[rohrpost] »Gibt es >maßlose Bilder<?« Vortrag von Sybille Krämer an der BBAW

Ingeborg Reichle ingeborg.reichle at kunstgeschichte.de
Die Mar 18 10:31:21 CET 2008


»Gibt es >maßlose Bilder<?«

Ein Vortrag von Sybille Krämer anlässlich des 3. Jungen Forums für 
Bildwissenschaft am 27. März 2008, 19.30 Uhr

Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften,
Einstein-Saal, Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin


Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe »Die Welt als Bild« der 
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und die Schering 
Stiftung laden ein zu einem öffentlichen Abendvortrag von Professor Dr. 
Sybille Krämer (Freie Universität Berlin) zur Frage >Gibt es maßlose 
Bilder<? - ein philosophischer und kunstwissenschaftlicher Diskurs über 
die Kraft von Bildern.


Programm

19.30	Begrüßung durch Steffen Siegel (IAG Welt als Bild)
Begrüßung durch Heike Catherina Mertens (Schering Stiftung, Berlin)
Vorstellung der Referentin durch Jochen Brüning (IAG Welt als Bild)

20.00	Vortrag von Sybille Krämer: Gibt es maßlose Bilder<? Ein 
philosophischer und kunstwissenschaftlicher Dis-kurs über die Kraft von 
Bildern

21.00	Diskussion des Vortrags, Moderation: Ingeborg Reichle, Steffen 
Siegel, Achim Spelten

21.30	Empfang im Dachgarten der Akademie mit Präsentation der 
Brotakademie -- ein Modell zum Anbeißen der Berliner Künstlerin Käthe 
Wenzel sowie Vorstellung des Buches >Visuelle Modelle<



Abstract des Vortrags "Gibt es ,maßlose Bilder'?"
Kritische Überlegungen im Horizont der Frage nach der Kraft von Bildern

Bilder begegnen uns in lebensweltlichen Zusammenhängen stets 
,abgezirkelt und ein-gegrenzt'. Außerdem folgt ihre Produktion nahezu 
lückenlos regulativen Prinzipien. Können Bilder also überhaupt maßlos 
sein? Auf eine solche Frage sind unterschiedliche Antworten möglich: 
(1.) Wenn die Kraft und Macht der Bilder ihnen nicht intrinsisch, das 
heißt notwendigerweise zukommt, sondern vielmehr angewiesen bleibt auf 
den Blick der Betrachter, so kann auch ,Maßlosigkeit' keine Eigenschaft 
des Bildes, sondern allenfalls unseres Umgangs mit ihm sein. Die 
Performanz des Bildes wurzelt nicht im Bild, sondern im Blick. (2.) Es 
lassen sich in der frühen Neuzeit drei Regime der visuellen Darstellung 
und Sichtbarkeit (Martin Jay) unterscheiden: ,dreidimensionale' 
Zentralperspektive, ,zweidimensionale' Kartographie und schließlich 
,vieldimensionaler', anamorphotischer Barock (Buci-Glucksmann). 
Innerhalb dieser Typisierung betrachtet, sprengt die barocke Darstellung 
jene Maße mathematischer Homogenität, welche der Rationalisierung des 
zentralperspektivischen und kartographischen Sehens eigen ist. (3.) Mit 
seiner Unterscheidung von apollinischen und dionysischen Dimensionen, 
die nicht als ein Entweder-Oder aufzufassen sind, hat Nietzsche ein 
Spannungsfeld aller Kunst diagnostiziert -- und zwar  am Maßstab von Maß 
und Maßlosigkeit (wobei er gerade das Bildliche primär mit dem Maßvollen 
assoziierte). Jedoch hat Nietzsche diese Differenz -- ehe er sie 
kunsttheoretisch verallgemeinerte -- am Phänomen der gesprochenen Sprache 
entdeckt. Damit zeigt sich das Rauschhaft-Dionysische - als eine 
Dimension aller symbolischen Vollzüge - und nicht etwa nur der Bilder. 
Ist es möglich, diese Differenz wieder zu finden in der für den Diskurs 
über die Bilder wichtigen Unterscheidung von ,Transparenz' und 
,Opazität', im Sinne von ,Durchsichtigkeit' und ,Störung'? Auf diese 
Fragen versucht der Vortrag Antworten zu geben.


Junges Forum für Bildwissenschaft; IAG Welt als Bild

Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe »Die Welt als Bild« der 
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften veranstaltet im 
März 2008 zum dritten Mal das »Junge Forum für Bildwissenschaft«. In 
diesem Jahr ist die Tagung der Frage nach »Maßlosen Bildern« gewidmet. 
Eingeladen werden in jedem Jahr Geistes-, Sozial- und 
Naturwissenschaftler, die den Schwerpunkt ihrer aktuellen 
Forschungsarbeit auf die Analyse der Vielfalt von Bildmedien setzen. In 
der gemeinsamen zweitägigen Debatte des Jungen Forums sollen die 
Möglichkeiten einer interdisziplinären Bildforschung ausgelotet wer-den.
Bislang sind aus dem Jungen Forum zwei Sammelbände hervorgegangen, die 
von Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Die Welt als Bild (herausgegeben von 
Ingeborg Reichle, Steffen Siegel, Achim Spelten) vorgelegt worden sind: 
Verwandte Bilder. Die Fragen der Bildwissenschaft, Berlin (Kulturverlag 
Kadmos) 2007, 2. durchgesehene Auflage 2008; Visuelle Modelle, München 
(Wilhelm Fink Verlag) 2008.


Empfang im Dachgarten und Kunstwerk von Käthe Wenzel

»Brotakademie. Ein Modell zum Anbeißen«

Im Rahmen des 3. Jungen Forums für Bildwissenschaften formt die 
Künstlerin Käthe Wenzel ein detailgenaues Modell der Akademie der 
Wissenschaften -- aus Brot. Ausgehend von der Idee, dass Architektur 
fortwährend durch kulturelle, soziale und individuelle Nutzungen geformt 
und verformt wird, entsteht ein Modell zum Verzehr: Die knusprige 
Nachbildung der Akademie thematisiert einfache Formen der Inbesitznahme 
ebenso wie unser Verhältnis zum gebauten Raum und die kulturhistorische 
Verbindung von Körper und Brot. Am Abend wird die Brotakademie, 
anlässlich des Empfangs im Dachgarten der Akademie, zur freudigen 
Einverleibung durch die Gäste des Abendvortrags freigegeben.
Käthe Wenzel setzt sich künstlerisch und wissenschaftlich mit der 
kollektiven Produktion von Kultur und den Überschneidungen von Kunst und 
Wissenschaft auseinander. Sie realisierte unter anderem Ausstellungen 
und Projekte am Medizinhistorischen Museum (Berlin), in der Schafler 
Gallery (New York) und dem Museo de San Juan (Puerto Rico). Darüber 
hinaus unterrichtet sie an der Universität für Angewandte Kunst in Wien 
und an der International Jacobs University in Bremen. Käthe Wenzel lebt 
in Berlin.

Kontakt

eMail: bildwissenschaft at bbaw.de
Web: www.bbaw.de
Tel.: +49.30.20370-573