[rohrpost] Donnerstag, 24.03. Seppo Renvall - Directors Lounge Screening in der Z-Bar

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Mon Mar 21 02:07:09 CET 2011


Directors Lounge Screening in der Z-Bar

Seppo Renvall
Times, Songs and Material
16mm films and video

Donnerstag, 24.03. 2011
21:00
Z-Bar
Bergstraße 2
10115 Berlin-Mitte

Times, Songs and Material
Zeiten, Songs und Material

“Nie wirklich gute technische Qualität", “kein 
scharfes Bild", “kein Stativ", “keine singuläre 
Idee" - wenn man diese Notizen zu seinen eigenen 
Filmen liest, könnte man denken, Seppo Renvall 
praktiziert eine Art Anti-Ästhetik. Und wenn man 
nur kurz in die derzeitige Ausstellung seiner 
Werke in die Galerie Suomesta schaut, könnte man 
dies womöglich bestätigt finden. Schauen wir 
jedoch genauer hin, merkt man, dass seine 
Arbeiten keine Anti-Ästhetik verkörpern, keine 
Skandale sollen hier provoziert werden. 
Stattdessen ist des Künstlers “Negativität" gegen 
die große Geste gerichtet, die die Medien 
dominiert, und gegen die Superlativen des 
"Meisten", der “Besten" und des “Höchsten", die 
von der Kunstszene erwartet werden. Theodor W. 
Adorno benutzte den Ausdruck Negativität im 
Zusammenhang mit (künstlerischem) Widerstand und 
mit einer Haltung, die Versöhnung mit dem 
Bestehenden, d.h. der Affirmation mit 
Machtverstrickung oder mit dem “Falschen" nicht 
erlaubt. Seitdem haben sich die Zeiten geändert, 
diese Gesellschaft erfordert nicht mehr ein Leben 
in Alarmbereitschaft (W. Benjamin), sondern 
forciert ein Leben in Aufregung. Seppos 
Negativität erscheint daher sanfter, scheint eher 
als Schutzschild zu wirken, oder als Subversion 
gegen die ständige Erregung, die sowohl die 
Medien als auch die Kunstwelt von Kunst und 
Künstlern erwartet.

“Wenn etwas besonders Interessantes passiert, 
entscheide ich mich vielleicht in die 
entgegengesetzte Richtung zu filmen", und hier 
findet Seppo häufig etwas Sprechenderes als das 
Spektakel, das sich vor ihm entfaltet. Seine 
Sympathie gilt den unbedeutenden Dingen, oder 
vielleicht sollte ich sagen, Empathie. Seine 
Filme tragen seine Empathie mit den “kleinen" 
Situationen im Leben. In logischer Konsequenz 
besteht ein Teil seiner Arbeit aus “Homemovies", 
welche Freunde, Familienleben, Kinder und Reisen 
zeigen, gedreht und präsentiert auf 16mm.

Die Themen seiner Filme sind auch dann verknüpft 
mit dem täglichen Leben, wenn sie das “Spektakel" 
umfassen, wie bei “Nonstoppampam". In diesem (im 
Original) 3-channel Video werden in schneller 
Reihenfolge Pistolenschüsse abgefeuert. 
Vielleicht müssen wir wissen, dass die gefilmten 
Leute zum ersten Mal im Leben mit einer echten 
Waffe schießen, um zu sehen, in was S. Renvall am 
meisten interessiert war: das Staunen, das 
Zögern, den Zwang und die Überraschung über den 
Rückschlag, die sich in den Gesten und in den 
Gesichtern derjenigen spiegeln, die hier “in 
echt" etwas ausführen, was uns sonst von den 
Protagonisten, mit denen wir sympathisieren, im 
Fernsehen täglich vorgespielt wird. Im Film “Iris 
and Nalle" (Welt Premiere) andererseits bereitet 
sich ein Pärchen auf einer Bühne auf eine 
S/M-Show vor, aber “es passiert nichts". Seppo 
läßt sein Publikum in der unerfüllten Erwartung 
verweilen, während die Gesten zwischen Mann und 
Frau vielleicht mehr über die Beziehung und über 
die Bühnensituation aussagen, als der “wirkliche" 
Akt es könnte.

Selbst wenn er Found Footage benutzt, oder 
Photographien aus einem Buch, wie bei “The Price 
of Our Freedom", ist Seppo an den kleinen Leuten 
interessiert. Indem er jedem abgebildetem, im 
Winter 1939/40 gefallenen Soldaten ein 1/25 einer 
Sekunde gibt - abgebildet in einem Buch über die 
“Helden" des Krieges gegen die Sowjetunion - und 
sie dadurch sowohl ineinanderblendet, als auch 
jedes Gesicht sichtbar bleibt, stellt der 
Künstler die Frage nach dem Preis für dieses 
Ereignis neu; (der Krieg wird als nationenbildend 
angesehen, nach einer Zeit in der Finnland 
gespalten war in weiße und rote 
Bürgerkriegsfraktionen.) Dagegen 
zeitgenössischer, zeigt “Drum Zymphony" sowohl 
virtuelle als auch dreidimensionale 
Architekturmodelle von im letzten Jahrzehnt in 
Helsinki gebauter Architektur, während er auf dem 
Soundtrack eine Komposition aus 
Straßenmusik-Aufnahmen aus Helsinki spielt. Der 
Film, der die Architekturmodelle geradezu zum 
Leben erweckt, spricht auch von dem Widerspruch 
zwischen der urbanen Entwicklung der am 
schnellsten wachsenden Metropole Westeuropas und 
der marginalisierten Kultur der Straßenmusiker, 
die in der Kälte bleiben. “Exotique" und 
“Yötähteni" erzählen von Zwischenräumen, zwischen 
Licht und Schatten, Tag und Nacht, Unbewußtem und 
Wachem. In Kombination mit der Musik von Aslak 
Christianson und anderen Musikern, werden viele 
der Filme (Super-8 und 16mm), die zumeist auf 
Video geschnitten sind, zu Liedern über das 
Leben, zu Rhapsodien, und zur Kritik des 
allgegenwärtigen Spiegels des Lebens, den das 
Fernsehen für uns geworden ist.

Kuratiert von Klaus W. Eisenlohr
Mit Unterstützung der Suomesta Galerie, Berlin

http://www.directorslounge.net/
http://www.z-bar.de/
http://open.fixc.fi/public.php?nid_send=271&uid_send=15
http://www.facebook.com/pages/Suomesta-galerie/117934471569793

Programm:
16mm
Home Movies 4 2:00
Home Movies 1-3 7:00
Private Area 3:49

Video
The Price Of Our Liberty 08:09
Warm Front 5:24
Iris And Nalle 2:53
Planet Earth Encyclopedia 6:13
Dancing Shortly 1:13
Exotique 09:57
Dancing Shortly II 2:45
Drum Zymphony 21:15
Nonstop PamPam 4:20
Yötähteni  2:30

-- 
richfilm productions, Klaus W. Eisenlohr, Osnabrücker Str. 25, D-10589 Berlin

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