RE: [rohrpost] Volker Grassmuck erklärt zum Jahreswechsel was Freie Software ist...

Sophia Nabokov sophia_nabokov at yahoo.de
Die Jan 1 16:05:06 CET 2008


Lieber Till,
hier schicke ich dir den korrigierten Text für den Blogartikel ( http://www.formatlabor.net/blog/?p=208 ) und auch über Rohrpost; -- vielleicht will ja jemand mitdiskutieren. Ich hoffe, dass ich die Sache richtig verstanden habe und es im Text nicht mehr so viele Tippfehler gibt. Und ich hoffe auch, dass es dir nix ausmacht, dass ich ihn hier poste. 

Sophia

Hier der Text: 

Die Geschichte der Freien Software ist nicht nur die Geschichte eines nie da gewesenen Produktes, eines Produktes, das einerseits immateriell ist (wie alle digitalen Daten) und anderseits produktiv wie andere Produktionsmittel auch (wie etwa Fabriken und Maschinen), sondern die Geschichte der Freien Software erzählt das Wachsen einer alternativen Ökonomie, in der Arbeit nicht mehr bezahlt wird und Leistungen nichts mehr kosten. Die Arbeitsstrukturen in denen Freie Software geschrieben (produziert) wird, sind prinzipiell offen. Prinzipiell im zweifachen Sinne a) im Sinne der der Definition und des Prinzips - Freie Software zeichnet sich dadurch aus, eben nicht in einem geschlossenen Unternehmenszusammenhang produziert zu werden und b) im Sinne der Einschränkung, denn tatsächlich teilnehmen kann nur der, der es vermag zum Autor Freier Software zu werden und eine entsprechende Qualifikation mitbringt. Wenn wir die Produktionsstrukturen Freier Software modellhaft begreifen und
 also nach ihrer Übertragbarkeit auf andere Arbeits- und Produktionsstruktur fragen, erscheint es sinnvoll, zunächst die Besonderheiten der Freien Software zu beschreiben.
 1. Historische Wurzeln. Computerprogramme haben womöglich zwei Wurzeln. Die eine liegt in der kostenlosen Beigabe der Software zu einer Hardware und die andere liegt in der Universität. Die Universität ist ein privilegierter Ort, zu vergleichen mit dem antiken Staatstheater. Ein Ort, der für die Wissensproduktion der Gemeinschaft so wichtig erscheint, dass man ihn gemeinschaftlich über Steuern finanziert.
 2. Globalität. Die Zusammenarbeit an Freier Software ist grundsätzlich nicht örtlich gebunden, sondern kann über das Internet geschehen. Sie ist nicht lokal gebunden.
 3. Anerkennungsökonomie. Die Community ist gut vernetzt und das Bedürfnis der Anerkennung besteht vor allem in der Peer-to-Peer-Gruppe. Die Anerkennung der Peer-to-Peer Gruppe ist nicht käuflich. Den anderen Gesellschaftsmitglieder ist die Wertschätzung der eigentlichen Programmierarbeit weitgehend verschlossen (denn Sie können den Code nicht lesen und beispielsweise eine elegante Lösung nicht von einer weniger eleganten unterscheiden).
 4. Inmaterialität. Es handelt sich um ein digitales Produkt d.h. um ein Produkt, das prinzipiell kostenlos distribuiert werden kann. Wird ein Brot gebrochen und verteilt, bekommt jeder nur einen Teil. Die digitale Information dagegen wird durch Teilung nicht weniger. Unter diesem Aspekt ähnelt Software allen Formen von Information und Wissensformen, die sich von ihren materiellen Trägern emanzipieren können.
 5. Kopplung von Lese- und Schreibkompetenz. Für Programmierer ist ein Code, wenn er offen ist, lesbar. Gegenüber ihren Konsumenten verhält sich Software dagegen eher wie audio-visuelle Formate (Kinofilme, TV-Format) zu deren Konsumenten: Sie ist ausschließlich ausführbar. Dies entspricht der Lesbarkeit (dem Sehen und Verstehen) etwa von Filmen. Der Konsument von Filmen und TV besitzt in der Regel eine Lese- , aber keine Schreibkompetenz. Auf der Seite der Programmierer verhält sich Freie Software wie Schrift; denn bei Schrift schließt Lesefähigkeit in der Regel die Fähigkeit zu Schreiben ein.
 ***
 Die Produktionsstrukturen der Freien Software verweisen auf eine Welt, in der Arbeit und Konsum neuen Regeln gehorchen, eine Welt, in der die Lebensberechtigung von Geldarbeit abgekoppelt ist (vgl. hierzu Konzepte des bedingungslosen Grundeinkommens) und in der deshalb nicht für den Bedarf, sondern für Bedürfnisse produziert werden. (Zur Unterscheidung von Bedürfnis und Bedarf)


Till Nikolaus von Heiseler <till.n.v.heiseler at googlemail.com> schrieb: Volker Grassmuck erklärt zum Jahreswechsel was Freie Software ist..
Sein Buch "Freie Software" gibt es zum kostenlosen Download :::

http://www.formatlabor.net/blog

Happy New Year!
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