[rohrpost] dt. Finanzrecht versus Medienkunst 2002

knowbotic.research krcf@khm.de
Wed, 21 Aug 2002 15:23:58 +0200


Liebe rohrpost'lerInnen,
wir sind mit einem Dilemma im deutschen Finanzrecht konfrontiert=20
und  moechten Euch um Hinweise, Tips, Anregungen hierzu bitten: Medienkunst=
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gilt nach der aktuellen (Finanz-)Rechtsprechung als Kunst, die nicht mit=20
herkoemmlichen Kunsttechniken arbeitet, und ist deshalb steuerlich als=20
Nicht-Kunst einzustufen!
Ich denke, dass diese Situation potentiell auch viele andere Leute auf=20
dieser Liste betrifft, die eine kuenstlerische Praxis mit Medien=20
in  Deutschland ausueben - deshalb folgende Fragen:

Frage 1) Hat jemand Euch bereits aehnliche Erfahrungen mit dem Finanzrecht=
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gemacht? (unsere spezif. Fallschilderung s.u.)
Unser Steuerberater hat von sich aus alles versucht dagegen einzuwenden,=20
ist aber mit seinem Latein am Ende, da sich das Finanzamt auf den=20
Gesetzgeber beruft.

Als einzige Loesung bietet sich wahrscheinlich nur an, dass eine=20
Gesetzesaenderung im dt. Finanzrecht angestrebt wird, die=20
MedienkuenstlerInnen mit den  sogen. traditionellen KuenstlerInnen=20
gleichbehandelt.
Diese Loesung bedarf aber einer Zusammenarbeit mit einer Organisation,=20
Vereinigung in Deutschland, die dieses Anliegen fuer die Medienkunst, das=20
Anstreben einer Gesetzesaenderung,  in Zusammenarbeit mit einem Anwalt=20
durchfechten kann (geschaetzte Dauer eines solchen Verfahrens laut=20
Steuerberater 1-3 Jahre).
Nach Anfragen bei mehreren Institutionen in Deutschland, die sich die=20
Anliegen der Medienkunst auf die Fahne schreiben, wurden uns Absagen fuer=20
eine Unterstuetzungsanfrage erteilt, da man sich nicht zustaendig oder=20
finanziell dazu nicht in der Lage sieht.
Frage 2)  Ist jemand dafuer in Deutschland zustaendig? Kennt jemand von=20
Euch eine Organisation, Vereinigung, Institution in Deutschland, die ein=20
solches Ansinnen unterstuetzen wuerde?

hier unser Fall:
In einer Koelner Steuerpruefung wurde festgestellt, dass es sich bei den=20
Arbeiten von Knowbotic Research  nicht um Kunstwerke im Sinne des dt.=20
Finanzrechtes handelt, fuer die der ermaessigte Steuersatz anzuwenden ist,=
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da die Kunstwerke von Knowbotic Research nicht in ueberkommenen Techniken=20
hergestellt wurden.
Als Kunstwerke gelten im dt. Finanzrecht nur Gemaelde, Aquarelle,=20
Zeichnungen, etc, und Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst.
Hierzu gehoeren aber nicht Arbeiten, die den Charakter einer Handelsware=
 haben.
Die Zolltechnische Pr=FCfungs und Lehranstalt Berlin, Oberfinanzdirektion=20
Cottbus, hat unsere Arbeiten geprueft, und festgestellt, dass=20
wir  Ausstellungsmedien wie Datenverarbeitungsmaschinen, Projektionstische,=
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CD_Roms einsetzen, die als Handelswaren einzustufen sind, und nach dem=20
Regelsatz zu versteuern seien. Verwiesen wurde auch auf den Europ.=20
Gerichtshof, der solche Objekte als Handelswaren ansieht, auch wenn sie vom=
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Kuenstler handgefertigt wurden,  wenn sie nach ihrer auesseren Gestaltung=20
vergleichbaren, industriell  oder handwerklich hergestellten Erzeugnissen=20
aehneln und mit diesen in Wettbewerb stehen.

Das heisst, dass  nach diesem Gutachten fuer alle Kunstwerke von KR  nicht=
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der ermaessigte USTsatz von 7% (nach =A712 2/1) anzuwenden ist, und dass wir=
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ueber Jahre rueckwirkend alle Rechnungen fuer unsere Kunstprojekte, fuer=20
die wir 7% UST. ausgestellt hatten, mit 16% versteuern muessen. (Auch die=20
Erstellung von Konzepten und die kunstlerischen Projektrealsierungen fallen=
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somit in die 16% Regelung).

danke im voraus,
christian