[rohrpost] EMBEDDED ART Filmreihe im Zeughauskino: 24. und 25.02.
Moritz von Rappard
rappard at blinx.de
Mon Feb 23 10:03:06 CET 2009
EMBEDDED ART
Kunst im Namen der Sicherheit
Filmreihe im Zeughauskino
im Rahmen der gleichnamigen Ausstellung in der Akademie der Künste am Pariser Platz
Kuratiert von Florian Wüst
Das Thema Sicherheit betrifft längst nicht mehr nur den Schutz vor natürlichen Gefahren, Unfällen oder militärischen Angriffen, sondern ist zu einem Lebenstil, zu einer Wachstumsbranche geworden. Kommerzielle Sicherheitsdienste und staatliche Exekutivorgane profitieren von einer gesellschaftlichen Situation, in der sich die vorrangig nukleare Bedrohung des Kalten Krieges hin zur Angst vor terroristischen Anschlägen verschoben hat. Deren Unkalkulierbarkeit wird mit neuen Überwachungstechnologien und der schrittweisen Beschränkung von Bürgerrechten und Privatsphäre begegnet. Doch ebenso wie Sicherheit und Kontrolle einen zentralen Gegenstand nationaler und internationaler Politik bilden, lassen sie sich als Grundformeln der Moderne begreifen: das Leben zu standardisieren, planbar, effizient, frei und sicher zu machen. Die die gleichnamige Ausstellung in der Akademie der Künste am Pariser Platz begleitende Filmreihe kombiniert genreübergreifende Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme, um auf diese Weise die aktuelle Brisanz der Debatte um Innere Sicherheit, Angst und Terror, Protestkultur und Ausgrenzung historisch zu kontextualisieren und Fragen nach den psychologischen wie sozialen Implikationen zu stellen.
Programm 3/6
Dienstag, 24.02.
20.00
"Fünf Meilen westlich", Konstantin Kalser, A: Volkswagen AG, BRD, 1958, 13'
"The House in the Middle", P: Federal Civil Defense Administration, USA, 1954, 7'
"Auch wir helfen", A: Bundesluftschutzverband, BRD, ca.1955, 2'
"Scannex Man", John Watt, CA, 1981, 6'
"Neue Heimat", Ebba Jahn, BRD, 1982, 15'
"Protect and Survive - Casualties", P: Central Office of Information, UK, 1976, 2'
"In Order Not to Be Here", Deborah Stratman, USA, 2002, 33'
Während des Kalten Krieges wurden die Bevölkerungen in Ost und West in unzähligen Aufklärungsfilmen daran erinnert, auf einen nuklearen Erstschlag vorbereitet zu sein. Dennoch schien über jeder Maßnahme der scheußliche Verdacht zu schweben, niemand könne einen Atomkrieg überleben. Betrachet man Filme wie "The House in the Middle", die englische Zivilschutz-Serie "Protect and Survive" oder frühe Werbefilme des Bundesluftschutzverbandes, so wirken sie auf lächerliche Weise unzulänglich und propagandistisch. Statt der möglichen Katastrophe rückt der Aspekt der sozialen Kontrolle in den Vordergrund und entpuppt sich als das wahre Sujet. "Neue Heimat", Ebba Jahns Beitrag zu dem vom SFB und dem Literarischen Colloquium ko-produzierten Episodenfilm "Aus heiterem Himmel" (1982), wendet sich gegen das atomare Wettrüsten der 1980er Jahre. Die Kamera folgt der Protagonistin in den U-Bahnhof Pankstraße, der als multifunktionaler Schutzbunker gebaut worden war und auch heute noch als solcher besteht. Das Programm verbindet diese Filmdokumente einer vermeintlich längst vergangenen Zeit mit dem Bild einer Gesellschaft, die dem Glauben an den technischen Fortschritt verfallen ist - von der Autostadt Wolfsburg als Symbol des westdeutschen Wirtschaftswunders in "Fünf Meilen westlich" über die düster inszenierte Vermarktung häuslicher Überwachungssysteme in "Scannex Man" bis zur leblosen Hermetik amerikanischer Vorstädte in Deborah Stratmans "In Order Not to Be Here". Einführung: Florian Wüst
Programm 4/6
Mittwoch, 25.02.
20.00
"Leben - BRD", Harun Farocki, BRD, 1990, 83'
Harun Farocki montiert ein Sittenbild der Bundesrepublik mit dokumentarischen Aufnahmen von Szenen, in denen Leben geübt wird. Wohin man sieht, treten Menschen als Schauspieler ihrer selbst auf, nehmen Rollen ein. Ein Spiel im Lebenstheater aus Schulungskursen, Tauglichkeitstests von Dingen und Menschen. Sei es im Geburtsvorbereitungskurs für künftige Eltern, beim Trainieren von Verkaufsgesprächen oder auf dem militärischen Übungsplatz, überall ist das unentwegte Bemühen zu verspüren, auf die Gefahren des Alltags vorbereitet zu sein. "Man könnte Farockis filmischen Reflexionen den Baudrillardschen Gedanken zuordnen, dass heute nicht mehr, wie noch in einer Erzählung von Borges, eine Landkarte an ein bestimmtes Gebiet angeglichen wird, sondern dass jene der Wirklichkeit als Simulakrum vorausgeht. Dies veranschaulicht Farocki insbesondere in "Leben - BRD". Menschenkörper agieren dort wie Maschinen oder schließen sich an Maschinen an, während Puppen und Gestelle anstelle von Menschen proben. Ob Autoschlüssel, Waschmaschinen, Hebammen, Fahrschüler oder Versicherungsvertreter, alle fügen sich in die moderne und absurde Welt einer "Risikogesellschaft": ein einziges Proben für den Ernstfall, den Notfall, den Unfall in allen Sektoren des wirtschaftlichen und sozialen Lebens." (Christa Blümlinger) Einführung: Florian Wüst
Vorschau
Programm 5/6
Dienstag, 17.03.
20.00
"World Trade Center", Korpys/Löffler, D, 1997, 7'
"Chic Point", Sharif Waked, IL, 2003, 7'
"Sa Nule", Marjoleine Boonstra, NL, 1996, 9'
"Limes - Aktion Limes", Erwin Wagenhofer, A, 2002, 27'
"Tongues of Vipers", John Orentlicher, CA, 2002, 6'30''
"Bollhagen", Markus Bertuch, D, 2008, 9'
"All Right", Aleesa Cohene, CA, 2003, 7'
Programm 6/6
Mittwoch, 18.03.
21.00
"Punishment Park", Peter Watkins, USA, 1971, 89'
Zeughauskino
Deutsches Historisches Museum
(Zeughausgebäude Eingang Spreeufer)
Unter den Linden 2
10117 Berlin
030-20304-770
http://www.zeughauskino.de
EMBEDDED ART
Kunst im Namen der Sicherheit
Ausstellung der Akademie der Künste und der Künstlergruppe BBM
24. Januar bis 22. März 2009, Di bis So 11-20 Uhr
Immer freitags im Clubraum "Bar zur Inneren Sicherheit"
Künstlergespräche / Vorträge / Filmvorführungen
Zur Ausstellung erscheint ein englischsprachiger Katalog im Verlag argobooks.
Akademie der Künste, Pariser Platz 4, Berlin-Mitte, Tel. 030.20057-1000
http://www.adk.de/embedded_art
--