[rohrpost] Fredy Neptune im poesiefestival berlin
Boris Nitzsche
Nitzsche at literaturwerkstatt.org
Die Apr 14 16:06:33 CEST 2009
Die Suche des Dichters nach Gefühl: Das Langpoem Fredy Neptune erstmals auf der Bühne
Das poesiefestival berlin bringt am 5.7.2009 das Langpoem "Fredy Neptune" von Les Murray auf die Bühne.
Sein Held spürt nichts mehr: "Kein Schmerz und keine Lust. Nur wie ein Schemen von dem Sinn,/ der meldet, wo ein Teil von einem ist". Die Gräuel des Jahrhunderts haben Fredy Neptune gefühllos gemacht. Das poesiefestival berlin bringt am 5.7.2009 in der Akademie der Künste Les Murrays monumentales Langpoem auf die Bühne. Leopold von Verschuer inszeniert das Werk mit der "eindringlichen, bildhaften Poesie mit hohem Schimpf- und Fluchanteil" (Süddeutsche Zeitung). Es durchzieht die großen Arenen des 20. Jahrhunderts und reicht von den Wirren des 1. Weltkrieges über Dresden im Bombenhagel, Berlin, die Schützengräben, die Häfen und Bordelle bis nach Nordafrika und Hollywood, um schließlich in Australien zu enden.
Unter der Regie von Leopold von Verschuer schaffen vier Schauspieler eine Stimmensymphonie, einen gemeinsamen Erzählstrom, akzentuiert durch chorische Passagen, wobei die Schauspieler die Erzählstimme im Wechsel übernehmen. Der Bühnenbildner Jean-Baptiste Bellon erzeugt mit alten Film- und Diaprojektoren und von ihm bearbeiteten Filmspulen einen flimmernden Lichtraum für diese aberwitzige Erzählung, übersetzt von Thomas Eichhorn.
Inspiriert von Derek Walcotts "Omeros" schrieb der Australier Les Murray ein Werk, das Bezüge sowohl auf Homer, die Bibel, Heiligenlegenden ebenso wie Don Juan und Don Quixote aufweist. Er erzählt dabei allerdings keine persönliche Leidensgeschichte, sondern eine irrwitzige Odyssee. Als er die Verbrennung armenischer Frauen mit ansehen muss, verliert Les Murrays Held Fredy Neptune, ein Australier deutscher Herkunft, jegliches Schmerzgefühl. Er macht sich auf eine Suche nach Empfindung. Das Schicksal treibt ihn nach Amerika, wo er erst in einer als Irrenanstalt getarnten Luxusresidenz landet, später kommt er als Landstreicher nach Hollywood und begegnet Marlene Dietrich. Aber Les Murray orientiert sich nicht am Epos, als das er sein Werk auch nicht bezeichnet wissen will, sondern am Film, am Action-Movie, an Comic-Strips und Fernsehserien. Er schlägt dabei einen lässigen, humorvollen, sehr direkten Ton an, dessen balladeske Leichtigkeit von der Kraft der Umgangssprache, von Slangs und derben Dialogen geprägt ist, der sich aber immer wieder in klarer Dichtkunst bricht und schließlich nach der Wirkung von Poesie fragt: "wie gut is dein Gedicht? Kann es sie wieder/ lebendig machen nach dem Tanz in Kerosin?"
Leslie Allan Murray (*1938, Nabiac, Australien) ist der wichtigste zeitgenössische Dichter Australiens. Seine Werke wurde in zehn Sprachen übersetzt. Seinen ersten Gedichtband brachte er 1965 zusammen mit Geoffrey Lehman heraus (The Ilex Tree), zahlreiche Werke folgten. Über sein Schaffen sagt er: "Die poetische Erfahrung scheint letztendlich eine Erfahrung der Ganzheit zu sein. Wenn ein Gedicht echt ist, ist es unerschöpflich; es lässt sich nicht zusammenfassen oder in andere Worte übertragen. Es ist gekennzeichnet durch eine merkwürdige Simultanität von Stille und rasender Erregung"
Er wurde u.a mit dem Petrarca-Preis (1995) und dem T.S. Eliot-Preis (1996) ausgezeichnet, 1999 erhielt er die Queens Gold Medal for Poetry.
Das poesiefestival berlin wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und findet statt in Kooperation mit der Akademie der Künste.
So, 5.7.2009, 20.00 Uhr
Langpoem: Fredy Neptune
Von Les Murray, Übersetzung: Thomas Eichhorn
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10
Mit: Eva Brunner, Kirsten Hartung, Leopold von Verschuer, Klaus Wildermuth
Regie: Leopold von Verschuer
Bühne und Kostüme: Jean-Baptiste Bellon
Boris Nitzsche
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poesiefestival berlin 27.6.-5.7.2009
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