[rohrpost] conf.: Mediale Codierungen des Sports
Claus Pias
claus.pias at ruhr-uni-bochum.de
Sam Dez 30 15:41:36 CET 2006
Mediale Codierungen des Sports
Konferenz des Forschungskollegs
„Medien und kulturelle Kommunikation“
(SFB/FK 427, Universität zu Köln)
in Kooperation mit dem
DGB Bildungswerk e.V. / Forum politische Bildung
in Hattingen
26. bis 28. Januar 2007
Der moderne Sport ist ohne Massenmedien nicht zu denken; die modernen
Massenmedien allerdings auch nicht ohne das Thema und die Ökonomie
des Sports. Was Sport ist, wie er verstanden wird und/oder werden
soll, wird in medialen Präsentationsformen ausgehandelt, die
ökonomisch und kulturell eine zentrale Stellung in der gegenwärtigen
Gesellschaft und ihrem Mediensystem einnehmen. Entsprechend sind die
Medien, ihre technische Entwicklung, ihre kommunikative Reichweite
und emotionale Wirksamkeit zugleich aufs engste an
Inszenierungsformen des Sports gebunden. Die Auseinandersetzung mit
den medialen Codierungen des Sports verspricht deshalb Einsichten in
zentrale Aspekte der gegenwärtigen Medienkultur.
Während der Mediensport auf der einen Seite durch spezifische
Darstellungsformen, ausdifferenzierte Codes und Regelhaftigkeiten
sowie durch eine oftmals klare räumliche und temporale Abgrenzung als
ein gesellschaftlicher Sonderbereich definiert ist, bildet er auf der
anderen Seite vielfältige Schnittstellen zwischen sportlichem
Geschehen, medialen Verfahren und umfassenderen kulturellen
Diskursen. Der Mediensport strukturiert Wissensformen einer
Gesellschaft, inszeniert Symbole und Modelle für Zugehörigkeit und
Ausgrenzung, für Freundschaft und Feindschaft und etabliert
spezifische Modi der Sichtbarkeit und Sagbarkeit.
Die Tagung fragt deshalb zunächst nach den spezifischen Codierungen,
die den Mediensport von anderen Themen und Darstellungsformen
unterscheiden. Welche kulturellen Darstellungsformen (Narration,
Spiel, Ritual etc.) und welche Praktiken und Wissensformen (Medizin,
Statistik etc.) verarbeitet der Mediensport und macht sie für sich
sowie für die Darstellung und Bewertung von Gesellschaften und
Individuen, von Kulturen und Verhaltensweisen fruchtbar?
Durch die objektivierende Vermessung körperlicher Leistungen und die
kritische Beobachtung strategischen Handelns ist der Mediensport ganz
zentral an den kulturellen De- und Renormalisierungen von Körpern und
Verhaltensweisen beteiligt. Die Klassifizierung von körperlichen und
charakterlichen Typen kann hier ebenso mit Plausibilität versehen
werden wie die Affirmation von Fairness, Chancengleichheit und
Wettbewerb.
Zudem ist der Mediensport von gesellschaftskonstitutiven Konzepten
wie 'Nation', 'Rasse', 'Geschlecht', 'Klasse' u.a. durchdrungen, die
er gemäß seiner eigenen Regelhaftigkeiten umformt und mit seinen
spezifischen Varianten und Plausibilitäten anreichert. Der Sport ist
somit unvermeidlich in die immer umkämpften Praktiken von Politik und
Repräsentation eingebunden, wobei zunehmend globale und nationale,
ökonomische und staatliche Artikulationsformen des Mediensports
konkurrieren oder auch wechselseitig voneinander profitieren.
Insbesondere im Blick auf so genannte Rand- und Fun-Sportarten oder
auf Computerspiele zeigt sich allerdings auch, dass solche
Inszenierungsformen des Sports durch kulturelle und mediale Umbrüche
immer wieder erheblichen Modifikationen unterliegen.
Programm
Freitag 26.1.2007
Codierungen des Sports – Ausgangspunkte
16:00 Begrüßung und Einleitung
16:30–18:30
Tobias Werron (Luzern) Der Weltsport und seine Medien
Patricia Feise-Mahnkopp (Oldenburg) Fernseh-Fußball und Gender:
zwischen Alltagsritual und Religion
Samstag 27.1.2007
De- und Renormalisierungen im Mediensport
9–10:30
Cornelia Renggli (Zürich) Handicap: Sport und Behinderung in
den Medien
Christine Hanke (Potsdam) Körpertypologien in der
Sportwissenschaft
11–12:30
Rainer Vowe (Bochum) Doping
Michael Cuntz (Köln) Doping und die Strategien der Re-
Nationalisierung
Sport / Politik / Repräsentation
14–16 Uhr
Oliver Geden (Berlin) Kulturelle Repräsentationen von
Leistung und Erfolg im US-Sport
Christian Koller (Zürich) Elf Fußballsoldaten
verteidigen die Eidgenossenschaft
Frank Stephan Kohl (Amsterdam) Inszenierung oder Mystifizierung des
brasilianischen Fußballs zum Zuckerhutzauber
16.45–18.45
Annette Vowinckel (Potsdam) Sport und Medien im Kalten Krieg
Lu Seegers (Siegen) Sport, Medien und nationale
Identität
Justus Meyer (Hamburg) Sport, Nation und
Massenkommunikation
Sonntag 28.1.2007
Neue Sportarten – neue mediale Codierungen?
9–11
Tanja Adamus (Duisburg/Essen) E-Sport – Computerspiele als Sport
Rebecca Ladewig (Berlin) Die Extreme des Parkours: Parkour
und das Spiel mit den Medien
11:00 Abschlussdiskussion