[rohrpost] G&GN-SKANDALREPORT: "ZWEITE REIHE ZOMBIS"
(poesiefestival)
GanzGarNix at aol.com
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Fre Jul 9 16:22:57 CEST 2004
Der vollständige G&GN-Skandalreport "ZWEITE REIHE ZOMBIS" von Lord Lässig
(2.-8.7.2004) erscheint demnächst bebildert bei www.KULTURA-extra.de - hier nur
als exklusiver copyleft-freier Vorabdruck ein kleiner Auszug aus Teil 2:
2.VERS(UCH): WIE MAN AUF DER ASCHE SEINER HELDEN KAUT...
(...) Die Liste der Pannen und Peinlichkeiten beim poesiefestival der
literaturWERKstatt Berlin wäre lang genug für ein Hollywood-Drehbuch, so daß es hier
leider genügen muß, mithilfe einiger Beispiele einen visionären Schlußstrich
zu ziehen. Dieser Schlußstrich beginnt beim skandalösen Narzißmus des
mephistophelisch-messianischen Direktors (eine Wohlfahrt für die Welt?), der seine
schwarz-weiß gestreiften Schafe durch SENSATIONSSUGGESTION eigenmächtig als
Olympiaherde "etabliert", reicht weiter über die desaströsen Moderationen einzelner
Veranstaltungen, gegen die sich das höfliche Publikum (insofern überhaupt eine
kritische Masse anteilnahm!) sogar teilweise durch Zwischenrufe und
Händeklatschen auflehnte, und mündet schließlich beim Cocacola-Werbefilmer als Sieger
des Poetryfilm-Awards. (...) Als lächerlichster Beitrag entpuppte sich die
unterkühlt-überheblich angekündigte "kommentierte Live-Film-Collage" von Gerhard
Falkner, der sich in dem Pseudodokustreifen "on the road - die geschichte der
beats" mithilfe manieristischer Computereffekthascherei als Hobbyvideokünstler
aufspielt. Apropos: Wissen sie, was ein Live-Film sein soll??? Vielleicht
wegen dem bei der Vorführung im kleinen "arsenal"-Kino des Filmhauses am Potsdamer
Platz anwesenden Steve Kushner aus San Francisco (...), dessen "legendärer
Sammlung" die "noch nie gezeigten" Mitschnitte entstammen, die hier im
plakativsten Schnellverfahren aneinander gestückelt wurden. Bei der anschließenden
Podiumsdiskussion beschäftigte sich dieser "Beat-Archäologe" hauptsächlich damit,
sich selbst beim Antworten auf Publikumsfragen zu filmen. Die sportliche
Doppelrolle als Kameramann und "authentisches" Selbstobjekt der Befilmung
pervertiert seine autonekrophile Musealisierungsperformance zu einem ungewollt
monströsen Slapstick, dessen pseudoschamanistische O-Ton-Zitate über die
Beat-Philosophie (als totales Eintauchen in den direkten Strom der gelebten Gegenwart) von
zukünftigen Generationen wieder und wieder wie neu konsumiert werden kann,
ohne sich selber als eigentliche Gegenwart zu vergegenwärtigen. Der Beat schlägt
sich quasi selber tot, indem er seine ausgestopften Leichen auf einem durch
Sponsoren institutionell abgesegneten Trampulin hüpfen läßt: Ferlinghettis
(geb.1920) berühmtestes Gedicht thematisiert Ginsbergs Tod, der mittlerweile
ebenfalls greise Gomringer (geb.1925) buhlte einst um Respekt bei Raoul Hausmann,
indem er sich eigenständig "konkret" statt anbiedernd Neodadaist schimpfte, Ide
Hintze wirkt wie ein Beuys-Plagiat, wenn er sich spontan Taiji-imitierend auf
der Bühne des Hebbel-Theaters so bedeutungsschwanger positioniert, als wolle
er die dafür bezahlte Zeit anhalten, während die Tonspur irgendeines wichtigen
Dozenten seiner Wiener Dichterschule zeitgemäß multimedial als
Schwingungsbühnenbild visualisiert abläuft. Und in seiner nekrophilen Werbebroschüre blättert
der Glanz seiner berühmten, inzwischen meist toten Kollegen auf ihn als
Zombi-Touristen auf zahlreichen Fotos ab. Im Grunde schaufelt sich auf dem gesamten
Gelände der angeblichen Literatur-"Werkstatt" eine selbstgefällige Satire
(von mediengehipten Jungautoren bis hin zu glorifizierten Stellvertreterlegenden)
ihr eigenes Denkmal und ignoriert dabei konsequent die selbstverschuldeten
Scheuklappen gegenüber dem fatalen Nebeneffekt dieses Festivalfakes: sowohl die
Bestandsaufnahme als auch der Fortschritt in Sachen Literatur bedarf nicht
eines hauptstadtbesessenen Open-Mike-und-Air-Zentralkommitees sondern der
transzentralen Open-Mind-Netzwerke von wirklich frei forschenden Dichtern und
Filmemachern ohne Medienlobby, die der Öffentlichkeit fahrlässigerweise vorenthalten
werden. (...) Was leider komplett im Programm fehlte, war eine wirklich
clubtaugliche Sparte mit expliziten Musikclips, derer man auf vier Bereiche
verstreut lediglich 5 fand. (...) Die noch vor zwei Jahren euphorisch angestrebte
Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender MTV scheint demnach gescheitert zu sein und
das interdisziplinäre Format deshalb nicht mehr von Interesse. Anders ist wohl
auch kaum erklärbar, warum 6 brandneue canadisch-deutsche Musikclips abgelehnt
wurden, die der Spielfilm-Collage "DAS WORT IST EIN VIRUS IN DER AUTOMATIK
DER STÄDTE" (Regie: Thorsten Nesch, 2003) entstammen und demnächst als zweite
"urban electronic poetry"-CD auf DVD erscheinen. Unter den dort insgesamt 14
versammelten zeitgenössischen DichterInnen und Sprechsängern, die für dieses
Projekt u.a. vom Ambient-Filmmusikgenie Max Würden vertont und als einzelne Szenen
mit Schauspielern in Vancouver verfilmt wurden, befinden sich stimmgewaltige
Szene-Größen wie stan lafleur (Brinkmann-Preisträger) und Kersten Flenter
(Hrsg. der Edition "roadhouse"), die schon bei der Präsentationslesung der
marktschreierischen Dumont-Anthologie "Lyrik von JETZT" das anständig gelangweilte
Volk aus der "kuhligklonschen" Hypnose wachrüttelten. (...) Und nur die
Wohlfahrtsgemeinde selber weiß, wieviele weitere Berliner abgelehnt wurden, die
hiermit aufgefordert sind, sich mit Titel, Entstehungsjahr, Gedichtautor und
Regisseurnamen ihrer Clips im G&GN-Institut zu melden, falls sie irgendwann einmal
auf einem Gegenfestival gezeigt werden möchten. Über einen visionären
Veranstalter würden wir uns ebenfalls sehr freuen...
Link zur kommenden "uep"-DVD:
--> www.urban-electronic-poetry.com