[rohrpost] (fwd) Kerckhove, Leeker, Schmidt (Hg.), McLuhan neu lesen

Andreas Broeckmann ab at mikro.in-berlin.de
Mit Jun 25 10:16:57 CEST 2008


Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne möchten wir Sie auf einen kürzlich im transcript Verlag erschienenen
Titel aufmerksam machen:

Derrick de Kerckhove, Martina Leeker, Kerstin Schmidt (Hg.)
McLuhan neu lesen
Kritische Analysen zu Medien und Kultur im 21. Jahrhundert

April 2008, 514 S.,
kart., zahlr. Abb.,
inkl. DVD, 39,80 î
ISBN 978-3-89942-762-2

Dieser international und interdisziplinär besetzte Band nimmt eine kritische
Re-Lektüre von Marshall McLuhans Medientheorie vor und setzt sich so mit der
zeitgenössischen Medienlandschaft auseinander.
Die medien- und kulturwissenschaftlichen Beiträge, die um künstlerische
Stellungnahmen ergänzt sind, bieten eine umfassende und einmalige Sammlung
von Perspektiven auf das Werk McLuhans, neue Erkenntnisse zu Genese und
Implikationen seines Denkens sowie zu Umsetzungen in der Medienkunst. Das
Ergebnis ist ein so noch nicht da gewesener Einblick in den aktuellen Stand
der Medien- und Kulturwissenschaften.

Dem Band ist eine DVD beigefügt, die neben Kurzinterviews mit den Autoren
und Autorinnen auch vielfältiges medienkünstlerisches Material bietet.

Derrick de Kerckhove (Prof. Dr.) ist Leiter des McLuhan-Programms für Kultur
und Technologie in Toronto, Kanada. Seine Forschungsschwerpunkte sind
Neurophysiologie der Medien sowie kulturelle Auswirkungen digitaler Medien.
Martina Leeker (Prof. Dr.) ist Juniorprofessorin für Theater und Medien an
der Universität Bayreuth. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Theatergeschichte
der Medien und Mediengeschichte des Theaters.
Kerstin Schmidt (Dr. phil.) unterrichtet amerikanische Literatur und Kultur
am Amerika-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre
Forschungsschwerpunkte sind amerikanische Literatur und Kultur des 19. und
20. Jahrhunderts, Drama und Theater der Postmoderne sowie Theorien von
Räumlichkeit in amerikanischer Literatur, Photographie und Architektur.

Weitere Informationen und Leseproben finden Sie unter:
http://www.transcript-verlag.de/ts762/ts762.php




Miriam Horn schreibt:

Trotz der innovativen und rhetorisch nachhaltigen 
Inbegriffe wie "global village" oder "the medium 
is the message" verweigern sich viele Botschaften 
des kanadischen Medien- und Kulturtheoretikers 
(1911-1980) oft einer perspektivischen Deutung. 
Der Reader McLuhan neu lesen versucht dies 
erneut. Der Band basiert auf der Konferenz 
"Re-Reading McLuhan" (Februar 2007, Universität 
Bayreuth) und hat es sich zum Ziel gesetzt, 
sowohl Applikationen McLuhan'scher Theoreme für 
die zeitgenössische Medienbetrachtung als auch 
die Grenzen derselbigen gerade für die digitale 
Umwelt des Computers aufzuzeigen. Die Kritik der 
Herausgeber richtet sich gegen die Dominanz einer 
Medienanalyse, die in erster Linie technische und 
historische Entwicklungen fokussiert. Sie 
votieren deshalb analog' zu McLuhan - die 
Integration des Digitalen in den menschlichen 
Körper (The Extensions of Man, 1964) - für eine 
Einverleibung gerade ästhetisch-kultureller 
Implikationen in die kontemporäre 
Medienwissenschaft. Eine der zentralen 
Fragestellungen hierbei: Wo ergeben sich 
interessante und notwendige 
Referenz-/Kongruenz-/Divergenzbereiche seiner 
Thesen?

So lokalisiert Klaus Bartels (Hamburg) in seinem 
Beitrag prothetische Wirkungen der Medien. Diese 
tauchen zum Beispiel im Zusammenhang mit 
"pervasive games" auf. Diese semi-digitalen 
Spielen durchdringen die Grenzen von Virtualität 
und Realität spielerisch und benötigen dafür 
instruierende Tools wie Handys, Computer oder ein 
GPS. Jens Schröter (Siegen) erörtert die 
umstrittene Unterscheidung McLuhans in heiße und 
kalte Medien und erkennt eine Entsprechung für 
analoge beziehungsweise digitale Situationen. 
Gerade im Großkapitel "Lesarten", also der 
eigentlichen Re-Readings, ergeben sich in 
Anwendung auf McLuhans Idee vom individuellen 
Nutzwert und den Effekten einer Automation für 
den Menschen interessante Grenzbereiche seiner 
Prophetien.

Neben den breit angelegten Defaults einer 
Textsammlung zu Genese, Diskursen und Lesarten 
enthält McLuhan neu lesen entscheidende 
weiterführende Assoziationen. Diese Teile, mit 
"Seitenblicke" und "Medien heute" überschrieben, 
bieten gleichberechtigte Analogien und 
Repräsentanzen des McLuhan'schen Oeuvres für 
medienkünstlerische Arbeitsweisen wie 
beispielsweise neo-avantgardistische Vertreter 
der 1960er Jahre (Martina Leeker, Bayreuth), die 
biotechnologische Kunst (Jens Hauser, Paris) oder 
eine eigene multisensorische Installation. Dieses 
von Peter Bexte (Potsdam) zusammen mit Studenten 
umgesetzte "Marshall McLuhan Project" wurde im 
Rahmen der Konferenz gezeigt und findet sich 
neben einer gründlichen Auswahl an 
weiterführenden Links, Bild- und Tonmaterial 
sowie Autoreninterviews auf der beigefügten DVD 
wieder.

Damit nicht zuletzt dem Mantra "the medium is the 
massage" folgend, ermöglicht der vorliegende Band 
zahlreiche interdisziplinäre Perspektiven auf 
auch zukünftig einflussreiche Thesen. Die 
Rückbesinnung auf McLuhan ist trotz oder gerade 
ob der Schwierigkeit einer eindeutigen 
Systematisierung - bedingt durch die den 
Ansichten eigentümliche Dynamik - für die Medien- 
und Kulturwissenschaften unentbehrlich. McLuhan 
neu lesen bietet als Reader hierbei nicht nur 
eine breite Bestandsaufnahme der 
Medienwissenschaften, sondern zeigt auch, unter 
welchen (neuen) Vorzeichen und Bedeutungsrastern 
diese sowohl den technischen wie auch 
ästhetischen Entwicklungen gerade im web x.0 
Rechnung tragen müssen.