[rohrpost] Soundwüsten und Hörsinnlichkeiten

Tilman Baumgärtel mail at tilmanbaumgaertel.net
Fre Apr 29 07:44:49 CEST 2005


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>         â–ª     28.04.2005, 18.00 Uhr
>Marcus S. Kleiner: Soundwüsten und Hörsinnlichkeiten
>Eine Reise durch das Universum des Frankfurter
>Elektronik Labels Mille Plateaux. Eine Theorie Performance im Medientheater.
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>1994 wurde das Label Mille Plateaux in Frankfurt am Main gegründet, 
>benannt nach der
>gleichnamigen philosophischen Abhandlung von Gilles Deleuze und Félix 
>Guattari. Mille
>Plateaux produzierte Musik jenseits der Party-Szene. Als stilistische 
>Alternative zur
>langsam aufkommenden Trance- und Chillout-Szene sowie zur intelligent 
>dance music
>community, die sich in England um das Label Warp Records und ihre 
>Artificial Intelligence
>series bildete, etablierte sich Mille Plateaux als innovatives 
>Ambient-Label, das
>elektronischen Projekten und Musikern eine Plattform für experimentelle 
>Kompositionen
>bot.
>Mille Plateaux steht in der Traditionslinie der elektronischen 
>Avantgarde-Musik, die sich
>seit dem 2. Weltkrieg ausdifferenziert hat. Besonders die französische 
>Schule der
>Elektrik-Akustiker um Pierre Schaeffer und Pierre Henry sowie die Szene 
>rund um das
>Kölner WDR Studio, die Stockhausen und Eimert begründeten, erweisen sich 
>als
>einflussreich. Mille Plateaux setzt deren Ästhetik einer von der 
>Tonalität und
>Harmonielehre gelösten elektronischen Geräuschmusik fort, die bewusst 
>mit Zufällen und
>Fehlern arbeitet. Eine musikalische Erweiterung findet durch die 
>Auseinandersetzung mit
>den Möglichkeiten digitaler Klangerzeugung statt.
>Die Ästhetik von Mille Plateaux ist auf der anderen Seite geprägt von 
>der elektronischen
>Tanzmusik, die in den 1970er Jahren mit Kraftwerk Gestalt annimmt und ab 
>den späten
>1980er/frühen 1990er Jahren mit dem Aufkommen von House und Techno den 
>Popdiskurs zu
>dominieren beginnt. Aspekte wie die Funktionalität von Musik und die 
>Infragestellung der
>Autorschaft rücken in den Vordergrund und werden zu entscheidenden 
>Distinktionskriterien
>eines neuen Verständnisses von Popkultur.
>Mille Plateaux arbeitet in dem Projekt der elektronischen Avantgardemusik 
>weiter, aber
>unter den Vorzeichen des Popdiskurses. Durch die Bezugnahme auf 
>postmoderne Theoreme wird
>der Musik/dem Label unter anderem nicht zuletzt ein Image gegeben, das 
>diese für das
>Feuilleton attraktiv macht. Zugespitzt könnte man sagen, dass der Rekurs 
>auf die Theorie
>als Mehrwert einen nicht unbeträchtlichen Glamourfaktor abwirft.
>10 Jahre lang sollte Mille Plateaux aber vor allem die Entwicklung 
>experimenteller
>elektronischer und digitaler Musik international nachhaltig beeinflussen, 
>bis im Jahr
>2004, auf Grund des Bankrotts seines Vertriebs EFA, Insolvenz angemeldet 
>werden musste.
>Nach dem Ende von Mille Plateaux hat dessen Gründer Achim Szepanski 
>jüngst drei neue
>Label gegründet, disco.inc., Molecular Funk Guerilla und Mille 
>Résistance, mit denen er
>das von Projekt von Mille Plateaux unter den diskursiven, politischen und 
>musikalischen
>Bedingungen des 21. Jahrhunderts fortschreiben will.
>Soundwüsten und Hörsinnlichkeiten sind Text- und Soundfahrzeuge, die 
>Ihre Zuhörer auf
>eine Reise durch das Universum des Frankfurter Elektronik-Label Mille 
>Plateaux sowie
>seiner Nachfolger mitnehmen. Hierbei wird die spezifische Medialität der 
>Medienmusiken
>von Mille Plateaux in Form eines Radio-Features inszeniert, das zugleich 
>als 60-minütiges
>Live-Konzert präsentiert wird, um es seiner medial konservierten Form zu 
>entfremden.
>Soundwüsten und Hörsinnlichkeiten zeichnen hierbei gleichwohl das Bild 
>einer spezifischen
>Ausprägung der Popkultur der letzten zehn Jahre nach, dessen Produkt sie 
>zugleich sind.
>Untermalt wird diese Theorie- und Sound-Performance durch die Videoserie 
>NUUK (Mille
>Plateaux Media, 2004) von Thomas Köner, dem letztjährigen ars 
>electronica Gewinner.
>
>Ort: Medientheater des Seminars für Medienwissenschaft, 
>Humboldt-Universiutät, Sophienstr. 22a, 2. Hinterhof
>Zeit: 18 Uhr
>
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>Prof. Dr. Wolfgang Ernst
>Lehrstuhl Medientheorien
>Seminar für Medienwissenschaft
>Humboldt-Universität zu Berlin
>Sophienstraße 22a
>10178 Berlin
>Tel. 030-2093-8234 (direkt)
>Tel. 030-2093-8210 (Sekretariat Frau Franke)
>Fax 030-2093-8231
>Email: wolfgang.ernst at culture.hu-berlin.de
>URL: www.medienwissenschaft.hu-berlin.de
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