[rohrpost] Bilderklau auf hohem Niveau: THIS IS NOT BY ME

cornelia sollfrank cornelia at snafu.de
Don Okt 26 20:44:43 CEST 2006


Im Geiste Warhols – Bilderklau auf hohem Niveau

THIS IS NOT BY ME

Einzelausstellung Cornelia Sollfrank im Kunstverein Hildesheim
ERÖFFNUNG mit einer Einführung durch Kurator Thomas Kaestle und die 
Künstlerin
Sonntag, 29.10.06, 13.00 Uhr
Ausstellung: 29. Oktober bis 17. November 2006

Seit fast zehn Jahren bereits experimentiert Cornelia Sollfrank mit 
Computerprogrammen, die selbstständig aus dem Internet Bilder herunter 
laden und zu neuen Kunstwerken collagieren. Mit ihren 
Netzkunstgeneratoren (http://net.art-generator.com) hat sich die in 
Hamburg und Celle lebende Künstlerin nicht nur einen Namen gemacht als 
Pionierin der Netzkunst, sondern auch einigen Ärger eingehandelt, denn 
die Programme benutzen alles, was sie finden können – und dazu gehört 
oft auch urheberrechtlich geschütztes Material. So hat sich das 
Experimentieren mit digitalen Medien und deren künstlerischem Potenzial 
im Laufe der Jahre ausgedehnt auf das Erforschen des Konzeptes 
„geistiges Eigentum“ (Urheberrecht) und seiner Bedeutung für die Kunst.

Im Zentrum ihres im Kunstverein Hildesheim gezeigten Werkkomplexes 
steht die exemplarische Auseinandersetzung mit dem us-amerikanischen 
Pop-Art-Prota-gonisten Andy Warhol. Warhol, der selbst hauptsächlich 
aus Medien und der Werbung stammende Bilder zu seiner Kunst machte, 
betrieb als erster Künstler des 20. Jahrhunderts diese Art der 
künstlerischen Aneignung (appropriation) und versuchte zusätzlich durch 
die von seiner Person losgelöste Herstellung der Werke 
(Siebdruckverfahren, Assistenten) den herkömmlichen Begriff 
künstlerischer Autor-schaft zu unterminieren. Maschinelle und serielle 
Produktion sowie Automation sind Verfahren, mit denen Warhol sein Leben 
lang experimentierte. Sollfrank führt diese Experimente mit dem 
Computer als Werkzeug und dem Internet als unerschöpfliche Quelle von 
Material fort. Und auch das Motto der Künstlerin A smart artist makes 
the machine the work erinnert an die Ambitionen ihres Vorgängers durch 
Automatisierung in der Kunstproduktion sich mehr Freizeit zu 
verschaffen…

Die ersten Arbeiten zu Warhol entstanden 2004 für eine Ausstellung in 
Basel. Bei den bearbeiteten Bildern handelte es sich um die bekannten 
Warhol Flowers, ein Blumenmotiv, das Warhol 1964 selbst aus einem 
Fotomagazin „geklaut“ hatte, was ihm nachfolgend ein Verfahren wegen 
Urheberrechtsverletzung einbrachte. Diese Schweizer Ausstellung wurde 
kurzfristig abgesagt. Grund: die ungeklärte rechtliche Situation der 
Bilder Sollfranks. Dies nahm die Künstlerin zum Anlass, vier 
Urheberrechtsanwälte zu ihrem Fall zu befragen. Doch keiner der von ihr 
befragten Spezialisten vermochte zu klären, wer – aus juristischer 
Sicht – als Urheber eines neu entstandenen Blumenbildes zu bezeichnen 
ist und ob das Ausstellen und Verkaufen der Bilder legal ist. Die 
Video-Interviews wurden als Installation mit dem Titel Legal 
Perspective Teil der Ausstellung. Parallel dazu betrieb Sollfrank 
eigene juristische Recherchen und verfasste den Text copyright © 2004, 
cornelia sollfrank, der versucht, den Urheber/ die Urheberin eines 
durch das Computerprogramm erstellten Bildes zu ermitteln.

Obwohl die rechtliche Situation noch unsicher ist, sind nun im 
Kunstverein Hildesheim erstmals großformatige Ausdrucke des 
bearbeiteten Blumenmotives zu sehen. In einer farblich strukturierten 
Hängung entfalten die zahlreichen Bilder ihren unwiderstehlichen 
Charme.

Doch Highlight der Ausstellung und wichtigste neue Arbeit in diesem 
Werkkomplex ist ein Interview, das Sollfrank mit Andy Warhol im 
Gespräch zeigt. Die beiden Künstler sprechen über das Blumenmotiv und 
dessen Geschichte, über Vorstellungen von Autorschaft und Automation, 
Sollfrank erklärt die Funktionsweise ihrer Computerprogramme und bittet 
Warhol darum, endlich Klarheit in die Sache zu bringen…

DAUER DER AUSSTELLUNG: 29.10. bis 18.11.06
MI 19.00 bis 20.00 Uhr (Führung), SA 15.00 bis 18.00 Uhr, SO 11.00 bis 
18.00 Uhr
sowie für Gruppen nach Vereinbarung

DISKUSSION: WEM GEHÖRT DIE KUNST?
mit Cornelia Sollfrank und dem Hamburger Urheberrechts-Spezialisten 
Jens O.
Brelle (www.art-lawyer.de): 08.11.06, 20.00 Uhr

Literaturhinweise:
net.art generator, Cornelia Sollfrank, Verlag für Moderne Kunst 
Nürnberg, (2004)
New Media Art, Mark Tribe, Reena Jana und Uta Grosenick, TASCHEN Verlag 
(2006)
Geschichte der bildenden Kunst, Band 6, Prestel Verlag (2006)

Kunstverein Hildesheim, Am Kehrwieder 2, 31134 Hildesheim
Thomas Kaestle, post at thomas-kaestle.de, tel 0511-54488982, mobil 
0175-2903798

Gefördert durch die Stadt Hildesheim, das Land Niedersachsen sowie die
Sparkasse Hildesheim und die Niedersächsischen Sparkassenstiftung.