[rohrpost] Radiosendung Modernität und Moderne Kunst
Armin Medosch
armin at easynet.co.uk
Fre Jul 3 11:31:22 CEST 2015
Ich freue mich, die Sendung Modernität und Moderne Kunst -
"Wiederentdeckung, Widersprüche und Widersacher" ein Radiokolleg in 4
Teilen, ankündigen zu können. Die Vorberereitungen haben über ein Jahr
gedauert, so war es mir möglich, hervorragende Gesprächspartner_innen
interviewen zu können.
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Die seit einigen Jahren zu beobachtende Welle der Wiederentdeckungen der
Modernen Kunst nimmt dieses "Radiokolleg" zum Ausgangspunkt, um einen
aktuellen und kritischen Blickwinkel auf Modernität und moderne Kunst zu
gewinnen. Die Sendung geht dem Zusammenhang zwischen Moderne als
geschichtlicher Epoche und dem Begriff der modernen Kunst als
Kunstbewegung nach. Mit Interviews mit: Anna Artaker, Sabine
Breitwieser, Okwei Enwezor, Eva Forgacs, Boris Groys, Cornelia Klinger,
Marko Lulic, Alexandra Munroe, Wolfgang Müller-Funk, Georg Schöllhammer,
Terry Smith, Misko Šuvaković. Sprecherin: Clarissa Stadler
ORF Ö1, Radiokolleg: Die Sendung besteht aus vier Teilen von jeweis ca
25 Minuten. Der erste Teil wird am Montag, dem 06. Juli 2015, um 09:05
früh ausgestrahlt, der zweite am nächsten Tag, Dienstag 07. Juli 9:05,
dann am Mittwoch dem 08.07.und Do. 09.07. 9:05 Wiederholung abends
jeweils um 22:15. Die Sendungen können auch aus dem Ausland live
mitgehört werden über http://oe1.orf.at/ Sobald ein Teil ausgestrahlt
ist kann er, ebenfalls über die Website, im 7 Tage Archiv abgerufen werden.
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"Die Rede von der modernen Kunst war immer eine Art Kriegserklärung",
verkündete der Kunsthistoriker und Philosoph Boris Groys auf einer
Konferenz. Sich auf moderne Kunst zu berufen, hieß, sich aus der
Umklammerung der Tradition zu befreien, so der aus der ehemaligen
Sowjetunion stammende Theoretiker. Im selben Atemzug erklärte Groys,
dessen eigene Laufbahn so eng mit dem Begriff der Postmoderne verbunden
ist, diese nun offiziell für beendet.
In den 1980er Jahren bildete die Moderne eine Altlast, die es
abzuarbeiten und zu überwinden galt. Die Argumente lieferten häufig
Widersacher der Moderne wie Friedrich Nietzsche. Seit etwa zehn Jahren
wird die moderne Kunst von jungen Künstlerinnen und Künstlern - wie zum
Beispiel Anna Artaker oder Marko Lulic - aus neuen, zeitgenössischen
Blickwinkeln wieder entdeckt. Dabei geht es nicht um das postmoderne
Zitat, sondern vielmehr um eine Aneignung und Aktualisierung der
Geschichte in der Gegenwart.
Diese Welle der Wiederentdeckungen der Modernen Kunst nimmt dieses
"Radiokolleg" zum Ausgangspunkt, um einen aktuellen und kritischen
Blickwinkel auf Modernität und moderne Kunst zu gewinnen. Die Sendung
geht dem Zusammenhang zwischen Moderne als geschichtlicher Epoche und
dem Begriff der modernen Kunst als Kunstbewegung nach. Wären die
Veränderungen in der Malerei ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
ohne technologische Neuerungen wie Fotografie, Röntgenstrahlen und Radio
denkbar gewesen? Und waren diese Revolutionen in der Kunst nicht eng
verzahnt mit dem Kampf der Arbeiterbewegungen um Anerkennung? Die
abstrakte Malerei von Piet Mondrian und seinen Kollegen der
holländischen Gruppe De Stijl appellierte mit dem Rückgriff auf
universale Formen an universelle menschliche Werte, und protestierte
damit gegen die Gräuel von Nationalismus und Krieg. Die russischen
Konstruktivisten versuchten die gerade gewonnene bolschewistische
Revolution zu unterstützen und über den Weg der Kunst den neuen Menschen
zu formen.
Diese Geschichte wiederholte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, als -
bedingt durch Krieg, Holocaust und die nukleare Bedrohung - der
Humanismus in eine tiefe Krise geraten war, erklärt der aus Nigeria
stammende Kurator Okwei Enwezor, Leiter des "Haus der Kunst" München und
Kurator der diesjährigen Biennale von Venedig. Während der heißen Phase
der Entkolonialisierung in den zwei Jahrzehnten nach 1945 entdeckten
Künstler/innen aus Ländern wie Sudan, Nigeria, Kuba, Indonesien oder
Indien die Formensprache der modernen Kunst, adaptierten sie aber an
eigene Bedürfnisse, um im Zuge des Kampfes gegen die Kolonialmächte zu
einer modernen, nicht traditionellen nationalen Identität beizutragen.
Die Moderne als Epoche erzeugte ihre eigenen Widersprüche, die in der
modernen Kunst lebhaften Ausdruck fand, ob von Befürwortern oder
Gegnern. Armin Medosch nimmt diese andere, vielfältigere moderne Kunst
in den Blickwinkel.