[rohrpost] Kunst/ Klang + Fourier im Rahmen der Ausstellung [“Ubiquitous oscillations” or “Fourier changed our world”], Berlin

Shintaro Miyazaki miyazaki.shintaro at gmail.com
Die Jan 13 21:12:45 CET 2009


Kunst/ Klang + Fourier
- ein [medien/musik/kunst]-wissenschaftliches Gespräch

im Rahmen der Ausstellung [“Ubiquitous oscillations” or “Fourier  
changed our world”]
http://ubiquitous-oscillations.com/

Do 15. Januar, 2000 Uhr
General Public, Schönhauser Allee 167c, Berlin

Jan-Peter E. R. Sonntag (Deutschen Klangkunst-Preis 2008)

+ Martin Donner (M.A.), Oswald Bertold + Sebastian Döring
aus dem [post-kittlerianischen Gedankenlabor der Medientheorie HU  
Berlin]
werden über den Zusammenhang von Fourier, Klang, Elektronik und  
Mediengeschichte referieren.

kuratiert und moderiert von Shintaro Miyazaki (Medientheoretiker,  
Kurator und Künstler)

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Aufgrund der angenommenen Ubiquität erscheint die einfache
Strategie eines "random walk" ausreichend, um weitere erfahrenswerte
Orte des Diskurskomplexes "Oszillationen" zu besuchen. Das könnten
z.B. Unschärfe, Elektromagnetismus und mediale Übergangsverluste
sein. Unterwegs können die Pfeiler Raum, Frequenz und Zeit
sowie die Beziehung von Natur und Modell betrachtet werden.
[Oswald Bertold]


"Wieweit die Emanzipation vom natürlichen Klang bereits  
fortgeschritten ist,
davon geben die Partituren dieser Richtung ein aufschlußreiches Bild.  
Das
Notenbild ähnelt mit seinen in weiten Sprüngen gesetzten Tonpunkten  
geradezu
einem Oszillogramm. Man hat den Eindruck, daß seine Verwirklichung die  
Präzision
und Beweglichkeit des die Noten rasternd abtastenden Strahles der  
Braunschen
Röhre voraussetzt." (Robert Beyer, 1954)

In den knapp einhundert Jahren zwischen Fouriers Theorem und DER RÖHRE
hat man Sinunsschwingungen nicht gesehen. -- Hat man nicht? -- Hat man!
Für Jean Baptiste Joseph Fourier war seine Methode ein "universales  
Prinzip der
analytischen Geometrie", für Georg Simon Ohm eine "Definition des  
Tones", für
Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz der Schlüssel zur  
"Schwingungsform".
Dem "materiellen" Sinuston wurde mit verschiedenen Medien auf den  
immateriellen
Zahn gefühlt. Die bekanntesten sind der Phonautograph und die Sirene.  
Eine kleine
Medientheater-Einlage bei Ubiquitous Oscillations zeigt mit dem  
Rubens'schen
Flammenrohr ein echt "heißes" Medium der Wellenvisualisierung.
[Sebastian Döring]

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“Ubiquitous oscillations” or “Fourier changed our world”

9. - 16. Januar 2009, General Public, Schönhauser Allee 167c, 10435  
Berlin

mit Shingo Inao, Daisuke Ishida + Noriko Yamaguchi, Stephane
Leonard, Hirofumi Matsuzaki, Satoshi Morita und Seiji Morimoto.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Schnittstelle von Kunst,  
Technologie,
Gesellschaft und Klang. Es werden Entwicklungen und künstlerische  
Positionen
zeitgenössischer Medienkunst gezeigt, die mit sowohl digitalen als
auch analog-elektronischen sowie mechanischen Technologien
künstlerisch-reflektiv arbeiten.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wird in der Physik, Mathematik und
Naturwissenschaft nicht mehr von einem statischen Weltbild ausgegangen,
sondern von einem zeitlich-dynamischen Weltbild. Dinge die zuvor un-
berechenbar waren wie Schwingungen, Energie und Wärme wurden sehr
bald techno-mathematisch kalkulierbar. Jean Baptiste Joseph Fourier  
(1768 - 1830)
gilt dabei als wichtige Figur, da er mathematisch bewiesen hat, dass die
meisten komplexen Schwingungen, das bedeutet auch komplexere  
musikalische Klänge, auf
einfache Sinus-Schwingungen runter berechnet werden können.

Dadurch kann die Struktur von komplexen Naturphänomenen analysiert,
das heisst in Einzelteile zerlegt und wieder synthetisiert, das heisst
zusammengesetzt werden. Der Synthesizer wurde theoretisch begründet.
Hermann von Helmholtz (1821 - 1894) war anschliessend der erste der
ungefähr 1860 mit seinen akustisch-mechanischen Resonatoren Klang-
phänomene analysieren und re-synthetisieren konnte
und damit einen Ur-Synthesizer konstruierte.

Das Weltbild der Wissenschaft hat seit Fourier etwas musikalisches an  
sich.
Deshalb verkehren Musik, Naturwissenschaft und Technologie seit dem in
den Hinterhöfen des Weltgeschehen und produzieren in ihren Affären  
diverse
neue Medien- und Audiotechnologien wie den Phonographen, das Radio, das
Telefon, das Tonband, den Synthesizer, den Musik-Computer, das Internet-
Telephon-Modem, das Mobiltelefon, den Mp3-Player und die neuen portablen
Minicomputer sogenannte Handhelds wie PDA, Smartphone, iPhone
oder Android.

Heute im Zeitalter von Mobilfunk, Wireless Lan, Bluetooth, RFID wo wir
umgeben sind von digitalen Medientechnologien, die immer kleiner und
unsichtbarer werden und trotzdem durch drahtlose Telekommunikation
allgegenwärtig sind, das heisst ubiquitär sind, werden wir in unserem  
Alltag fast
immer mit elektromagnetischen Wellen konfrontiert. Wellen die hörbar
gemacht werden können. So sind wir durch unser Streben nach Mobiltät
gleichzeitig in einer unhörbaren Kakophonie elektromagnetischer
Dissonanzen gelandet.
[Shintaro Miyazaki]