[rohrpost] Nachgedanken zur Medientheorie-Debatte

Stefan Heidenreich stefan.heidenreich at rz.hu-berlin.de
Sam Jan 22 03:45:42 CET 2005


das franst alles sehr aus ...

im wesentlichen stimme ich wolfgangs thesen zu - würde aber überlegen, 
ob und wie sie stärker für die kulturelle, politische und ökonomische 
praxis fruchtbar gemacht werden können.
die streitereien um theorie machen nur dann sinn, wenn wir uns fragen, 
was an unserer welt wir damit wissen wollen; und also: was ein begriff 
verdeckt, was er offenlegt, wo er genau sein muss, um etwas wissen zu 
können.

das erscheint mir eigentlich als die herausforderung, an der sich in den 
nächsten jahren entscheiden kann, ob medientheorie ein akademischer 
dinosaurier wird (wie mans am luhmann-jargon schon absieht) oder eine 
wende zu neuer bedeutung erfährt.

die debatte, ob es nun eine deutsche medientheorie ist, oder wieviele es 
davon gibt, schiesst in dieser hinsicht völlig am ziel vorbei.

gruss,
stefan

Till Nikolaus von Heiseler schrieb:
  ...
> Wozu Medientheorie?
> [Auszug_01]
>   
...
> [W.E.]   Was ist denn daran gesellschaftlich?
> 
> [TNVH:]   Gesellschaftlich ist daran, dass das Medium immer für bestimmte gesellschaftliche Interessen benutzt wird. Hierbei kann es mehr als ein bloßes Werkzeug sein, es kann als Apparat fungieren und Kontexte erfassen, die Menschen nicht mehr erfassen können. Bestimmte Zeichen, die in einer bestimmten Konstellation auftauchen, können dazu führen, dass auf eine bestimmte Weise observiert wird. Auch ist es möglich, dass die so oder anders aufgenommenen Daten auf Arten verarbeitet werden, wie kein Mensch es vermag; aber trotzdem ordnen sich diese Verarbeitungsprozesse in ihrer gesellschaftlich konkreten Anwendung immer dem Wollen und den Motiven von Menschen oder Interessen von Institutionen unter. Das heißt natürlich nicht, dass Medien ein neutrales Instrument der Übertragung sind, deren Logik semantisch und strukturell ohne Konsequenzen bleibt. 
> Bei der Untersuchungsperspektive, die Sie vorschlagen, frage ich mich aber nicht nur nach der Zweckmäßigkeit - die könnte ich mir in bestimmten Kontexten durchaus vorstellen -, sondern auch und vor allem nach den konkreten Möglichkeiten. Das, was im Medium selbst abläuft, ist mir ja nur über Theorie und Wahrnehmung zugänglich. Wie kann ich auf etwas zugreifen, das nicht im Bewusstsein ist? Deshalb habe ich vorhin nach den Instrumenten der Untersuchung gefragt. Wenn ich das Signal nicht interpretieren darf, dann bleibt mir nur noch die Messung und die strukturelle Beschreibung. Aber auch die Ergebnisse von Messungen müssen interpretiert werden, was immer Theorie impliziert. Ich denke, die Konsequenz wäre hier eher, deutlich zu machen, dass das, auf was man zurückgreift, immer mit Beschreibung zu tun hat. Zweierlei muss man kategorisch trennen: die Beschreibungsformen - diese operieren immer im Medium Sinn - und die Dinge. Die Dinge gehören zur Welt und auf sie haben wir kei
nen Zugriff, da uns dies nicht gegeben ist. 

...