[rohrpost] medienkunst? einladung

susanne gerber cu at cucusi.de
Mit Jan 30 00:23:02 CET 2008


On Jan 29, 2008, at 10:14 AM, Caspar Clemens Mierau wrote

...Es gibt keine Nichtvermittlung....bei jeglicher Herstellung von  
Bildern werden "Medien" benutzt - und doch hat sich die Bilder- und  
Vorstellungswelt  mit dem Aufkommen der fotografischen Medien radikal  
verändert und ein weiteres mal, noch radikaler, mit dem massenhaften  
Einsatz digitaler Medien.

Deshalb möchte ich gerne ein paar Unterschiede betonen und einige neue 
(alte) Begriffe ins Gespräch bringen, die qualitative Unterschiede im  
Herstellungsprozess, der Verbreitung und Rezeption von Bildern und  
Kunstwerken berücksichtigen.

Es gab und gibt handwerklich, materielle Artefakte, die Unikate  
sind:  Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und andere gegenständliche  
Werke der bildenden Kunst (Kollagen, Installationen). Die Kunst des  
Unikats hat eine lange Geschichte, wird aber auch gegenwärtig  
ausgeübt und weiterentwickelt und hat in Kunstwelt und Kunstbetrieb  
weiterhin hohes Ansehen und hohen Sammlerwert.

Die Erfindung der Fotografie und des Films versetzte  Bildproduzenten  
und auch Künstler in die Lage  Filme und Bilder, mit Hilfe eines  
chemischen Prozesses, in kurzer Zeit und  mehrfacher Ausfertigung  
herzustellen. Für die Besitzer einen Fotoapparates blieb die Anzahl  
der Fotografien begrenzt. Die massenhafte Verbreitung von Bildern  
geschah durch Presse, TV und Filmindustrie (Massenmedien). Die  
Kontrolle über die Bilder wird zu einer politischen Macht. Im Feld  
der analogen Fotografie und des analogen Films entsteht limitierte  
Kunst. Sie kann sich zunehmend auf dem Kunstmarkt behaupten.

Mit Hilfe des Computers war es möglich eine Bilderwelt und Bilderflut  
rechnerisch, digital zu simulieren und damit alle bisherigen  
Bildmedien zu transformieren und zu reproduzieren. Der Vielfalt,  
Menge, Schnelligkeit und Verfügbarkeit  von Bildern  jeglicher Art  
sind keine Genzen mehr gesetzt.
Die Kunst, die nur unter Einsatz digitaler Technologie denkbar ist,  
und die diese Technologie auch reflektiert, wurde erst Computerkunst  
genannt und  mit dem Einsatz der Möglichkeiten des Internets, dann  
auch Netzkunst. Die digitale Fotografie und der digitale Film gehören  
aber auch hierher. Der Begriff  digitale Kunst (vielleicht auch  
unlimitierte Kunst ?) liefert eine übergreifende Bezeichnung. Die  
Debatten zu geistigem Eigentum, Copyright und Digital Rights  
Management zeigen, dass der digitale, vernetzte Raum eigene  
Koordinaten hat. Marktmechanismen sind hier zunächst nicht wirksam.  
So ist auch das mangelnde Interesse des Kunstmarktes nicht weiter  
verwunderlich.



In diesem Kontext

Einladung zur Veranstaltung "rotes quadrat"

am Samstag 2. Februar um 20.00 Uhr

im New Thinking Store, Tucholskystrasse 48, 10117 Berlin

Im Jahr 2000 wurde ein  Computerspiel mit dem Namen "rotes quadrat"  
geschrieben.

Es bezieht sich auf den russischen Maler Kasimir Malewitsch, der 1913  
mit seinem Gemälde "Das schwarze Quadrat" den Endpunkt der  
gegenständlichen Malerei setzt. Tatsächlich hat das neue Bildmedium  
Fotografie viele bisherige Funktionen der Malerei  abgelöst und die  
Malerei fällt auf sich selbst zurück.

Andererseits kommentiert das Computerspiel "rotes quadrat" den  
historischen Zeitpunkt zu dem sich der Kunst neue Perspektiven im  
digitalen Raum eröffnen. Im Spiel können Millionen von  
Kompositionsmöglichkeiten innerhalb eines roten Quadrates mit und  
gegen den Zufall spielerisch erfahren werden. Damit reflektiert es  
die endlosen Möglichkeiten digitaler Konstruktion und Dekonstruktion.

Der Abend soll Gelegenheit bieten, anhand des Spieles, ein möglichst  
weiterführendes Gespräch zu beginnen über diese beiden historischen  
Punkte in der Kunstgeschichte und der Entwicklung der Medien.

Bring your computers. You might like the game.

Susanne Gerber, Künstlerin, Berlin