Re: [rohrpost] Sind die Piraten eine Partei für Künstler?

chr chr at noparts.org
Mon Jun 11 15:56:02 CEST 2012


hmm... ich hab irgendwann mal gelernt das es keine dummen fragen gibt, 
nur dumme antworten... aber bernd brincken, du hast mir in deiner mail 
gezeigt, dass man nie auslernt... es gibt scheinbar doch dumme fragen ^_*

...

Am 08.06.2012 17:29, schrieb Manuel Bonik:
> weil ich dachte: Gut,
> endlich mal eine Partei für die Generation Internet, die in dieser
> Hinsicht nicht ganz soviel Blödsinn schwätzt wie andere Parteien,

es geht ja hier, /also mit hier meine ich konkret hier-deutschland/ hier 
im verdruss über die parteipolitik, in der absage von werten die 
neoliberale götzen schenkten, hier geht es ja eigentlich gar nicht darum 
ob die Piraten nun für eine ?generation internet?, für ?digital natives? 
für ?umsonstkulturelle? oder für ?Künstler? da sind, oder?

ja warum sind sie eigentlich da?
die piraten?
und für wen?
also ich hab sie nicht gerufen und ich bin auch keine 8%
...nicht mal 1%
und am allerwenigsten bin ich ein künstler.
und wäre ich ein künstler, wofür würde ich denn dann eine partei benötigen?
ein Blick in den Spiegel, diese Woche, der zeigt wieder einmal das es 
wohl eher anders herum ist,
nämlich dass Parteipolitik künstlerische prozesse benötigt,
die Politiker die Künstler,
weil ja eigentlich diese rein abstrakten ökonomischen leitkulturllen 
hirngespinnste,
weil diese Abstraktion von realem, von gesellschaftlichem Prozessgeschehen,
weil sie einen gesunden Realismus braucht - meiner meinung nach,
Realismus, dem man sich vielleicht auch nur annähern kann, indem man 
sich ein stück weit entfernt,
von dem Glauben an das master-Individuum, the one and only, the big 
star, dem der das sagen hat, dem der über uns steht, the great artist, 
hello mr president,...

good old Rio Reiser, in einem seiner schönsten songs:
ich bin nicht unter dir
ich bin nicht über dir
ich bin neben dir

wir als künstler (und jeder künstler = Mensch) wir können ja verdammt 
viel dazu beitragen dass Auswirkungen individuell entschiedener 
Aktionen, kollektiv reflektiert werden können,
parteipolitische Entscheidungen,
indem wir, Politikern denen eine politische Macht, oder besser gesagt, 
denen eine persönliche Machtposition weitaus wichtiger erscheint als ein 
sozialer Prozess, /also so ziemlich jedem von ihnen ^_*/
indem wir ihnen, und glücklicherweise nicht nur ihnen, einen Spiegel 
vorhalten.
Ja,
und wir Künstler wir sind gute Spiegel.
oder etwa nicht?

In der privaten kunstwirtschaft da sind es noch weit weniger als 1%, und 
wir sind ja auch nicht gerade die, die herausposaunen könnten dass 
Machtbesessenheit etwas schlimmes sei, der wille zur macht, nein, ich 
finde wir künstler wir sind verdammt gute spiegel.
Nur leider meist nicht in dem sinne, indem man die kunst als spiegel 
gerne sieht.
der spiegel, der ist ja ein meinungsbildendes medium, und da hier die 
Frage nach einer Meinung zu künstlerisch-basisdemokratischen Prozessen 
innerhalb der von uns gewählten Parteipolitik, unserer Repräsentation 
sozusagen, gestellt wurde,

/hmm... eigentlich mögen wir das doch, mögen wir doch dieses 
-meine-verantwortung-abgeben-, sie jemandem anderes in die Hände zu 
legen, nicht andauernd alles selbst entscheiden zu müssen, ist ja eh 
alles viel zu komplex,
oder wie hast du dich ausgedrückt Bernd? ist alles so kompliziiiert 
geworden/

die komplexität als kontrollmechanismus die funktioniert ja auch 
prächtig, und daher muß sie auch aufrecht erhalten werden, denn je 
komplizierter die welt, desto einfacher ist sie zu formulieren,
ein bild aus ihr zu machen.


nun,
niemand hat jemals behauptet
/doch! eigentlich haben's viele, aber ich kann diesem gedanken nicht so 
recht folgen da er mir sobald ich ein wenig darüber nachdenke zu 
kompliziert erscheint/
dass Demokratie einfach ist, dass sie schnell auf einen nenner kommt, 
dass sie eine richtung vertritt, oder dass sie weiß wovon sie spricht,
oder überhaupt dass Demokratie -ist-.
Demokratie WIRD.

In diesem Sinne würde ich ganz klar sagen, ja, wir künstler wir brauchen 
die piratenpartei, nämlich um uns künstlern einen spiegel vorzuhalten,
um uns vielleicht wieder ein wenig aufzuwecken und aus dieser 
Starhype-Traumblase heraus zu katapultieren...nur ein wenig,
nich zuviel...

nun, die frage die ich mir manchmal stelle: hat denn kunst überhaupt 
irgendwas mit demokratie zu tun?
...und, so manche antworten die ich zum beispiel /nicht nur/ im letzten 
jahrhundert von künstlern erfahren hab, die waren vielleicht nicht immer 
schlau, aber waren sie doch demokratisch,
/und/ sie waren offen...
und manchmal da öffneten sie sich so sehr, dass der künstler selbst zur 
antwort wurde, vielen dank herr blissett.

hmm... letztes jahrhundert wurde ein kunstbegriff erweitert, heute wurde 
er zu vielen, zu tausenden und in deutschland zu über 80 Millionen,
und daher muß der kunstbegriff heute auch nicht mehr erweitert werden, 
sondern wir, die künstler, wir müssen endlich lernen damit umzugehen,

und wenn dann ein sven regener, ein mario adorf, ein jan delay, ein 
campino und wie sie alle heißen, wenn sie sich dann öffentlich gegen eine

> Zunehmend erwische ich mich aber bei dem Gedanken, dass das einfach nur
> eine populistische Schnorrer-Partei ist, die den Leuten ein
> bedingungsloses Grundeinkommen und Freibier für alle verspricht, während
> ihr die Interessen von Künstlern, Autoren, Musikern etc. völlig egal
> sind.

richten, dann sind das vielleicht einfach nur hilferufe / auswirkungen 
erweiterter kunstbegriffe die es geschafft haben deren begrifflichkeit 
vollends zu entsagen?
oder einfach nur phrasen von typen die künstlerische prozesse mit werten 
der privaten Kunstwirtschaft besetzen?
von den paar typen eben die davon profitiert haben? ...in deren sinne 
natürlich...

also meiner meinung nach sollte man gar nicht so viel auf erfolgreiche 
menschen hören...
auf mich auch nich

> Was meint ihr?

in meinen augen ist jegliche form von kunst ein politischer prozess, ein 
prozess der sozial ist, sozial im eigentlichen sinne, dem sinn den wir 
als gemeinschaft ihm geben -

und daher würde ich auch ganz klar sagen dass künstler keine partei 
benötigen, weil sie dass,
was die piraten innerhalb der parteipolitik versuchen,
weil das die künstler gerade in der gesellschaft tun.

die frage die dann nur noch bleibt...
ja, wer sind denn diese künstler eigentlich, wenn nicht wir?



n schönen gruß von hier aus

chr

p.s. ich find zu dem thema die mailingliste ag-urheberrecht der piraten 
ganz interessant,  https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-urheberrecht


-- 
nop <http://noparts.org>