfordernd. Ich finde es faszinierend, welche verborgenen
Themen und unerledigten Geschäfte, welche unausgesprochenen Verträge
und unterschwelligen Verständigungen ein Paar in eine Therapie
mitbringt. Ich hatte schon mit Ehemann und Ehefrau gearbeitet, mit
Beziehungspartner und Beziehungspartner, Bruder und Schwester, Mutter
und Sohn. Aber ich hatte noch nie mit einem Paar gearbeitet, bei dem
der eine Partner den anderen aushält. Zwar hatten manche Paare auch
diese Dimension angesprochen, aber nirgend war sie so offen zu Tage
getreten.
Timmy zufolge hatte Meg nur etwas ganz Simples im Sinn. Weil sie noch
nie im Leben Therapie gemacht hatte, sei sie einfach neugierig
geworden, wie so etwas abläuft. Timmy hätte meine Arbeit gelobt, und da
wäre sie auf die Idee gekommen, sie könne sich einmal mit mir darüber
unterhalten, wie sie den Rest ihres Lebens gestalten wolle.
Das alles hörte sich arg vereinfacht an. Aber ich wurde neugierig,
welche Motive Meg sonst noch hatte, mich in Anspruch zu nehmen. Ich
fragte Timmy, was er dabei empfände, wenn auch Meg bei mir Klientin
würde. Er fand das großartig: Vielleicht würde ich sie ja dazu bewegen
können, ihn sexuell in Ruhe zu lassen; vielleicht könnte ich ihr ja
auch helfen, mit all den Schnorrern um sie herum besser klarzukommen.
Ja, vielleicht.
Meg war schlicht und gediegen. Sie trug ein lila Laura-Ashley-Kleid mit
weißen Handschuhen und hatte einen luftigen weißen Strohhut mit
schmalem Bändchen auf. Das Haar hatte sie blaß honigfarben gefärbt und
trug es glatt zurückgekämmt und zu einem Dutt geknotet. Dankbar sah ich
ihre blanken schwarzen Krokodillederschuhe, die etwas mehr Lebendigkeit
zum Ausdruck brachten. Abgesehen von ihren Bleistiftabsätzen hätte sie
eine Bibliothekarin im Gorlier Club oder eine Krawatten kaufende Lady
bei Countess Mara sein können. Alles in allem hatte sie sich
erfolgreich aufgemacht.
Meg strich sich das Kleid glatt, fuhr sanft über ihre Handschuhe,
vermied meinen Blick und sagte über ihre Entscheidung zur Therapie eine
der Plattitüden, die mir Timmy erzählt hatte. Ich wies darauf hin, daß
die meisten meiner Klienten mehr an akutem Schwierigkeiten litten und
das deutliche Gefühl hätten, daß in ihrem Leben etwas nicht stimme.
Nein nein, erwiderte Meg, ihr Leben sei durchaus in Ordnung, denn sie
habe stets gut für sich gesorgt. Dann blickte sie mir in die Augen,
lächtelte und sagte: "Sie werden hoffentlich wissen, daß Timmy eine der
Lösungen ist, wie ich für mich sorge. Ich mag es, wenn ein Mann
aufmerksam ist." Ich war verwirrt. Verstand Meg ihre Beziehung mit
Timmy so, daß er ihr aufmerksamer Liebhaber sei? Ich schaute ihr in die
blaßgrauen Augen, entdeckte aber keinerlei versteckte Spannung, keinen
Anflug von Schauspielerei. Was hätte sie wohl gesagt, wenn sie Timmys
Beschwerden über ihre sexuelle Reizlosigkeit gehört hätte?
Immer wenn ich mit Paaren arbeite, werde ich zum Hüter von
Geheimnissen, die ein Partner vor dem andern hat. Aber gewöhnlich sind
die Diskrepanzen zwischen den Partnern nicht so gravierend wie bei
Timmy und Meg. Ich sagte: "Timmy ist sehr dankbar für Ihr Interesse an
ihm" und dachte dabei im Stillen: Sie hat nicht Timmy betrogen, sondern
sich selbst. So begannen wir also: Meg zeigte wenig Engagement und warf
mir gelegentlich Brosamen über ihren Lebenslauf zu, ich hörte ihr mit
großer innerer Unruhe zu und suchte nach einem gangbaren Weg, um ihr
die Wahrheit über ihr Verhältnis mit Timmy beizubringen und dabei
dennoch nicht ihr Arrangement mit Timmy zu gefährden.
Da Meg so wenig Leidensdruck hatte, vereinbarten wir, die Therapie zwei
Monate lang zur Probe zu führen und danach auszuwerten. Meg kam treu zu
ihren Terminen und bat mich, ihr Fragen zu stellen. Ich erklärte ihr,
daß ich gewöhnlich keine Fragen stelle, sondern darauf warte, daß der
Klient seine Probleme und Bedürfnisse ausbreitet. Darüber lächelte sie
und fragte: "Könnten Sie mir nicht wenigstens eine Frage stellen, damit
ich hineinkomme?" Ich wollte mich nicht auf eine Debatte einlassen, und
so beschloß ich spontan, Psychoanalytiker zu spielen und mir aus ihren
frühen Lebensjahren erzählen zu lassen. Meg war beglückt, daß es nach
ihrem Kopf gegangen war, und schenkte mir dafür die folgende
Kindheitsgeschichte.
Sie sprach im Ton eines Sachberichts fast ohne jede Emotion.
Meg kam in Revere (Massachussetts), einem Vorort von Boston, als
einziges Kind eines armen englisch-irischen Paars zur Welt. Als sie
vier Jahre alt war, verschwand ihr Vater auf Nimmerwiedersehen. Sie
hätte Träume über seine Rückkehr gehabt, aber heute, im Alter von 62
Jahren, sei ihr sein Verschwinden so unwichtig geworden, daß sie sich
nicht einmal mehr an sein Aussehen erinnern könne.
Meg zog mit ihrer Mutter zu den Großeltern. Als sie sechs war, wurde
sie vom jüngsten Bruder ihrer Mutter sexuell belästigt, aber wie so
viele Opfer kann sie sich an Einzelheiten kaum erinnern. Sie hatte
Angst, ihrer Mutter von dem Vorfall zu erzählen, und sie meinte, ihre
Mutter hätte auch nicht gern davon erfahren, denn dann hätten sie wohl
wieder wegziehen müssen. Den Onkel, der sie belästigte und quälte,
haßte Meg. Sie wünschte, er würde sterben. Im Jahr darauf kam er bei
einem Autounfall ums Leben. Meg fühlte sich daran schuld. Noch heute
kommen ihr beim
Träumen Bilder von seinem verletzten Leib, und dann weint sie
bitterlich über ihren bösen Wunsch.
Als vollentwickeltes Mädchen von vierzehn Jahren wurde Meg von einem
Nachbarn, dessen Ehefrau verkrüppelt war, verführt und halb
vergewaltigt. Er gab ihr ein paar Dollars dafür, aber sie gab das Geld
nicht aus, aus Angst, ihre Mutter könnte mißtrauisch werden. Mit
fünfzehn schaffte sie die High School nicht und ging ab. Sie nahm einen
Job in einer italienischen Bäckerei an, und der Bäcker begann mit ihr
ein sexuelles Verhältnis. Er machte ihr dafür kleine Geschenke wie
billiges Parfüm, ein Armband aus Kieselsteinen und eine Korallenkette.
Meg gewöhnte sich an die Vorstellung, daß Sex etwas ist, wofür man
bezahlt wird, wenn auch nicht unbedingt in Geld.
Sie heiratete einen vierundzwanzig Jahre älteren jüdischen Mann, der
eine kleine Schuhfabrik besaß. Während des zweiten Weltkriegs kaufte
die amerikanische Armee seine gesamte Produktion, so daß er sich daran
gesund stieß. Meg wollte auf keinen Fall Kinder bekommen, und er war
damit einverstanden, denn die Kinder würden ja nicht jüdisch sein
können, weil sie nicht jüdisch war. Nachdem er sich aufs Altenteil
zurückgezogen hatte, unternahmen sie viele Reisen. Vor zwölf Jahren,
als Meg fast fünfzig war, starb er an einer Herzerkrankung und
hinterließ ihr ein Vermögen. Fünfzig Jahre lang war sie nie verliebt
gewesen und hatte nie einen Orgasmus erlebt. Aber eines Winters bei
einer Kreuzfahrt nach Rio wurde sie von einem wunderschönen
südamerikanischen Kellner umschwärmt und verliebte sich zum ersten Mal
im Leben. Eine ganze Woche lang schlief er jede Nacht in ihrer Kabine.
Als das Schiff an Land ging, mußte sie jedoch feststellen, daß ihr eine
Diamantspange, die sie von ihrem Mann geschenkt bekommen hatte, fehlte.
Sie wußte, daß sie den Diebstahl bei der Polizei hätte melden können,
unternahm aber nichts. In Rio begann sie, mit Gigolos auszugehen. Dabei
gab sie auf ihren Schmuck besser acht und entdeckte außerdem, daß sie
beim Sex mehr Lust hatte, wenn sie dafür bezahlte und deshalb auch
verlangen konnte, was sie begehrte. Sie fand heraus, daß sie sich bei
vaginalem Verkehr überwältigt und unterworfen fühlte, aber daß ihr
oraler Sex, bei dem sie nicht Lust gab, sondern empfing, sehr gut
gefiel. Allerdings hatte sie dabei Schuldgefühle und empfand orale
Befriedigung als etwas Schmutziges, weshalb sie sogar dann, wenn sie
dafür bezahlte, nicht direkt zu fragen wagte.
Ich fand es sehr eindrucksvoll, wie Meg mit dem Erbe der erlebten
Traumata ihr Leben eingerichtet hatte. Sie war eine wahrhaftige
Überlebende. Und als sie nun auf das Alter zuging, wollte sie sogar
noch mehr als bloß überleben, sie wollte sogar gewinnen. Vielleicht war
auch ihr Motiv für die Therapie, daß sie mich als Verbündeten gewinnen
wollte, damit Timmy an ihrer Seite bliebe.
Meg hatte mir zu einem Verständnis ihres Geschäfts mit Timmy verholfen.
In ihren frühen Lebensjahren war sie von Männern verführt und benutzt
worden und hatte dafür kleine Geschenke und Belohnungen bekommen. Dabei
hatte sie ihr Gefühl, ausgenutzt zu werden, wie die meisten Opfer
sexueller Übergriffe unter der Decke gehalten. Ihr Einsatz waren eine
gute Figur, reizende Beine, ein schönes Gesicht und eine fügsame
Persönlichkeit gewesen. Dafür hatte sie aus ihrer Sicht und im
Vergleich mit den vielen Nöten und Entbehrungen der meisten Menschen
einen lohnenden Gewinn erzielt. Nun, da sie älter wurde und keine
Kinder zu versorgen hatte, wollte sie ihrerseits jüngeren Männer, die
sich nach ihren Vorstellungen um sie kümmerten, einen Lohn dafür
zukommen lassen. Sie sah sich weit entfernt davon, Timmy auszunutzen,
sondern sie wollte ihm eine Zukunft verschaffen, so wie ihr Mann ihr
die ihre verschafft hatte.
Allem Anschein nach stimmten Meg und Timmy darin überein, daß sie ein
legitimes Abkommen im gegenseitigen Interesse getroffen hätten. Was
also hatten meine Bedenken hier zu suchen? Was trieb mich zu so viel
Mißbilligung? Ich mußte begreifen, was mich so beunruhigte. Wenn ich an
Meg und Timmy dachte, wurde ich ganz verstört. Irgendetwas stimmte hier
nicht, ich spürte es förmlich im Bauch. Und ich wußte aus Erfahrung,
wenn mich etwas dermaßen aufwühlen konnte, dann mußte ich mich selber
bedroht fühlen. Aber was war daran so bedrohlich, wenn Timmy mit Meg
bumste und dafür Geld bekam? Hing es vielleicht mit meinen wenigen
eigenen Erfahrungen mit Prostitution zusammen?
Im Rom traf ich einmal beim Flanieren auf der Via Veneto einen netten
jungen Italiener. Wir setzten uns zu einem Espesso in ein Straßencafé,
und dort wurde mir klar, daß er auf den Strich geht und von mir Geld
erwartete. Ich dachte mir: Na gut, das wäre ja noch einmal etwas Neues,
noch ein Abenteuer, von dem ich zu Hause erzählen kann. Allerdings war
ich im Grunde mit seiner Definition der Situation nicht einverstanden.
Unser Sex vollzog sich routiniert, und zuletzt wollte er von mir "ein
paar Dollars", denn er hatte keinen festen Preis, und er bat mich um
meine Krawatte, die ich ihm auch gern verehrte. Danach fühlte ich mich
irgendwie leer, beschmutzt und beschwingt in einem. Ich hatte jemanden
für Sex mit mir bezahlt, ich hatte eine weitere Schranke zu meiner
sexuellen Befreiung überwunden.
In New York passierte mir ein paar Jahre später so etwas Ähnliches. Ich
kam in einer Bar mit einem attraktiven jungen Mann ins Gespräch. Er war
freundlich, aufmerksam und klug, studierte am Columbia College und
besserte sein Einkommen durch Gelegenheitsstrich auf. Er sagte mir, daß
er sich nur mit Leuten einließe, die er auch persönlich mochte. Für
einen Prostituierten hielt er sich nicht, und er hatte auch nicht vor,
nach dem Studium ein richtiger Callboy zu werden. Am liebsten wären ihm
Leute wie ich, mit denen er sich gut unterhalten könnte, die ihm aber
auch noch Geld dazu gäben. Ich mochte ihn wirklich gut leiden und
verbrachte einen schönen Abend mit ihm. Danach traf ich ihn noch drei
Mal. Allerdings faßte ich die Möglichkeit, daraus eine längere
Beziehung werden zu lassen, in der ich für seine Zeit, Aufmerksamkeit
und sexuelle Gefälligkeit bezahlen würde, nie ernsthaft ins Auge.
Nachdem ich mich nicht mehr bei ihm meldete, kam auch von ihm kein
Anruf bei mir. Ich habe diese Episode in guter Erinnerung. Aber
offenbar war meine sexuelle Befreiung nicht bis zu dem Punkt
vorgedrungen, daß ich mir eine längerfristige Beziehung, ich der ich
als Freier auftrat, vorstellen konnte.
Ich hatte nicht das Gefühl, daß ich ihn oder er mich ausnutzte. Es war
mehr, daß ich mich beschämt und gedemütigt fühlte, weil ich für Sex
Geld hergab; mein Stolz war verletzt. Außerdem verschleuderte ich auch
meine inneren Werte, wenn ich den Unterschied an Macht und Geltung
übersprang. Liebe sollte nichts Käufliches sein, sondern etwas, das ein
Mensch einem andern spontan zum Geschenk macht. Oder war dies ein
alberner Idealismus? Lebte ich in einer scheinheiligen Welt? Ich war
verwirrt. Ich fühlte mich fast wie ein Pfadfinder, der mit der Hand an
der Stirn vor den strammen Werten der Gesellschaft salutiert. Und mir
fiel dazu ein, wie einer der Gründer der Angewandten Sozialwissenschaft
an der Columbia Universität auf den Vorwurf der Datenfälschung zynisch
geantwortet hatte: "Wir sind keine Pfadfinder". Im tiefsten Herzen
hielt ich wohl noch am Ehrenkodex der Pfadfinder fest und beschnitt
damit meine Handlungsmöglichkeiten in der realen Welt, in der Welt der
Erwachsenen.
Nach dieser Selbstanalyse hatte die Sexualität zwischen Timmy und Meg
keine so große Bedeutung mehr für mich. Auch meine eigenen Eskapaden
mit bezahltem Sex konnten mich nicht wirklich beunruhigen. Ich regte
mich auch nicht über einen guten Freund auf, der sich als Sexualpartner
vor allem Stricher suchte. Seine streng protestantische Erziehung hatte
ihm ein so tiefes Schuldgefühl wegen seiner Homosexualität
eingepflanzt, daß er ihm nur durch die Verschiebung von Liebe und Sex
auf ein simples Geldgeschäft mit Strichern entkam. Und um nicht
mitansehen zu müssen, wie tief er in in den Schmutz gesunken war,
betrank er sich gerne zuvor. Ich verurteilte ihn für seinen Kauf von
Sex nicht. Er war mein Freund, ich hatte für seine Bedrängnis Mitgefühl
und spürte höchstens im Allerinnersten ein bißchen Kritik.
Ein anderer Freund fühlte aus anderen Gründen zu Strichern hingezogen.
Billy war sexuell durchaus attraktiv; er liebte die Jagd und die Chance
zur Eroberung. Gelegentlich liebte er es auch, überwältigt zu werden
und sich hinzugeben, aber wenn er nicht in der Laune dazu war, ging er
gerne in Stricherkneipen wie Rounds, suchte sich den geilsten Jungen
aus und nahm ihn mit nach Hause. Dann fing sein Vergnügen an: der
Wettkampf begann. Billy wollte dem Stricher so sehr gefallen, daß nach
einer Weile aus dem Geschäft eine persönliche Beziehung wurde. Es
machte ihm nichts, den Stricher im voraus zu bezahlen. Das war einer
seiner Köder. Danach zog er alle Register, um den Strichjungen
kennenzulernen, ihm zu gefallen und seine Zuneigung zu erringen. Billy
wollte es so weit bringen, daß ihn der Stricher zum Freund haben
wollte. Oft gelang ihm das auch. Damit hatte er sich dann bewiesen, wie
begehrenswert er ist, nämlich so sehr, daß sogar ein Stricher auf sein
Geld verzichten wollte. Ich habe dieses Verhalten von Billy nie
hinterfragt, sondern ihn stattdessen für seinen Einsatz und seine
Ausdauer bewundert. Ich war von seinen Erfolgen sehr beeindruckt und
fragte mich nur, wie er sich wohl nach einer Reihe solcher
Piratenstücke fühlte. Ich ahne schon wie, aber nicht einmal als gute
Freunde haben wir über seine Motive und Gefühle offen gesprochen.
Was mir keine Ruhe ließ, war, daß man sich selbst für Geld verkaufen
kann. Ich hatte die feste Überzeugung, daß man seinen Körper und seine
sexuelle Intimität nur mit jemanden teilen konnte, der sich darauf in
voller Gegenseitigkeit und als Partner in einer längerfristigen
Beziehung einlassen wollte. Ich weiß, viele werden meine Ansicht für
romantisch und hoffnungslos überholt halten und mir vorwerfen, ich
würde bloß die Heterogesellschaft mit ihren engstirnigen Auffassungen
über sexuelle Lust imitieren. Doch umgekehrt bin ich der Ansicht, daß
eine bloß hedonistische Auffassung von Sexualität den Menschen darum
betrügt, mehr zu erlangen als die vorübergehende Geilheit der
Ejakulation. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: ich finde Lust
durchaus wunderbar. Aber die hedonistische Auffassung verbaut die
Möglichkeit, daß sich Liebe entwickelt, von der nur ein Zyniker meinen
kann, sie sei eine bürgerliche Erfindung zur Unterdrückung des
einzelnen. In diesem Punkt unterscheide ich mich von manchen
Theoretikern der Schwulenemanzipation. Sogar wenn ich damit
gelegentlich in die Nachbarschaft von Barbara-Cortland-Romanen (13)
gerate, stehe ich zu meiner romantischen Auffassung, daß wir sowohl
heiße Lust als auch wirkliche Liebe erleben können. Von diesem
geliebten Grundsatz laß ich mich durch keinen Berg an Wissen und
Erfahrungen abbringen. Ich weiß, daß es Liebe gibt und daß sie sich
erlangen läßt.
Natürlich hat auch Liebe ihren Preis, braucht Zeit, Bemühung und harte
Arbeit. Ich halte es mit dem Grundgedanken der protestantischen Ethik,
diesem Evergreen von Max Weber: intensives Streben wird mit Erfolg und
Reichtum belohnt als Zeichen dafür, daß wir zu den Auserwählten
gehören. Zwar habe ich meine persönlichen Vorbehalte und Abwandlungen
zur Protestantischen Ethik, aber an ihrem zentralen Lehrsatz, daß
Anstrengung etwas wert ist und auf dieser Welt belohnt wird, halte ich
fest.
Timmy war nun jemand, der ohne harte Arbeit Erfolg hatte. Einmal im
Monat gab er Meg, was sie von ihm sexuell begehrte, und wurde dafür von
ihr ansehnlich belohnt. Auch Meg hatte nicht hart gearbeitet. Sie hatte
zwar gelitten, aber einfach wegen ihrer attraktiven Erscheinung und
ihrer schönen Beine war sie zu Wohlstand gelangt. Meine irrationale
Antwort darauf war, sie beide für ihren leichten Weg zum Erfolg zu
beneiden und zu verurteilen.
Ich wußte, daß ich diese Haltung nicht ernstnehmen konnte. Um so mehr
machte es mir zu schaffen, daß ich die Beziehung zwischen Timmy und Meg
mißbilligte. Deshalb beschloß ich, noch ein Stück mehr an mir zu
arbeiten, bis ich vielleicht besser begriffe, was Timmy in mir
auslöste, um ihn dann unbefangener behandeln zu können. Ich verschrieb
mir dazu eine Übung am Paradox: Wenn ich bislang meinte, Prostitution
sei korrupt, so wollte ich mir nun einmal überlegen, was an ihr Gutes
sei, oder darüberhinaus, inwiefern wir uns alle irgendwie
prostituieren. In einer Bar hatte mich einmal - leider nur einmal - ein
Mann gefragt, wieviel ich von ihm verlangte. Das war das erste Mal, daß
mich jemand für einen Stricher hielt. Ich fühlte mich geschmeichelt,
aber dann dachte ich auch daran, wie unattraktiv viele Stricher zum
Beispiel auf der Third Avenue sind. Viele Freier haben so viel
Schuldgefühle und so wenig Selbstbewußtsein ihrer sexuellen
Anziehungskraft, daß sie sich Sex sogar von weniger attraktiven Männern
Geld kaufen. Dadurch wird ihr Erlebnis zu etwas Schmutzigem und einem
Verlustgeschäft, so daß sie sich angewidert fühlen und froh sind, wenn
es vorbei ist. Deshalb fand ich es besser, wenn keiner über mich denkt,
ich würde auf den Strich gehen.
Timmy verkaufte seinen Körper für Geld. Aber wie verkaufen wir alle uns
selbst, wie verkaufe ich mich? Dabei wollte ich "mich verkaufen" im
übertragenen Sinn von "mich anpassen" und "mich verraten" verstehen, um
mit meiner Selbstanalyse weiterzukommen. Sofort fielen mir genügend
Fälle ein, wo ich, um einem Chef zu gefallen, einen Freund oder
Liebhaber zu besänftigen oder einen Verkehrspolizisten milde zu
stimmen, ihm in den Hintern kroch. Timmy tat dies in einem noch
wörtlicheren Sinn, wenn er Meg die Muschi leckte. Ich weiß, daß ich
keine unerschöpflichen Energien besitze, um mich bei jeder
Herausforderung durch das "andere" durchzusetzen. Ich kann feige sein
und Kompromisse schließen.
Ich weiß noch, wie ich jüngst eine unberechtigte Forderung vom IRS (14)
bekam und meinen Steuerberater um Rat fragte. Er antwortete: "Zahlen
Sie einfach. Das Gesetz ist so kompliziert, daß Sie sogar dann besser
fahren, wenn Sie eigentlich im Recht sind." Ich weiß also nur zu gut,
was es heißt, sich zu verkaufen, um einem Konflikt aus dem Wege zu
gehen oder um jemandes Zustimmung zu erlangen.
Von dieser höheren Warte aus konnte ich mich Timmy näher fühlen, auch
wenn mir seine Form der Käuflichkeit immer noch zu viel war. Ich dachte
daran, daß der ausgeprägte Sinn meiner Mutter für menschliche Würde und
ihre sture Geradlinigkeit sicher eine der Wurzeln meines Ärgers auf
Kompromisse war. Wegen ihrer starren, unnachgiebigen Art, ihrer
Abneigung, auch nur einen Millimeter zu weichen, war sie oft
enttäuscht, gab sich geschlagen, zog sich zurück und fühlte sich
isoliert. Wenn ich nicht achtgab, würde ich mich von Timmy genau so
isolieren. Ich nahm mir also vor, seine Ausnutzung von Meg auf sich
beruhen zu lassen und mich stattdessen mehr auf das zu konzentrieren,
was ich an ihm mochte und was für Nöte und Bedürfnisse er hatte.
Damit würde ich mich wohler fühlen, und sicher war es auch das, was er
von mir für sein Geld erwartete. Oder war ich hier selber dabei, mich
zu verkaufen?
Eine gute Freundin von mir, die gegen ihre provinzielle, etablierte,
sicherheitsorientierte Familie in Connecticut rebelliert hatte, lebte
nun in New York in Greenwich Village und bewegte sich in den Kreisen
der literarischen Avantgarde. Sie war berühmt für sprühenden Humor,
derbe Witze und anzügliche Anekdoten. Sie erzählte besonders gerne die
Geschichte von zwei Brüdern, die beide noch unter zehn waren. Der
jüngere fragte lispelnd: "Was ist eine Hure?" Sein Bruder antwortete:
"Das ist eine Dame, die für Geld bumst." (Eine andere Anekdote handelte
von zwei feinen Damen, die in einem Tearoom in Greenwich Village
speisen. Als es einen Moment still war, hörte meine Freundin, wie eine
der Damen sagte: "Neulich hatte ich ,crabs' [was im Amerikanischen
sowohl "Krabben" als auch "Filzläuse" heißt, d.Ü.]", und dabei vor
Lachen aufkreischte. Noch eine andere Anekdote handelt von Franz Kline.
Sie geht so: "Dieses Bild hat mir Franz versprochen, als er betrunken
war, aber er gab es mir, als er nüchtern war.").
Auf mich machte der nüchterne Ton, in dem der ältere der beiden Brüder
"Hure" definiert, ganz besonderen Eindruck. Wenn ich selber von
Prostitution rede, dann immer so viel von ihren moralischen Aspekten.
Ich kann mich mit dem liberalen Standpunkt von Shaw in "Mistress
Warren's Profession" anfreunden: in einer kapitalistischen Gesellschaft
bringt eine Hure ein Leistungsangebot auf einen bestehenden Markt; die
Frage der Moral kommt darin nicht vor. Ich denke auch an die "Coyoten",
eine Gruppe von Prostituierten in den sechziger Jahren, die sich zu
einem Berufsverband ähnlich dem amerikanischen Ärzteverband entwickeln
wollten. Aber gewisse Bedenken blieben bei mir bestehen. Nicht jede
Frau, die in Armut versinkt, versucht durch Prostitution auf eigene
Füße zu kommen. Muß nicht noch ein Element der Wahl hinzukommen, es mit
der Moral nicht so genau zu nehmen? Sind nur die Freier zu tadeln, wie
es die Feministinnen gerne tun, und sind die Huren nur ihre armen
Opfer? Ich bleibe skeptisch, besitze aber auch nichts des Rätsels
Lösung.
Und wie steht es mit den männlichen Rollen der Prostitution, dem
Zuhälter und dem Gigolo? Für den Zuhälter legt niemand ein gutes Wort
ein, aus wie armen Verhältnissen er auch immer stammt. In ihm sieht man
nur den Ausbeuter, der die Frauen bumst und mit Drogen vollpumpt. Aber
wäre er dann nicht auch nur ein Unternehmer? Ich kann so wertneutral
nicht sein, sondern schließe mich der Mehrheit an und lehne ihn ab. Zum
Glück bin ich bisher noch nicht um Therapie für einen Zuhälter
angefragt worden. (Allerdings mag es vorgekommen sein, daß bei einem
Workshop ohne mein Wissen die Unterkunft von einigen Gruppenmitgliedern
für Gelegenheitssex benutzt wurde. In diesem Fall bin ich es, der sich
ausgenutzt fühlt.)
Und wie steht es mit dem schönen schwulen Mann, der für Geld mit Frauen
bumst? Ist es nicht eine zusätzliche Überschreitung, wenn er um des
Gewinnes willen auch noch über seine sexuelle Orientierung hinweg
handelt? Oder stünde er moralisch besser da, wenn er für Geld nur mit
Männern bumsen würde? Wieviel unterscheidet ihn von einem schwulen
Mann, der eine Heterofrau heiratet, um gesellschaftliche Anerkennung,
Einfluß oder Reichtum zu erwerben?
Ich werfe diese Fragen auf, ohne daß ich eine Antwort hätte. Ich bin
mir gewahr, daß mir all diese Fragen Kopfschmerzen machen. Bei den
wenigen Gelegenheiten, wo ich erfuhr, daß sich Klienten oder
Klientinnen prostituiert hatten, setzte mir dies zu. Zwar sagte ich
mir, daß mir ein Recht zu einem moralischen Standpunkt nicht zusteht,
aber in der Praxis fühlte ich mich im Konflikt, zumal niemand von ihnen
in Armut versank.
Mich störte auch die Wichtigkeit, die Timmy und Meg materiellen Dingen
beimaßen. Meg wußte, daß sie Timmys Gunst mit einer Armbanduhr von
Phillipe Patek gewinnen konnte, genau wie einst sie mit einem Armband
aus Flußkiesel umgestimmt worden war. Ihre Währung waren Waren, nicht
Liebe, Zärtlichkeit und Gefühl. Gefälligkeiten wurden erkauft. Timmy
wie Meg waren in der Kindkeit Armut und Unglück ausgesetzt gewesen.
Daraus hatten sie beide die Konsequenz gezogen, daß Geld und Geschenke
mehr Wert verkörperten als Gefühle. Ich fand das sehr schade, aber sah
bei Timmy und Meg kein Interesse, etwas daran zu ändern. Ich hätte
keinen Erfolg damit gehabt, den augenrollenden Eiferer Savonarola zu
spielen, sie zum Verzicht auf Prunk und Eitelkeit zu drängen und in die
wahre Kirche zurückholen zu wollen. Die Kirche wäre leergeblieben.
(Fortsetzung folgt in Gestaltkritik 2-2002)
Anmerkungen
(1) Deutscher Titel: Starman. USA 1984, Regie: Larry Franco.
Sciencefiction-Film mit Jeff Bridges in einer Hauptrolle.
(2) Titel der deutschen Ausgabe: Shaw, George Bernard: Frau Warrens
Beruf. Stück in 4 Akten. Frankfurt/Main 1986.
(3) Ethan Allen stellt billige Imitate amerikanischer Möbel her.
(4) "cruisen": alleine durch einschlägige Straßen flanieren,
Grünanlagen oder Rastplätze spazieren, schwule Saunen oder Kneipen
ziehen, etc., um einen Traumprinzen anzumachen und für die Nacht
abzuschleppen.
(5) Fire Island, langgestreckte Düneninsel vor Long Island bei New
York. Wegen der beiden schwulen Ansiedlungen Cherry Grove und The Pines
zum Capri bzw. Sylt von Nordamerika geworden.
(6) "Monster" und "Boatel" sind zwei der vielen schwulen Kneipen auf
Fire Island. Das ist ein schwimmendes Hotel und veranstaltet für die
schwule Gemeinde einen Nachmittagstanz im Stile des Ritz. Hier trifft
man sich um vier bis sechs, nimmt einen Drink, und startet danach in
die Nacht. Alles sehr gediegen und "camp": ein Stil in Kleidung,
Wohnung, Lebensart und Umgangsweise, der sich nicht definieren, aber
kaum übersehen läßt: ungewöhnlich, stilwidrig, hyperoriginell,
kitschig, witzig, übertrieben, leichtfüßig, ironisch, selbstironisch,
etc. Die kontinentale Schwester von camp heißt Tuntenbarock.
(7) Fleischmarkt: Hier speziell das allsommerliche 24-Stunden-Cruising
auf der Strandpromenade und im Buschgelände mit verzweigten
Trampelpfaden auf Fire Island.
(8) Titel der deutschen Ausgabe: Perls, Friederich S. / Hefferline,
Ralph / Goodman, Paul: Gestalttherapie, [Bd. 1:] Lebensfreude und
Persönlichkeitsentfaltung (Taschenbuchausgabe: Gestalttherapie.
Grundlagen); [Bd. 2:] Wiederbelebung des Selbst (Taschenbuchausgabe:
Gestalttherapie. Praxis). Stuttgart 1979 (Taschenbuchausgabe: München
1991).
(9) John Dewey entwickelte die Philosophie des Pragmatismus und in
Verbindung damit radikale Ideen der Erziehung zu selbständigem Handeln
nach dem Grundsatz des "learning by doing". Er hatte großen Einfluß auf
die fortschrittliche Schulbewegung.
(10) Peekskill liegt in Westchester, einer reichen Ansiedlung im Umland
der Stadt New York. Zu Beginn des Kaltes Krieges unterstützte der
linksorientierte schwarze Sänger Paul Robeson die
Präsidentschaftskandidatur von Henry Wallace (der unter Truman
Vizepräsident war) und seiner linken Fortschrittspartei. Während einer
Rede Robesons kam es zu Unruhen, bei denen viele Menschen verletzt
wurden. Dies war wie der erste Schatten des Kalten Krieges, bei dem es
zur Entzweiung zwischen Linken und Liberalen und zum Haß der Rechten
kam. Wallace verlor die Wahl.
(11) Titel der deutschen Ausgabe: Spark, Muriel: Die Blütezeit der Miss
Jean Brodie. Zürich 1990
(12) Titel der deutschen Ausgabe: Spark, Muriel: Mädchen mit begrenzten
Möglichkeiten. Zürich 1992
(13) Barbara Cortland schrieb über hundert billige, einfache und sehr
erfolgreiche historische Romane. Sie sind berühmt dafür, daß stets ein
schöner starker Mann erscheint und der Heldin das enge Mieder aufreißt.
Die Autorin ist, wie sich später herausstellte, auch mit Prinzessin
Diana verwandt.
(14) IRS, Internal Revenue Service, ist die Finanzbehörde, die von den
Bürgern der USA Einkommenssteuer eintreibt.
Daniel Rosenblatt
wurde 1925 in Detroit/Michigan geboren. Er studierte in Harvard und
Cambridge und erlernte Gestalttherapie bei Laura Perls.
Nach einer langjährigen akademisch-wissenschaftlichen Tätigkeit
arbeitet er seit über 30 Jahren in seiner privaten
psychotherapeutischen Praxis in New York.
Er ist "Fellow" und ehemaliger Vizepräsident des New Yorker Instituts
für Gestalttherapie und leitete viele Jahre lang Ausbildungsgruppen in
Gestalttherapie in den USA, Europa, Australien und Japan.
Der nebenstehende Beitrag ist zuerst erschienen in seinem Buch
"Zwischen Männern. Gestalttherapie und Homosexualität" in dem sich u.a.
noch viele weitere Einblicke in Dan Rosenblatts praktische Arbeit
finden. Wir möchten allen unseren Leserinnen und Lesern - homosexuellen
und heterosexuellen (!!!) - dieses Buch ganz besonders ans Herz legen.
Wenn Sie gleich zu dieser Seite gekommen sind, ohne bisher unsere
Homepage besucht zu haben, so sind sie herzlich dazu eingeladen:
Homepage
Gestalt-Institut Köln - GIK Bildungswerkstatt
Staatlich anerkannte Einrichtung der Weiterbildung
Rurstr. 9 / Eingang Heimbacher Str.
D-50937 Köln (Nähe Uniklinik)
Tel. 0221 - 416163
Fax. 0221 - 447652
eMail: gik-gestalttherapie at gmx.de
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