[rohrpost] TESLA im podewils¿schen Palais eröffnet!

Till Nikolaus von Heiseler Till_N_v_Heiseler at web.de
Son Mai 1 12:37:16 CEST 2005


TESLA im podewils’schen Palais eröffnet!

: die Kritik

Um es vorweg zu sagen: Dass wir eine Kritik verfassen,
 heißt nicht, dass wir es besser könnten, es heißt auch 
nicht, dass wir ein elektronisches Feuilleton betreiben 
wollen, in dem Zensuren verteilt werden, sondern es 
handelt sich hier um ein Bekenntnis zur Kritik und zum 
lebendigen Prinzip des Geistes, der sowohl gegen 
Bestehendes als auch gegen sich selbst anzudenken 
vermag. Es ist ein Bekenntnis zu der utopischen (und 
an und für sich unmöglichen) Kultur, die offen und 
diskursiv funktioniert, ohne banal zu werden. 

Am 29.04.05 wurde das TESLA im podewils’schen Palais 
eröffnet. Das Publikum hatte die Erwartung einer 
programmatischen Eröffnung, die sich im neuen Namen 
TESLA  anzukündigen schien. Man war gekommen, um 
zu sehen und gesehen zu werden, man war bereit, über 
das neue Programm zu reden und gespannt darauf, wie 
es aufgenommen und kommentiert werden würde. Das 
Publikum wurde in einen Raum geleitet, die Türen wurden 
geschlossen, das Licht gelöscht und man sah auf zwei 
Screens ein Video, das sich sowohl inhaltlich als auch 
ästhetisch mit Tesla auseinander setzte. Es hatte, so 
könnte man sagen, sowohl geschmackliches als auch 
formales Niveau und war - irgendwie undeutsch - sehr leicht 
und angenehm zu sehen. Zufälligerweise stellte sich später 
heraus, dass es sich um eine Videoperformance, also einen 
Liveact handelte. Die Pointe wurde sozusagen verschenkt, 
denn was fehlte, war jene Rezeptionsprämisse, die das 
ganze zum Miterleben eines dialogischen Experiments machte.

Die Aussage, die man aus dieser Eröffnung lesen könnte, 
ist, dass es dem neuen Leitungsteam (Detlev Schneider, 
Carsten Seiffarth, Andreas Broeckmann) nicht darum geht, 
an jene Medienkunst anzuschließen, die vor allem aus 
Erklärungen und Referenzen besteht, nicht darum, an die 
Repräsentationsmaschinerie anzuschließen und Eröffnungen 
als endlose Danksagungsorgien zu inszenieren, sondern sich 
zum tatsächlich Sinnlichen, zum Stattfindenden, zum Ereignis, 
zum Einzelkunstwerk zu bekennen. 

Wir haben mit einigen Leuten auf der Eröffnung (sicherlich 
nicht repräsentativ) geredet und unzusammenhängend ein 
paar Eindrücke und Kommentare gesammelt, 
zusammengefasst, ergänzt und weitergedacht. 

- „Könnte eine Erklärung, ein Kommentar, eine 
Rezeptionsprämisse nicht auch eine andere Aufgabe haben 
als zu repräsentieren und Bedeutsamkeiten aufscheinen zu 
lassen?  Könnten Erklärungen nicht auch die Funktion haben, 
eine methodische Offenheit herzustellen, die - wenn denn 
Medienkunst auch ein Stück Modellkultur sein soll - notwendig 
ist, damit das Experiment im Gesellschaftlichen und Diskursiven 
ankommt?“ 

- „Hätte man die wohlwollende Energie des Publikums nicht 
diskursiv nutzen können und hätte diesen Diskurs zu einem 
medialen Experiment machen und ihn inszenieren können in 
Anwesenheit oder auch in Speicher- und Übertragungsmedien?“ 

- „Im Video wurde gesagt, dass TESLA Wissenschaft und 
Kunst verbunden habe. Ist das nun das neue Programm? 
Wenn es Programm ist, wie sollen dann Wissenschaft und 
Kunst zusammenkommen? Sicherlich nicht dadurch, dass 
der genetische Code vermusiziert wird oder dass Bilder 
von phosphoreszierenden Kanickeln an die Wand gehängt 
werden, aber eben auch nicht dadurch, dass man den 
Verweis auf Tesla bloß vollzieht. Wie wäre es möglich, 
Wissenschaft und Kunst zu verbinden und MIT WELCHEM ZIEL?“

- „Warum gab es nichts Feierliches?“

- „Kein Fest, keine Party?“

- „Wenn wir davon ausgehen, dass die Künstler heute 
von den Kuratoren dominiert werden und dass erst in 
den Kontexten Kunst entsteht und eine Tendenz zum 
immer größer werdenden Projekt zu beobachten ist und 
wenn man nun die Position hätte, dass die Kunst und 
nicht die Kuratoren und das Label im Vordergrund stehen 
sollen, sondern das Werk, dann muss man die kuratorische 
Arbeit in einen diskursiven Prozess überführen. Der Kurator 
könnte dann Moderator und Kanalisator einer sich selbst 
ordnenden Struktur werden. Hierfür ist methodische 
Offenheit und Transparenz wichtig. Könnte es die Aufgabe 
von TESLA sein, mit künstlerischen und insbesondere 
theatralischen Mitteln und mit den Mitteln der Rede einen 
offenen Diskurs, im besten Falle mit Erkenntnisinteresse 
(das wäre, wenn gewisse methodische und 
epistemologische Standards erfüllt würden, Wissenschaft), 
herzustellen?“  

- „Was wir sozusagen vermisst haben, war etwas, an das 
man diskursiv anschließen kann.“

These: Wenn man Wissenschaft und Kunst zusammen 
denken will, liegt das Zentrum dieser Verbindung weder 
in der Kunst (Fortschreiben der Kunstgeschichte) noch in 
der Wissenschaft (innovative Wahrheiten), sondern im 
Sozialen und vielleicht in den Modellen einer anderen Kultur.

Kommentar: Das Soziale kann, um des Sozialen willen, 
sowohl eingeschlossen als auch ausgeschlossen werden. 
Es kann einen Verschluss geben gegen die Welt für die Welt. 
Dies würde anschließen an eine Romantik, die die gleichen 
Ziele wie die Aufklärung hat, aber andere Mittel verwendet. 

Glück zu allen!
tnvh



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