[wos] Petition für digitale Privatkopie an Bundesjustizministerin übergeben

Volker Grassmuck wos@post.openoffice.de
Fri, 13 Dec 2002 14:43:14 +0100


+++ Initiative privatkopie.net übergibt Petition für die digitale 
Privatkopie an die Bundesjustizministerin +++


Gestern hat die Initiative privatkopie.net die ersten 35.000 
Unterschriften für den Erhalt der Privatkopie im digitalen Zeitalter 
an Bundesjustizministerin Brigitte Zypries übergeben. An dem 
anschließenden in einer sachlichen Atmosphäre geführten Gespräch nahm 
auch die zuständige Referatsleiterin im Bundesjustizministerium Dr. 
Irene Pakuscher teil.

Die Initiative erläuterte ihre Kritik am derzeitigen Entwurf der 
Novellierung des Urheberrechtsgesetzes. Die Ministerin betonte, dass 
mit dem jetzigen Entwurf die digitale Privatkopie zulässig bleibt. 
Die Frage der Durchsetzung der digitalen Privatkopie beim Einsatz von 
technischen Schutzmaßnahmen werde in einer zweiten Gesetzgebungsstufe 
geregelt. Die Umsetzung der Privatkopie und der Sonderschutz für 
technische Nutzungskontrollen sind die umstrittensten Teile der 
geplanten Novelle. Daher solle diese Frage mit allen Betroffenen 
weiter intensiv und ohne Zeitdruck erörtert werden.

Die Initiative sieht darin für sich den Auftrag die 
Unterschriftensammelung fortzuführen.


+++ Hintergrund +++

Im April 2002 hat sich eine Allianz von Wissenschaftlern und 
Medienaktivisten unter dem Dach des Berliner Netzkulturvereins mikro 
zusammengefunden, die auf der Seite http://www.privatkopie.net 
Unterschriften für die Berücksichtigung der Interessen der 
Öffentlichkeit bei der Novellierung des Urheberrechts sammelt.

Die Initiative gibt zu bedenken, dass die Schranke der Privatkopie 
nicht dem Wunsch nach kostenloser Unterhaltung dient, sondern dem 
Recht auf Teilhabe an der Informationsgesellschaft.

Dabei geht es nicht nur um den Erhalt der Möglichkeit, sich auch in 
Zukunft eine Kopie etwa einer CD fürs Auto oder Schlafzimmer 
erstellen zu dürfen. Auch die Verbreitung von Informationen und 
Wissen, dem Lebensblut der digitalen Gesellschaft, steht auf dem 
Spiel.

Im Kern kritisiert die Initiative, dass das geplante Gesetz zwar das 
Recht auf die Privatkopie auch für digitale Werke vorsieht, 
gleichzeitig aber Kopierschutzmaßnahmen und Techniken zum Digital 
Rights Management (DRM) unter Schutz stellt. Diese verhindern 
faktisch, dass Konsumenten von ihrem Recht Gebrauch machen können, 
und bringen - teilweise auch urheberrechtlich nicht geschützte - 
Inhalte unter eine digitale Plombe. Wer zur Selbsthilfe greift, muss 
mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Eine Umsetzung der derzeit geplanten Regelung beträfe nicht nur jeden 
einzelnen Mediennutzer, jede einzelne Mediennutzerin, sie hätte 
negative Folgen etwa für den Bereich der Bildung, der Wissenschaft, 
der Bibliotheken und für den ohnehin schwierigen Wissenstransfer in 
Richtung Dritte Welt.

Die Initiative wird von zahlreichen Netzorganisationen wie dem Chaos 
Computer Club, dem Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft 
(Fitug), der Grünen Jugend oder dem Virtuellen Ortsverein der SPD 
unterstützt.


+++ Vorschau John Perry Barlow in Berlin +++

Voraussichtlich am 16. Januar 2002 wird eine öffentliche Anhörung des 
Rechtsausschusses zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes 
stattfinden. Zeitgleich veranstaltet privatkopie.net eine 
Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz und eine 
Veranstaltung zur Urheberrechtsnovelle in der Humboldt-Universität.

Auf beiden Veranstaltungen werden Vertreter von Wissenschaft, 
Bibliotheken, Gewerkschaften und Verbrauchern ihre Kritik am 
Gesetzentwurf vortragen.

Als Hauptredner wird jeweils John Perry Barlow erwartet. Er ist 
Mitbegründer der Electronic Frontier Foundation und einer der 
bekanntesten Vertreter eines radikal neuen, auf der Internet-Ökonomie 
basierenden Verständnisses des Urheberrechts. John Perry Barlow wird 
über vier Jahre US-amerikanischen Erfahrungen mit dem Digital 
Millenium Copyright Act (DMCA) berichten. 
Informationen zu Barlow: 
http://www.eff.org/contact/board_bios.html#jpb


Für alle an konkreten juristischen Fragen Interessierten: In der 
kommenden Woche wird das Institut für Rechtsfragen der freien und 
Open Source Software (ifrOSS) ein Gutachten zu den kritischen Punkten 
des Gesetzentwurfs 
vorlegen.
http://www.ifross.de/

Weiter Informationen zum Thema: http://www.privatkopie.net/

Initiative zur Rettung der Privatkopie
info@privatkopie.net

-- 
   act now:    copy = right    http://privatkopie.net
   schon 35.000 Unterschriften !!!
   new releases:  Freie Software. Zwischen Privat- und Gemeineigentum
   http://freie-software.bpb.de
   home:   http://waste.informatik.hu-berlin.de/Grassmuck