[rohrpost] Tiamat Verlag verbietet link auf einem Internetseminar

Till Nikolaus von Heiseler Till_N_v_Heiseler at web.de
Mon Aug 15 16:26:14 CEST 2005



Liebe Inke, lieber Florian, vielen dank für die mails!

Stefan Krempl <sk12 at gmx.de> schrieb am 15.08.05 09:44:10:
um welchen link genau geht es eigentlich? 

Es handelt sich um den Link auf der Seite 
http://www.wmg-seminar.de/colloquium.htm
Erste Spalte 
nach
 « : La Société du Spectacle von Guy Debord »
und vor « Technische Voraussetzungen »

dort steht [text] und [Film] beide Links funktionieren indes nicht mehr.
Ich hoffe, wir sind daran nicht schuld...

Der Link, der nicht mehr funktioniert, geht auf:
www.twokmi-kimali.de/sites/spektakel.htm
(steht immer noch da)

Die einstweilige Verfügung, habe ich dazu gestellt, direkt:
http://www.wmg-seminar.de/verboten/tiamat-verfuegung.pdf   


Juristisch stellt sich die Frage, ob ein Link auf eine DEUTSCHE Seite, 
die das Urheberrecht verletzt, strafbar ist oder ob die betreffende 
Person sich nicht direkt an den Seitenbetreiber hätte wenden müssen. 
Darüber hinaus hat mich Herr Bittermann auch nie gebeten, 
den Link von der Seite zu nehmen. 

Was mich immer ein wenig enttäuscht ist, dass Diskurse - wie 
eigentlich auch in den Massenmedien - hier auf der Liste immer 
einer Spannung und Dramaturgie bedürfen. Braucht es tatsächlich 
das reality-Schmierentheater mit Darstellern wie Bittermann, 
damit man über wichtige Fragen diskutiert?

Natürlich ist es absurd, 50.000 Euro als Streitwert anzusetzen. 
Denn wenn der Verlag das Buch für 20 Euro verkauft, 7 die 
Buchhandlung bekommt, 5 die Herstellung und 3 der Vertrieb 
kostet, dann bleiben 5 Euro Gewinn. Das würde heißen, dass 
die Umsatzeinbuße von 50.000 Euro 10.000 verkauften 
Exemplaren WENIGER entspräche und das in drei Monaten, 
d.h. dass der Umsatz im monatlichen Durchschnitt um 3.000 Exemplare, 
wegen der Verbreitung im Internet ZURÜCKGEGANGEN sein müsste. 
Das müsste also in der Bilanz zu sehen sein. 

(Es wird doch einleuchten, dass ein Unternehmen, das einen 
durchschnittlichen JahresUMSATZ von X und einen JahresGEWINN 
von Y hat, nicht plötzlich eine Einbuße haben kann, die sich auf drei 
Monate bezieht, die sowohl Y als auch X übersteigen. //// Wie ich nun 
meine Studenten kennen, wird kein einziger (von 80) sich den 
Text runtergeladen haben ... )

Wie ich damals im Offenen Brief an Dirk Baecker (http://www.wmg-seminar.de/was-ist-ein-medium/Offener%20Brief%20an%20Dirk%20Baecker.pdf) 
hingewiesen habe, entsteht der Schaden (Umsatzeinbuße) für ein 
Unternehmen ja nicht durch kopieren an und für sich, sondern durch 
„kopieren statt kaufen“ - da wo einer kopiert, der nicht gekauft hätte 
(und das Produkt auch nicht an Personen weitergibt, die DESHALB 
nicht kaufen), entsteht für das Unternehmen auch keine Einbuße. 

Die Konsequenz für Microsoft und Co. ist, dass sie dort, wo kein Geld 
vorhanden ist, gar nicht erst versuchen, auf Copyright zu setzen, 
sondern im Gegenteil versuchen, hier eine Markpräsens auf anderen 
Wegen zu erlangen. Dabei geht es dann eher darum, diese 
Nicht-Markt-Marktpräsenz vom Markt abzugrenzen. 

Von daher sind die Schadensrechnungen der Unterhaltungs- und 
Softwareindustrie Milchmädchenrechnungen. Die digitale Ökonomie 
ist etwas vollkommen anderes, weil das Teilen hier nicht dazu führt, 
dass weniger vorhanden ist und damit das Kopieren nicht mit 
Gelddrucken zu vergleichen ist. 

Geld als Äquivalent des Schuldscheins ist ein sinnvolles Medium 
zur Verrechung von „geronnener Arbeit“ und „knappen Gütern“. 
Geld kann digitale Ökonomie nicht 1 zu 1 repräsentieren, 
deshalb dot.com Hype & Crash. 

Simmel schreibt in der Philosophie des Geldes (Georg Simmel 
Gesamtausgabe Band 6, Frankfurt/Main 1989, p. 60f, Original 1900): 
„Wo wir Liebe um Liebe tauschen, wüssten wir mit der darin 
offenbarten inneren Energie sonst nichts anzufangen; indem 
wir sie hingeben, opfern wir [...] keinerlei Nutzen auf; wenn 
wir in der Wechselrede geistige Inhalte mitteilen, so nehmen 
diese dadurch nicht ab; wenn wir unserer Umgebung das Bild 
unserer Persönlichkeit darbieten, indem wir das der anderen 
in uns aufnehmen, so vermindert dieser Austausch unseren 
Besitz unserer selbst in keiner Weise. Bei all diesem Tauschen 
geschieht die Wertvermehrung nicht durch Aufrechnung von 
Gewinn und Verlust, sondern der Beitrag jeder Partei steht 
entweder ganz jenseits dieses Gegensatzes, oder er ist an 
sich schon ein Gewinn, ihn nur hingeben zu dürfen, so dass 
wir die Erwiderung als ein, trotz unserer eigenen Gabe, 
unverdientes Geschenk empfinden.“ - Wenn wir nun vom 
etwas sentimentalen Stil absehen, erscheint hier in völliger 
Klarheit ein wichtiger Hinweis. Dieser betrifft nicht nur isoliert 
die Frage des Copyrights. 

Mit den Digitalen Gütern und einer Welt, in der Wissen eine 
entscheidende Rolle spielt (in Landwirtschaft, Industrie, 
Medizin, Bildung, etc.), bedarf es vollkommen neuer ökonomischer 
Konzepte. Diese Konzepte können aber nicht einfach nur 
postindustriell sein und sich auf Immaterialität beschränken 
(denn wir essen immer noch Kartoffeln und fahren immer noch 
Auto), sondern müssten die Last auf sich nehmen, unterschiedliche 
Bereiche  theoretisch miteinander zu verbinden (und praktisch 
vielleicht gerade zu entkoppeln): Verteilung knapper Güter, 
Regulierung der Arbeit und Distribution von Wissen. 

Dies hatte ich auch als Thema für die nächste WOS vorgeschlagen, 
denn es kann nicht mehr darum gehen, sich Pinguine wie 
Coca-Cola-Werbung aufs T-Shirt zu heften und sich von 
aalglatten Typen wie Lessig (Creative Commons) vorführen 
zu lassen, wie man aus scheußlichen massenmedialen Produkten 
andere genauso scheußliche massenmedialkompatible Produkte 
machen kann, nicht darum, allein auf die größere Effizienz (die ja 
sicherlich besteht) des offenen Quellcodes zu setzen, sondern 
es geht darum, vom Null-Summen-Spiel-Diktum der klassischen 
Ökonomie, in dem Reichtum Armut schafft, zu einem 
Nicht-Null-Summen-Spiel-Verständnis der Gesellschaft zu kommen, 
in dem es eher um Lebensqualität, ästhetischen Genuss, Kultivierung 
sexuellen Begehrens, um Lust, Anerkennung, Verschmelzung von 
Kreativität und Geselligkeit etc. geht. Diese Formen (die auch Teil 
von neuen experimentellen Formaten sein könnten) stehen vollkommen 
anders zueinander als die Verteilungsverhältnisse knapper Güter. 

Die 1:1-Übertragung der klassischen Ökonomie auf die Sexualität ist 
die Vergewaltigung (oder die Geldehe). Im Bereich der Sexualität, im 
Bereich des geistigen Austausches, im Bereich der Freien Software 
sind Formen entstanden, die vielleicht ein Modell bilden könnten.  

Zu unterscheiden gilt Selbstaufwertungsmöglichkeiten, die Simmel 
anspricht (auch im Begriff der Geselligkeit), von Selbstaufwertungsmodi, 
die mit Demütigung anderer verknüpft sind, und so der klassischen 
Geldwirtschaft entsprechen (klassischerweise das Statussymbol und 
entsprechender Konsum, die ja nur durch die Ex-Negativo-Verknüpfung 
des Nicht-Konsumenten mit dem Verlierer funktionieren). 

Wie könnte eine derartige „Ökonomie nicht-knapper Güter“ aussehen? 
Könnte es künstlerische Produktionsweisen geben, die Modellcharakter 
haben könnten? Oder ist es gerade umgekehrt und Geistiges wird 
von der klassischen Ökonomie übernommen, wie es in der Wissenschaft 
zu sein scheint, wo die knappen Güter (Stellen, Forschungsgelder, Prestige) 
Wissensformationen generieren und das, was geforscht und welche 
Perspektive benutzt wird, weitgehend von den Profilierungsstrategien 
abhängen? Könnten neue (experimentelle?) Formate in der Wissenschaft, 
in der Kunst, vielleicht sogar in den Massenmedien (oder einem Bereich 
einer neuen medialen Öffentlichkeit, die zwischen Massenmedien und 
Individual-Diskurs anzusiedeln ist) und neue Formate der PRODUKTION 
entstehen, die in praktischer Weise die „Ökonomie nicht-knapper Güter“ 
erproben?

... das sind Fragen, die uns interessieren würden, zu diskutieren.   

  





Florian Cramer <cantsin at zedat.fu-berlin.de> schrieb am 15.08.05 02:45:17:
> 
> Am Sonntag, 14. August 2005 um 23:58:36 Uhr (+0200) schrieb Till
> Nikolaus von Heiseler:
> 
> > zugänglich zu machen. In einen Fall haben wir einen Link auf eine
> > Seite eines Dritten gesetzt, auf dem der Text "Die Gesellschaft des
> > Spektakels" von Guy Debord herunterzuladen war. Vom Tiamat Verlag
> > (Grimmstr. 26, 10967 Berlin)  vertreten durch Klaus Bittermann, der
> > nach eigenen Angaben Rechteinhaber des betreffenden Textes ist, 
> 
> Unglaublich. Ich habe noch einmal nachgesehen, die beiden deutschen
> Ausgaben der "Gesellschaft des Spektakels", die in meinem Bücherregal
> stehen, sind nicht vom Tiamat-Verlag. Die erste stammt von einer
> "Projektgruppe Gegengesellschaft" 1974, die andere vom Nautilus-Verlag
> 1978, mit dem Vermerk, daß es sich hier erstmals um eine autorisierte
> Übersetzung handele. In beiden Büchern fehlt der Anticopyright-Vermerk,
> den alle früheren Publikationen der Situationistischen Internationale im
> Impressum trugen.  Daher fürchte ich, daß das Buch von Debord bewußt und
> gezielt als klassisch auktoriale, urheberrechtlich geschützte
> Publikation angelegt wurde. Fälle wie Deiner wären dann eine Konsequenz
> dieser Entscheidung, die schon bei der Erstpublikation faktisch in Kauf
> genommen wurden.
> 
> Hinzu kommt, daß ich mich dunkel daran zu erinnern glaube, daß der
> Tiamat-Verlag klagefreudig ist und schon einmal durchgesetzt hat, daß er
> die deutschen Exklusivrechte an Debords "Gesellschaft des Spektakels"
> hält, und deshalb die Nautilus-Ausgabe vom Markt nehmen ließ. Hier
> <http://www.edition-tiamat.de/Sonstiges/Verlagsgeschichte2a.pdf>
> zumindest schreibt der Verleger:
> 
>    Parallel kam Guy Debords »Die Gesellschaft des Spektakels«
>    heraus, der bis heute beste Backlisttitel des Verlags. Das Buch
>    hatte bereits zwei Übersetzungen hinter sich, eine schlechte und
>    eine mit vielen Druckfehlern, die bei Nautilus erschienen war.
>    Guy Debord, der sich 1994 umgebracht hatte, war darüber nicht
>    sehr glücklich. Der Übersetzer Jean-Jacques Raspaud, dessen
>    Lebenswerk darin bestand, eine korrekte Übersetzung dieses
>    Buches herauszubringen, hatte sich an mich gewandt. 
> 
> > bekamen wir nun eine email, dass wir den Text von der Homepage
> > herunterzunehmen hätten. Da wir ihn aber gar nicht hochgeladen hatten,
> > konnten wir ihn auch nicht herunter nehmen. Stattdessen machten wir
> > ihn zunächst einmal darauf aufmerksam, dass es sich hier um ein
> > akademisches Seminar handle, in dem es ja auch üblich sei, Texte zu
> > kopieren. 
> 
> "I am not a lawyer (IANAL)" - doch ich fürchte, bei der derzeitigen
> Rechtspraxis hast Du vor Gericht keine Chance. Dein Fall ähnelt ja sehr
> stark dem ebenfalls aktuellen Fall der diversen Nachrichten-Websites,
> die auf die russische, nach hiesigem Recht illegale Musik-Downloadseite
> allofmp3.com verlinkt haben. Sie alle - einschließlich Heise Online und
> www.irights.info - erhielten postwendend Abmahnbriefe einer von der
> Musikindustrie beauftragten Anwaltskanzlei.  Heise unterlag vor Gericht
> mit seinem Einspruch gegen diese Praxis. Das OLG München entschied, daß
> Heises Berichterstattung über allofmp3.com zwar legal sei, nicht aber
> Heises Link auf die Website, siehe
> <http://www.heise.de/newsticker/meldung/61528>. Dieses Argument paßt,
> ungeachtet aller Hirnrissigkeit, 1:1 auf Euren Link auf die
> "Gesellschaft des Spektakels". Leider ist dies die herrschende
> Rechtsauffassung in Deutschland.
> 
> > Klaus Bittermann: es ist mir ziemlich egal, ob es sich bei Ihrer Seite
> > um ein akademisches Seminar handelt. Die Seite steht im Internet und
> > ist deshalb allen und nicht nur Studenten zugänglich. Und "in diesem
> > Kontext" "Studenten Texte zugänglich zu machen" ist nicht "durchaus
> > üblich", sondern illegal, d.h. juristisch handelt es sich um eine
> > Urheberrechtsverletzung. Und damit einem solche dummen Fehler nicht
> > unterlaufen, erkundigt man sich vorher, wo die Rechte liegen. Wenn man
> > selber nicht in der Lage ist zu bibliographieren, kann man auch in
> > eine Buchhandlung gehen und sich nach diesem Titel erkundigen. (...)
> 
> Er hat offenbar nicht verstanden, daß Ihr auf den Text verlinkt habt,
> oder versteht schlicht technisch nicht, was ein Link ist und was auf
> Eurer und einen anderen Website steht. Leider kommt so etwas häufiger
> vor als man denken würde, insbesondere bei einer Generation von
> Verlegern, Autoren und Journalisten, die eine Aversion gegen das
> Internet hegen und es als Entwertung ihrer Arbeit und Bedrohung ihrer
> Existenz empfinden.
> 
> > Wir erklärten Herrn Bittermann, dass man als Medienwissenschaftler
> > beispielsweise die Aufgabe habe, auf den Unterschied von Urheberrecht
> > und Copyright hinzuweisen und dass man als  Urheberrecht das Recht
> > eines Urhebers an seinem Werk bezeichnet, welches unveräußerbar sei
> > und deshalb auch nicht bei einem Verlag liegen könne. 
> 
> Stimmt zwar, aber der Urheber kann den Verlag exklusiv mit der Wahrnehmung
> seiner Rechte betrauen und tut dies in der Regel auch. Denn dies ist die
> gängige Konstruktion von Autorenverträgen aller Verlage. Sie führt dazu,
> daß der Unterschied von angloamerikanischen Copyright und
> kontinentaleuropäischem Urheberrecht in der Theorie zwar existiert, aber
> in der Praxis weitgehend irrelevant ist. Zudem hat auch der/die
> Übersetzer/in ein Urheberrecht an der Übersetzung. Selbst wenn die Erben
> bzw. Rechtsnachfolger von Debord Dir erlauben würden, den Buchtext frei
> zu nutzen, würde dies nicht automatisch auch für die deutsche Fassung
> des Texts gelten.
> 
> Ich hätte - aus taktischer Klugheit - den o.g. juristischen Disput nicht
> angefangen. Der Verlag sitzt hier eindeutig am längeren Hebel und hat
> die Rechtssprechung auf seiner Seite. Wenn Ihr die Auseinandersetzung so
> führt, könnt Ihr sie nur verlieren.
> 
> > Daraufhin bekamen wir eine einstweilige Verfügung, in der uns eine
> > Strafe von 250.000 (Zweihundertfünfzigtausend) Euro Strafe oder eine
> > Haftstrafe bis zu sechs Monaten angedroht wurde: „Der Antraggegnerin
> > wird im Wege der einstweiligen Verfügung (...) untersagt, auf der
> > Internetseite www.wmg-seminar.de einen Link zu dem Buch des Autors Guy
> > Debord mit dem Titel „Die Gesellschaft des Spektakels“ zu
> > unterhalten und/oder zu setzen (...). 
> > 
> > Das Kosten des Verfahrens hätten wir zu tragen. Streitwert: 50.000
> > Euro. 
> 
> Bitte mißverstehe mich nicht als Zyniker, aber als künstlerische Aktion
> ist dies natürlich großartig. Man muß es sich auf der Zunge zergehen
> lassen, daß die beiden Texte, deretwegen unabhängige Künstler und
> Netzaktivisten mit ruinösen Urheberrechtsverfahren, Anwaltsrechnungen
> und Gefängnisandrohungen überzogen wurden, Adornos "Dialektik der
> Aufklärung" und Debords "Gesellschaft des Spektakels" sind. 
> 
> > Ich möchte diesen Vorfall zum Anlass nehmen, noch einmal auf die Frage
> > des Copyrights zurückzukommen und einerseits die Zweckmäßigkeiten und
> > andererseits die Rechtslage zu diskutieren. 
> 
> Das würde nicht tun, ich halte dies für unklug. Deine Rechtsauffassung
> ist ideell, nicht Mainstream. Sie eignet sich für eine Theoriedebatte
> und philosophisches Seminar (was ich nicht ironisch meine), nicht aber
> für eine reale juristische Auseinandersetzung.
> 
> > Was ist eigentlich aus eurer (Inke A., Florian C. )
> > Totenkopf-Publikation geworden? Habt ihr auch geklagt oder findet ihr
> > die Veröffentlichung nun doch eher schmeichelhaft? Oder habt ihr
> > einfach gar nichts gemacht? 
> 
> Ich kann nur für mich sprechen: Ich habe letztlich gar nichts gemacht,
> weil ich erstens in irgendeinem seelischen Abgrund immer noch der
> Teenager-Anarchist bin, der gegen Polizei und Gerichte seine Abneigung
> hegt. Als Medium liegt mir ein offener Protestbrief mehr als eine Klage.
> Zweitens wollte ich den Lentos-Kuratoren nicht auch noch den
> sadistischen Triumph gönnen, daß ich in meinem Leben jemanden
> ausgerechnet wegen einer Urheberrechtsverletzung verklage (was meine
> einzige juristische Handhabe gewesen wäre). Der letzte Grund war, daß
> die Lentos-Direktorin Stella Rollig in Linz wegen ihrer nicht
> ausreichend populistischen Museumspolitik vor Ort unter Beschuß ist und
> - nachdem es schon eine lokale Zeitungsmeldung gab und, wie man mir 
> sagte, die "Kronen-Zeitung" an der Sache dran war - ich nicht den
> falschen Leuten Munition liefern wollte.  Schmeichelhaft finde ich die
> Publikation in diesem dümmlichen Buch aber nicht, im Gegenteil, auf die
> Nachbarschaft mit "Prada Meinhof" & Co. hätte ich lieber verzichtet.
> 
> > Ich habe gehört, dass für die Texte zu einem früheren 
> > Zeitpunkt schon einmal Gelder geflossen sind, oder sind das Gerüchte? 
> 
> Wiederum kann ich nur für mich sprechen: Mein Text war das nachträglich
> ausgearbeitete Manuskript eines Vortrags, den ich im Rahmen einer von
> Johannes Auer gestalteten Vortragsreihe 2002 in der Stadtbibliothek
> Stuttgart gehalten habe. Für diesen Vortrag bin ich bezahlt worden, sehr
> anständig übrigens. - Wie ich hier schon einmal geschrieben hatte, hätte
> Lentos den Text kostenlos haben können; meinetwegen auch anonymisiert,
> wenn man im Vorfeld mit uns gesprochen und ich das Projekt gut
> gefunden hätte. Da letzteres aber nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich
> mich zu dem Projekt nicht anders verhalten als zu einer konventionellen,
> akademischen Publikation und auf einer Quellennennung bestanden.
> 
> Ich fürchte nur, daß Dir alle meine Ausführungen nichts nutzen, weil
> Dein Fall aus juristischer Sicht ja genau umgekehrt ist, denn Du
> hast keinen Klagegrund, sondern lieferst jemand anderen einen.
> 
> > Kann man für die Anbringung eines Links tatsächlich haftbar gemacht
> > werden, wenn der Link das Copyright verletzt?  
> 
> Leider ja, s.o..
> 
> > In Hoffnung auf eine fruchtbare Diskussion,
> 
> Ich empfehle, Euch wegen des Fall mit der Initiative Freedom for Links
> <http://www.freedomforlinks.de> in Verbindung zu setzen, mit Alvar
> Freude von odem.org (falls er nicht schon hier mitliest), der eine ganz
> ähnliche Auseinandersetzung hinter sich hat, mit dem Chaos Computer
> Club und eventuell mit dem FFII <http://www.ffii.de>. Versucht, die
> Geschichte z.B. in den Ticker von Heise Online zu bekommen. Medien wie
> Telepolis, taz und jungle world sind sicherlich auch dankbare Abnehmer
> der Geschichte.  Ich würde die Geschichte unbedingt auf die Tatsache
> reduzieren, daß Euch wegen Verlinkung auf eine Kopie der "Gesellschaft
> des Spektakels" eine Klage und Schadenersatz angedroht wird. Laßt alle
> rechtsphilosophischen Spekulationen über Urheberrecht und Copyright
> 'raus bzw. betreibt sie lieber hier in der rohrpost, aber nicht in den
> Massenmedien. Sonst hält man Euch für Spinner. Auch das Argument der
> akademischen Nutzung bringt nichts, bzw. taugt nur als Detail. Natürlich
> sollten das weltweit auch alle situationistischen Websites,
> nothingness.org, notbored.org etc.  mitbekommen und entsprechend
> dokumentieren. 
> 
> Letztlich könnte Ihr die Auseinandersetzung nur über den Meinungsdruck
> der Öffentlichkeit gewinnen. Wenn es schlechte Presse und ätzende
> Glossen über Situationismus und dessen Rekuperation per Anwaltskanzlei
> hagelt, Buchhandlungen die Ausgabe aus dem Regel nehmen und Herrn
> Bittermann als Remittenden zurückschicken, ist er seinen "besten
> Backlisttitel des Verlags" los und wird sich, wenn er vernünftig ist,
> die Sache noch einmal überlegen.
> 
> -F
> 
> -- 
> http://cramer.netzliteratur.net


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