[buug-l] "top down" vs. "bottom up" bei Freie Software-Migrationen

Volker Grassmuck vgrass at rz.hu-berlin.de
Sam Mar 20 02:47:16 CET 2004


Danke Florian für die Initiative und an alle, die sich an diesem 
Threat beteiligt haben. 

Eine Anmerkung zu München, weil Du, Florian, das auch als Beweis fürs 
Nichtfunktionieren angeführt hast, und zwei Fragen.

Ich habe mit jemandem gesprochen, der da ziemlich nah dran, wenn auch 
nicht selbst beteiligt ist. Die Einschätzung war, da sitzt ein Team 
mit reicher Erfahrung dran, die besten Leute, die man sich wünschen 
kann. Derzeit haben sie mit der Bestandsaufnahme einer riesigen, 
unübersichtlichen organisch gewachsenen IT-Infrastruktur zu kämpfen. 
Viele Abläufe beruhen auf visual Basic und Macros etc. Die Desktops 
sind das geringste Problem, das bis zur eigentlichen Ausschreibung im 
Sommer angegangen werden muß. 

Klingt wie eine erwartbare Situation, aber die Presse hat die 
Schwierigkeiten über jede Proportion aufgeblasen: Linux kriegt's 
nicht hin. Mein Informant sieht das als Teil der MS-Offensive. Aber 
wenn die Szene ins Gejammer einfällt, sei's halt schlecht. 

Politisch motivierte top-down Migration funktioniert grundsätzlich 
nicht, deshalb sollten die Münchner das besser sein lassen? Sie 
funktioniert nur bottom-up, wenn Sysadmins vor Ort es aus 
Eigeninitiative machen, deshalb brauchen wir eine Untergrundbewegung 
erleuchteter Sysadmins, die ihre Server klandestin migrieren ("Ist ja 
toll, dass unsere Win-Server seit einem Monat nicht mehr abgestürzt 
sind" *grins* "Linux sei Dank.") ?

On 26 Feb 2004 at 18:27, Oliver Brandmueller wrote:

> Und wenn ich nach diversen Jahren UNIX (und nie wirklich Windows) mir 
> vorstellen sollte, wie ich reagieren würde, wenn mir jemand sagt, jetzt 
> mal offen sein für was Neues, jetzt lösen wir mal Dinge mit Windows, 
> dann muß ich ehrlich gestehen, daß ich mir schwerlich vorstellen kann, 
> da großen Entdeckergeist und gesteigerte Motivation mitzubringen. Über 
> die Jahre habe ich gelernt, mit UNIXen diverser Art Lösungsstrategien zu 
> entwickeln; sobald man mich an ein Windows setzt ist es eine Frage der 
> Zeit, bis ich anfange zu fluchen und furchtbar gereizt zu sein, weil 
> meine Lösungsstrategien unter Windows so nicht funktionieren. 

Das scheint mir ein wichtiger Blickwinkel auf das Problem. Wer in ein 
System sozialisiert ist, ob als Enduser oder Admin, hat einen Satz 
Lösungsstrategien, Tools, Skills erworben. Die werden beim Wechsel, 
ob von Win nach Unix oder umgekehrt, mehr oder weniger weitgehend 
nutzlos. Begriffe wie Unwillen, Trägheit etc. oder, wie jemand auf 
dem letzten wos-Treffen vorgeschlug, gar einen Psychologen dazu 
einzuladen, scheint mir nicht die richtige Richtung. Das ist ein 
strukturelles Problem, von dem ich nicht weiß, auf welcher Ebene man 
das angehen kann.

"Die IT ist wunderbar, nur die Leute sind das Problem. Die Sysadmins 
für Leute heißen Psychologen. Die müssen jetzt ran, um die Leute auf 
der IT lauffähig zu machen." Das kanns nicht sein. Aber auf welcher 
Ebene kann man das Problem angehen?

Gruß
Volker


-- 
   Wizards of OS 3, 10-12 June 2004
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