[spectre] Newsletter | Vergabe der Stipendien der Stiftung Niedersachsen für Medienkunst am Edith-Russ-Haus 2023
Edith-Russ-Haus
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Wed May 31 17:17:53 CEST 2023
Newsletter | Vergabe der Stipendien der Stiftung Niedersachsen für Medienkunst am Edith-Russ-Haus 2023
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Die Stipendien der Stiftung Niedersachsen für Medienkunst am Edith-Russ-Haus 2023
Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst freut sich, die drei Projekte bekanntzugeben, die aus den Einreichungen des Open Call 2023 für die Stipendien ausgewählt wurden.
Die Jury für die Medienkunst-Stipendien der Stiftung Niedersachsen am Edith-Russ-Haus 2023, die nach zwei Tagen intensiver Debatten ihre Entscheidungen traf, bestand aus Zdenka Badovinac, Leiterin des Zagreb Museum of Contemporary Art in Zagreb, Gabriela Salgado, Direktorin von The Showroom in London, sowie Edit Molnár und Marcel Schwierin, die das Edith-Russ-Haus gemeinsam leiten.
Im Rahmen der Ausschreibung gingen 378 Bewerbungen mit Projektvorschlägen ein, die sich mit einem breiten Spektrum dringlicher Fragen beschäftigen, wie etwa transgenerationale Traumata, die Klimakrise, die Aufarbeitung vernachlässigter Geschichten sowie Femizide, die mit extraktiven Praktiken zusammenhängen. Vorherrschend waren Anklänge an Verluste und Vertreibung, aber auch Gefühle mangelnder Zugehörigkeit, ein Interesse an neuen urbanen Lebensweisen und verschiedene Herangehensweisen an artenübergreifenden Beziehungen.
Karolina Breguła ist eine polnische Künstlerin, die in den Medien Film, Fotografie, Installation und performativen Aktionen arbeitet. Das zentrale Thema von Bregułas Projektvorschlag fand sich auch in mehreren anderen Bewerbungen wieder: die Klimakrise und insbesondere die steigenden Meeresspiegel, die weltweit zum Verlust von Wohnraum und Arbeitsplätzen führen wird.
Bregułas Auseinandersetzung mit diesem Thema ist spannend und vielversprechend, denn sie untersucht die Erfahrungen verschiedener Communities und die Forschungsarbeiten mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen; zugleich bindet sie die gelebten Erfahrungen und persönlichen Ängste von Menschen in unterschiedlichen Weltregionen ein. Viele ihrer früheren Filmprojekte – die eine opulente Bildsprache und ausgefeilte konzeptuelle Herangehensweisen aufweisen – entstanden in Kooperation mit Protagonistinnen und Protagonisten sowie anderen Beteiligten und verwischen die Grenzen zwischen künstlerischen Aktivitäten von Professionellen und Amateuren.
Für dieses neue Projekt plant die Künstlerin, mit Forschenden und den Bewohnenden von Küstenstädten und ‑dörfern in Skandinavien, den Niederlanden, Deutschland, Irland und Taiwan zusammenzuarbeiten. Der Film wird die dringliche Geschichte von Communities erzählen, deren Leben und Lebensgrundlagen durch die gravierenden Klimaveränderungen bedroht wird; er umfasst kurze Sequenzen über frühere, aktuelle und künftige Bedrohungslagen sowie Fotografien und Performances vor Ort. Begleitend erscheint ein Buch, das Breguła und die Beteiligten gemeinsam schreiben werden.
Ryan Eoghan ist ein irischer Künstler, der in den Medien Bewegtbild, Installation, Performance, Puppenspiel und Zeichnung arbeitet. Seine Arbeiten erforschen kollektive und persönliche Traumata, das Verhältnis von Macht und Anarchie sowie bewusste und unbewusste Verhaltensweisen wie Agieren und Reagieren.
Eoghans Projekt, Circle A, schlägt vor, verschiedene Aspekte von Anarchie zu betrachten – auf der persönlichen und gesellschaftlichen Ebene und insbesondere im Hinblick auf die Konstruktion künstlerischer Subjektivitäten. Die Jury war vor allem beeindruckt von Ryans künstlerischer Sprache, die grundlegende, dringliche politische und gesellschaftliche Debatten anspricht und dabei in Kauf nimmt, als verstörend wahrgenommen zu werden. Sein Werk geht vom Alltäglichen aus und zielt darauf ab, durch organisiertes Chaos und eine radikale visuelle Poesie destabilisierend zu wirken.
Das Projekt wird zwei Arbeiten umfassen, die ineinandergreifen: eine Video-Installation in einer spezifischen Betrachtungsumgebung und eine Diaprojektor-Installation. Circle A wird sich damit beschäftigen, wie Kunst, Theorie und ihre institutionellen Strukturen mit Momenten des Aufruhrs, des Widerstands oder der Revolte koexistieren können. Das Projekt wird persönliche Geschichten und Gruppendiskussionen über das allgemeine Verhältnis von Anarchie und Kunst einbeziehen und zielt darauf ab, den Begriff „Anarchie“ zu differenzieren und seine weiterreichenden Konnotationen zu untersuchen.
Tenzin Phuntsog ist ein tibetisch-amerikanischer Künstler und Filmemacher, der in den Medien Bewegtbild, Film und Installation arbeitet. Seine Praxis berührt die Themen Präsenz und Zugehörigkeit, Landschaft und Sprache. Phuntsog gehört der ersten Generation von Tibeterinnen und Tibetern im Exil an, die im Ausland geboren wurden und nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Aus dieser Perspektive beschäftigt sich sein Werk immer wieder mit Fragen von Vertreibung, Sehnsucht sowie einer kollektiven Vorstellung von Heimat und ihrem gebrochenen Verhältnis zu eigenen Identität.
Die zentrale Idee der Arbeit – „das Imaginieren von großer Weite und Tiefe“, wie der Künstler sagt – wird sich mit den visuellen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten auseinandersetzen, denen Menschen aus Tibet gegenüberstehen, wenn sie mit dem Ozean in Berührung kommen: Früher, in ihrem von Erde umschlossenen Land, war der Ozean etwas, das sie sich nur vorstellen konnten. Phuntsogs Projekt beschäftigt sich mit dem Thema Vertreibung auch, indem er seine Aufmerksamkeit auf die Präsenz wahrgenommener und abwesender Landschaften im Körper richtet.
Die Jury fand Phuntsogs Bildsprache, die besondere Einblicke in die Zeiterfahrung bietet, raffiniert und stimmig. Bei dem Versuch, darzustellen, wie seine Charaktere die Gegenwart verkörpern, fangen seine Arbeiten eine ausgedehnte Zeitlichkeit ein.
Das Stipendienprogramm
Ermöglicht durch die Stiftung Niedersachsen hat das Edith-Russ-Haus für Medienkunst für das Jahr 2023 drei sechsmonatige und mit 12.500 Euro dotierte Arbeitsstipendien vergeben. Insgesamt hatten sich 378 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt für die Stipendien beworben. Die Stiftung Niedersachsen fördert das Stipendienprogramm des Edith-Russ-Hauses kontinuierlich seit 2001. Das Programm ist zu einem Aushängeschild des Edith-Russ-Hauses geworden. Viele der in Oldenburg entstandenen Arbeiten wurden nach ihrer Realisierung in internationalen Ausstellungen präsentiert und mit Preisen ausgezeichnet. Mit ihrer Förderung will die Stiftung Niedersachsen eines der führenden Häuser für Medienkunst in Deutschland nachhaltig stärken, seine an Qualität orientierte Profilierung unterstützen, um so die Schaffung von Kunst zu ermöglichen und internationale Vernetzungen und lokale Anknüpfungspunkte zu schaffen.
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Grants for Media Art of the Stiftung Niedersachsen at the Edith-Russ-Haus 2023
The jury for the Grants for Media Art of the Stiftung Niedersachsen at the Edith-Russ-Haus 2023, who reached their decision following an intense two-day discussion, consisted of Zdenka Badovinac, director of the Zagreb Museum of Contemporary Art; Gabriela Salgado, director of The Showroom in London; and Edit Molnár and Marcel Schwierin, co-directors of the Edith-Russ-Haus.
The 378 applications responding to the open call presented projects dealing with a wide range of pressing issues, such as intergenerational trauma, climate degradation, redressing neglected histories, and femicide linked to extractivist practices. A tone of loss and displacement dominated, along with a sense of a lack of belonging, an interest in new urban living, and diverse approaches to inter-species relations.
Karolina Breguła is a Polish artist working with film, photography, iInstallation, and performative actions. The central topic of Bregula’s proposal also emerged in several other applications: the climate crisis, and in particular rising sea levels that will cause housing and employment insecurity across the planet.
Breguła’s elaboration on the issue is exciting and promising, as it explores the experiences of various communities and the research into various scientific disciplines, all while connecting the lived experiences and personal fears of inhabitants across different geographies. Many of her previous film projects—which demonstrate a rich filmic language and elaborated conceptual approaches—are co-created with their protagonists and participants, blurring the borders between professional and amateur artistic activity.
For this new project, the artist plans to collaborate with scientists and the residents of coastal cities and villages in Scandinavia, the Netherlands, Germany, Ireland, and Taiwan. The film will tell the pressing story of communities facing severe climate disturbance to their lives and livelihoods, encompassing short films on the past, current, and future predicaments of particular places, as well as photography and local performances. A book, collaboratively written by Breluga and the participants, will accompany the film.
Ryan Eoghan is an Irish artist working with moving image, installation, performance, puppetry, and drawing. His work explores collective and personal trauma, the relation between power and anarchy, and voluntary and involuntary behaviors, such as acting and reacting.
Eoghan’s project, Circle A, proposes to address various aspects of anarchy, both at an individual and social levels, and specifically in relation to the construction of artistic subjectivities. The jury was especially impressed with Ryan’s artistic language, which dares to disturb while delving into wider urgent political and societal discussions. Positioned from the perspective of the everyday, his work aims to destabilize by means of organized chaos and radical visual-poetry.
The project will be divided into two intersecting works: a video installation within a specific viewing environment, and a slide projector installation. Circle A will elaborate on how art, theory, and its institutional structures can co-exist with moments of uprising, resistance, or revolt. The project will look at personal stories and group discussions regarding the broad relationship between anarchy and art, with the aim to nuance the notion of “anarchy” and explore its wider connotations.
Tenzin Phuntsog is a Tibetan American artist and filmmaker working across moving image, film, and installation. His practice touches on themes of presence and belonging as well as landscape and language.
Phuntsog belongs to the first generation of Tibetan exiles born abroad and are unable to return to their homeland. As such, his work repeatedly deals with questions of dislocation, longing, and the collective imagination of home and its interrupted relation to identity.
The work’s central notion—“imagining vastness and depth,” in the artist’s words—will engage the visual possibilities and impossibilities that Tibetans face when coming into contact with the ocean, something they once could only imagine from within their land-locked country. Phuntsog's project further touches on themes of displacement through focusing on the presence of perceived and absent landscapes within the body.
The jury found Phuntsog’s visual language refined and consistent, and offering special insight into the experience of time. His works capture an extended temporality in an attempt to portray his subjects’ embodiment of the present.
The grant programme
The Edith-Russ-Haus for Media Art has awarded three six-months work grants for 2023. 378 artists from all over the world have applied for the grants.The grants of 12.500 Euro are sponsored by Stiftung Niedersachsen. Stiftung Niedersachsen sponsors the grants at Edith-Russ-Haus for Media Art continually since 2001. Many of the works developed in Oldenburg have been shown in international exhibitions and have been awarded various prizes. With their support Stiftung Niedersachsen intends to encourage one of the leading sites for media art in Germany, in its highly qualitative profiling to make art creation possible and to create international networks as well as local cooperations.
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Edith-Russ-Haus für Medienkunst
Edith-Russ-Haus for Media Art
Katharinenstr. 23
D-26121 Oldenburg
t. +49 (0) 441 - 235 3208
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