[rohrpost] transmediale.06 Conference 'Reality Addicts' (3-5 Feb 2006)

Andreas Broeckmann abroeck at transmediale.de
Mon Jan 2 15:25:46 CET 2006


transmediale.06
REALITY ADDICTS
Berlin, 3. - 7. Februar 2006

Akademie der Kuenste
Berlin, Hanseatenweg 10

Konferenz
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Einleitung

Die Konferenz der transmediale.06 widmet sich unter dem Titel 'Reality Addicts'
kuenstlerischen und gesellschaftlichen Ideen, die nicht an den Grenzen der
medialen Wirklichkeit Halt machen. 'Reality Addicts' stellt die Frage nach dem
Verhaeltnis von Medien und Wirklichkeit nicht aus der Perspektive von
Technologien, die eine bestimmte Wahrnehmung und Realitaetskonstruktion
auferlegen. Stattdessen geht die Konferenz in fuenf Panels und vier
Einzelvortraegen der Frage nach, wie diese Konstruktionen unterlaufen,
uebertrieben, oder ad absurdum gefuehrt werden koennen. 'Realitaetssucht' ist
eine positive, affirmative Haltung zur Wirklichkeit, die an die Macht des
Humors als Form der Kritik und als gesellschaftliche Praxis glaubt.
Realitaetssucht ist das Verlangen nach immer noch mehr Wirklichkeit, die im
Widerspruch mit dem liegt, was wir schon kennen und wissen. Die Konferenz
bietet einen Reality Check fuer die Gegenwart aus kuenstlerischer,
kulturtheoretischer und sozial engagierter Perspektive.

In Kooperation mit der Bundeszentrale fuer politische Bildung.

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Humour Politics

Freitag, 3.2.2006, 14.00 h

Humor ist eine der wichtigsten Methoden, durch die Kuenstlerinnen und Kuenstler
sich mit gesellschaftspolitischen Prozessen kritisch auseinandersetzen und die
Moeglichkeiten gesellschaftlicher Veraenderung erkunden. Die Parodie, das Spiel
und der Karneval sind Formen der Kritik, die von KuenstlerInnen wie auch von
AktivistInnen der politischen und sozialen Bewegungen verwendet werden, um
oeffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit Humor ziehen sie gegen die Zwaenge
eines Realismus ins Feld, der nur auf Funktionen und nicht auf Folgen achtet.
Sie stellen die Spektakelfixierung der Medien bloss und protestieren gegen neue
rechtliche und politische Grenzen, sowie gegen Einschraenkungen der freien
Meinungsaeusserung. Humor ist eine Ueberlebensstrategie der politisch
engagierten Kunst.

mit Anne-Marie Duguet, Gerald Raunig, Sebastian Luetgert
moderiert von Brian Holmes



Dominique Noguez: 'L'humour n'existe pas'

Freitag, 3.2.2006, 19.00 h

Der franzoesische Philosoph, Autor und Essayist Dominique Noguez ist der
bedeutendste Denker, der sich heute mit dem Humor als Konzept und als
gesellschaftliche Praxis beschaeftigt. In seinem Vortrag wird Noguez auf die
verschiedenen Nuancen des Humors, dessen Rhetorik und oeffentliche wie
kulturhistorische Bedeutung eingehen, indem er ueber die Grenzen des Humors
spricht.

moderiert von Simon Critchley


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Media Addicts I

Samstag, 4.2.2006, 12.00 h

Das Panel 'Media Addicts' untersucht die Phaenomene einer medial vermittelten
Wirklichkeit. Es diskutiert die Technologien, die zunehmend unser Dasein
durchwirken und fragt nach der Darstellung, der Wahrnehmung und der
Veraenderung von Realitaet durch Medien. Sind wir inzwischen in den
futurologischen Szenarien und den 'Science Fictions' der 1980er Jahre
angekommen? Und wie entwickeln sich die subjektiven, die sozialen und
politischen Strukturen, die von den Techno-Utopisten so oft ignoriert oder in
rosigsten Farben gezeichnet wurden? In diesem ersten Teil von 'Media Addicts'
(der zweite Teil folgt am naechsten Tag) liegt der Schwerpunkt auf der
gesellschaftspolitischen Bedeutung von Medientechnologien.

mit Jordan Crandall, Simon Penny, Lu Jie
moderiert von Matthew Fuller



Transgressions

Samstag, 4.2.2006, 16.30 h

Unsere Gegenwartkultur ist gekennzeichnet von einem paradoxen Nebeneinander von
Exzess und Kontrolle. Waehrend aesthetische und moralische
Grenzueberschreitungen so normal werden wie die taegliche Dosis an Schock und
Horror, lernen wir zugleich, mit immer strengeren Abgrenzungs- und
Kontrollmechanismen zu leben. Das Panel 'Transgressions' beschaeftigt sich mit
kuenstlerischen und theoretischen Aspekten dieses Gegensatzes zwischen extremer
Freiheit und Kontrolle. Gibt es ueberhaupt noch ethische Grenzen und Mauern, an
denen die Kunst sich reiben kann? Und welche Bedeutung haben heutzutage die
aesthetischen Strategien der Ueberschreitung?

mit Shu Lea Cheang, Jens Hauser, Katrien Jacobs
moderiert von Sigrid Schade



Gerburg Treusch-Dieter: 'Mundstueck-Schlauch-Behaelter. Effekte und 
Defekte einer Wunschmaschine'

Samstag, 4.2.2006, 19.00 h

Gerburg Treusch-Dieter beschaeftigt sich seit vielen Jahren mit der
Gender-Codierung des Verhaeltnisses von Mensch und Maschine. Mit tiefgruendigem
Humor und unnachgiebigen Fragen wendet sie sich den Dingen des modernen Alltags
wie denen des historischen Mythos zu und verknuepft, was zusammengehoert. In
ihrem Vortrag widmet sie sich dem Staubsauger, dessen psychologische
Vielschichtigkeit exemplarisch ist fuer die Art und Weise, wie Technologie und
Koerper zusammenhaengen.

moderiert von Marie-Luise Angerer


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Media Addicts II

Sonntag, 5.2.2006, 13.00 h

Viele Leute umgeben sich heute mit einer umfangreichen Palette von digitalen
Gadgets. Mobiltelefon und MP3-Spieler, GPS- und Navigationssystem sowie eine
Vielzahl medialer Kanaele fuer Informationen und Unterhaltungsangebote gehoeren
zum Alltag moderner Zeitgenossen. Schwankend zwischen Konsumterror und
umfassender Selbst-Ueberwachung bewegen sich 'Media Addicts' in einer
technologisch gepraegten Welt, in der die Grenze zwischen Individuum, medialen
Prothesen und den hybriden Schichten des Cyberspace verschwimmt. Wie veraendert
sich unsere subjektive Wahrnehmung durch mobile Medien in diesen 'augmented
realities', und wie wirkt sich dies auf den sozialen Zusammenhalt und die
Bedeutung von Oeffentlichkeit aus? Welches Verlangen und welche Notwendigkeiten
treiben uns in diese erweiterten Medienrealitaeten?

mit Michael Bull, Janet Cardiff, Marie-Luise Angerer
moderiert von Matthew Fuller



Mistakology

Sonntag, 5.2.2006, 16.30 h

Jeder Technologie sind ihre Fehler und Unfaelle immer schon inhaerent - diese
Einsicht ist zwar alt, wird aber in unserer Vorstellung von Technologie immer
wieder ignoriert: Technologie muss kontrollierbar und sicher sein, um ihre
Zwecke und Funktionen erfuellen zu koennen. Technische Dysfunktionalitaet wird
von der modernen Gesellschaft im freudschen Sinne 'verdraengt'. Funktionale
Diskrepanzen zwischen Menschen und Maschinen werden auch dann als 'menschliches
Versagen' bezeichnet, wenn die Technik unmoegliche Anforderungen 
stellt. Deshalb
sind Maschinen und ihre Fehler eine unerschoepfliche Quelle humoristischer
Einwaende und Parodien.

mit Claus Pias, Norman White
moderiert von Inke Arns



Simon Critchley: 'To be or not to be is not the question - on 
Beckett, Humour and Film'

Sonntag, 5.2.2006, 17.30 h

Wie Beckett richtig schreibt, ist 'nichts lustiger als das Unglueck'. Simon
Critchleys Vortrag erkundet den schwarzen Humor Samuel Becketts durch eine
Vorfuehrung von dessen einzigem Kino-Experiment, 'Film' von 1965, mit Buster
Keaton. Critchley wird sich auf die 'Agonie des wahrgenommen Werdens'
konzentrieren, die den Kern von Becketts Werk ausmacht und die Hamlets
beruehmtes Dilemma vermeiden hilft. Wie Critchley zeigen wird, ist der Humor
viel tragischer als die Tragoedie.



Jean-Jacques Perrey

Sonntag, 5.2.2006, 19.00 h

Jean Jacques Perrey wurde 1929 in Frankreich geboren und gilt als einer der
Pioniere der elektronischen Musik. Perrey widmet sich dieser Musik, seit er
Anfang der 50er Jahre sein Medizinstudium aus Liebe zum damals brandneuen und
heute legendaeren Synthesizer Ondoline aufgab. Im New York der 60er Jahre
begann er mit Gershon Kingsley, einem weiteren Synthesizer-Besessenen, aus
field recordings a la musique concrete mittels Ondoline und Moog 'Music for
Laughs and Smiles' zu produzieren - Musik naemlich, die gluecklich machen soll.
Die beiden gelten als die Begruender des Space Age Pop und landeten mit der LP
'The In Sound from Way Out' ihren ersten grossen Erfolg. Perrey arbeitete nicht
nur mit solchen Groessen wie Raymond Scott, Robert Moog, Pierre 
Schaeffer, Edith
Piaf, Walt Disney, Angelo Baladimento zusammen, seine verrueckte Elektromusik
diente immer wieder auch als Sample- und Remixmaterial fuer Musiker juengerer
Generationen, wie beim 1996er Beastie Boys Album 'The In Sounds from Way Out'
oder dem Remix des Seventies-Funk Klassikers 'EVA' von Fatboy Slim.
Jean Jacques Perrey ist zur transmediale.06 erstmals in Berlin. Am 6.2. stellt
er, zusammen mit Dana Countryman, im Club Transmediale seine neue CD vor. Am
Vorabend spricht er in der Akademie der Kuenste anhand von Musikbeispielen und
Bildern ueber seine aussergewoehnliche Karriere.

moderiert von Timothy Druckrey




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