[rohrpost] Der Client als Medium

jana@feast.de jana@feast.de
Tue, 19 Mar 2002 23:50:12 +0100


hallo, hier auch noch mal zu peer goebel, bzw. auch zu lutz bonneberg.
> Ich f=E4nde es also sinnvoll, zwischen Medium und Kanal zu unterscheide=
n
> (wie z.B. John Fiske es tut) der Computer ist das Medium, das Internet
> ist der =DCbertragungskanal (wie beim Telefon: Telefon ist das Medium, =
die
> Kabel/Schaltstellen/Vermittlungsnetz (wie komplex auch immer) der
> Kanal).
da schlie=DF' ich mich doch an.
das internet, d.h. schicht eins bis sieben des OSI-referenzmodells (OSI=3D
open systems interconnection), von hardware und leitungen =FCber routing-=
 und
transportprotokolle, dateiformate und anwendungen (schicht sieben) m=F6ch=
te
ich =E4hnlich als =FCbertragungsmedium, vergleichbar der =E4therwelle ode=
r der
infrastruktur der filmdistributionsgesellschaften, betrachten.
der allgemeine nur-user hat erst auf schicht sieben =FCberhaupt zugriff a=
uf
das internet (das, nebenbei, in dieser betrachtung alles andere als ein
rhizom ist, sondern ein hochkomplexes materielles und operatives gef=FCge=
, das
in beiden dimensionen durch genau dokumentierte, protokollgebundene und
hierarchische strukturen organisiert ist), und er benutzt dazu in der reg=
el
nicht textbasierte, telnetgest=FCtzte anwendungen wie MUDs, MOOs, IRC (di=
e
sich ja als lieblingskinder der forschung elektronischer kommunikation
erwiesen haben), sondern einen web-browser.
in OSI-sprache: er benutzt eine anwednung, die das internet als
=FCbertragungsmedium mittels des Hyper Text Transfer Protokolls (http) nu=
tzt.
fuer die besondere populaeritaet des so definierten world wide webs spric=
ht,
dass anwednungen (clients), die andere protokolle benutzen, mittlerweile
alle in http integriert d.h. =FCber webbrowser verfuegbar sind: aus email
(smtp: simple mail protokoll) wird webmail (freemailer wie Sie wissen
schon), aus internet relay chat (telnet) wird web-chat, fuer file transfe=
r
(ftp) stellen webcommunities webinterfaces zur verfuegung, und dass hinte=
r
den google-groups eigentlich das Usenet (und damit network news transfer
protocol (NNTP)) steht, haben auch schon alle vergessen.

in diesem sinne waere die anwendung, der client, das medium.

> Was w=E4re denn gewonnen, wenn der Computer kein "Medium" w=E4re?
[yes, auch ich zupfe diese frage noch mal raus]
gewonnen w=E4re - obdas was wert ist oder nicht - eine medienwissenschaft=
liche
herangehensweise (lev manovich verk=FCndet das ende der media studies
zugunsten von software studies; dass damit das ende gegeben ist, will ich
nicht behaupten, aber eine ph=E4nomenologie der anwendung halte ich f=FCr
fruchtbar). [und darauf hat ja auch lutz bonneberg im anschluss hingewies=
en]
welche rolle spielt dann noch der computer, etwa fuer den www-user?
m.e.  spielt der computer F=DCR DEN WWW-USER nur noch insofern eine rolle=
, als
er das betriebssystem zur verf=FCgung stellt, auf dem die ben=F6tigten
programme, client (und nat=FCrlich server), laufen. das heisst, dass er f=
=FCr
den blossen benutzer gar keine rolle mehr spielt, wenn die grundtechniken
des computereinschaltens und programmstartens beherrscht werden.

last note: die eingrenzung 'internet sei =FCbertragungsmedium, www-client=
 sei
anwendungsmedium, computer (genauer gesagt: das human-computer-interface =
aus
tastatur, maus, monitor und - =E4hnlich sichtbar wie die elekronik des
fernsehgeraets - rechner) sei dispositiv' ist nat=FCrlich vor allem das: =
eine
eingrenzung, ein ausschnitt.

nicht ber=FCcksichtigt werden all die vielf=E4ltigen anderen anwendungen =
des
computers, bzw. wie peer goebel schrieb:

> ich kenne genug Leute, die
> Zeitung weniger zum Lesen als zum Beheizen ihres Ofens benutzen

groetjes

jana

p.s.: ich hab oben ein paar _thesen_ meiner magisterarbeit (still work in
progress) verwurstet, genauer gesagt die vorrede, die sich erst mal das
=E4quivalent zu kino und fernsehen sucht, in diesem fall: das world wide =
web
im sinne von browsergest=FCtzter kommunikation. interessierte moegen sich=
 am
26. maerz in paderborn einfinden zum 15. film/fernsehwissenschaftlichen
kolloquium, da breite ich das aus unter dem titel (achtung) "illusion,
simulation, virtuelle realit=E4t. wirklichkeitsmodalitaeten von kino,
fernsehen, world wide web". kolloq. geht von 25. bis 27. maerz, programm
unter http://www.uni-paderborn.de/mw/aktuelles/ und dann muss man glaube =
ich
noch mal auf 'aktuelles' in der navi links klicken.