[rohrpost] DATABASE OF VIRTUAL ART : NEW THESAURUS [u]
Florian Cramer
cantsin at zedat.fu-berlin.de
Mon Jun 13 13:04:15 CEST 2005
Lieber Oliver,
danke für Deine Antwort. Nur kurz:
> Du versuchtest den Eindruck zu erwecken, unser Projekt konstruiere "eine
> bestimmte Lesart und einen extrem selektiven Kanon digitaler" Kunst in
> subjektiver Weise...
Nein, nicht nur ich versuche, diesen Eindruck zu erwecken. Du selbst
hattest in Deinem vorigen Diskussionsbeitrag betont, sogar in
Großbuchstaben, daß "IMMERSIVE" Kunst bzw. Immersion das
Aufnahmekriterium für Arbeiten in die Datenbank sei. Darauf habe ich
mich bezogen und dagegen eingewandt, daß dies in dieser Deutlichkeit
nicht auf der Website zu lesen sei.
> produktiv). Nach unserer Erfahrung lassen sich die Kunstwerke am ehesten durch
> Cluster von Begriffen in ihrer Hybriditaet "einfangen":
>
> Bio Art
> Computer Animation
> Computer Graphic
> Database art
> Genetic Art
> Immersive Architecture
> Interactive Art
> Nano art
> Net Art
> Robotics
> Others
> Expanded Cinema
> Kinetics
> Concept Art
> Cybernetics
> Performance
>
> Soundinstallation
> Telematics
> Telepresence
> Transgenic Art
> Virtual Reality
> Augmented Reality
> Mixed Reality
Auch dieser Cluster von Begriffen dokumentiert _einen_ gewissen
Ausschnitt, eine partikuläre Sichtweise oder, um Deine Formulierung zu
benutzen, ein "Fragment" digitaler Kunst. Würde man z.B. die Künstler
einbeziehen, die ich genannt hatte, bräuchte man ganze andere
Stichwörter wie Code Art, Software Modification, Digital Poetry, Game,
Low Tech, ASCII, Hacking usw.usf., und Stichwörter wie "Performance" und
"Concept Art" würde man nie, aber auch niemals unter "Robotics" fassen.
;-)
Bitte mißverstehe mich nicht. Ich habe überhaupt nichts gegen
Subjektivität oder selektive Wahrnehmungen, sitze keinem Phantom von
Objektivität auf und gestehe Deinem/Eurem Projekt gerne zu, seine
individuelle Lesart zu formulieren. Du bezeichnest die digitale Kunst,
die mich interessiert, als "Fragment", ich würde die in der Datenbank
verzeichnete immersive Installationskunst ebenso nur ein "Fragment"
nennen. Es ist völlig klar und auch normal, daß jetzt nach Ende der 90er
Jahre und, soweit ich es übersehe, in einer Flaute und Stagnation
zeitgenössischer Digitalkunst, Streits um die
kunsthistorische Kanonisierung digitaler Kunst ausgefochten werden.
Diese rohrpost-Diskussion hier ist letztlich eine Stellvertreterdebatte
über das, was retrospektiv als die digitale Kunst vor allem der 90er
Jahre zu gelten habe.
Mit meiner Kritik an der "Datenbank" fordere ich keine Objektivität oder
Neutralität ein, sondern nur, daß die partikuläre, am Konzept der Immersion
ausgerichtete Perspektive des Projekts nicht klarer als solche ausgewiesen
wird.
> Nochmals danke fuer Deine Gedanken und Fragen. Freue mich auf
> weiteren Austausch - vielleicht ab jetzt mal face to face.
Gerne und unbedingt, auch wenn ich es aus akutem Zeitmangel erst
einmal schieben muß.
Gruß,
Florian
--
http://cramer.netzliteratur.net