[rohrpost] De:Bug 83 - Themenbot

debug karen at de-bug.de
Fre Mai 28 21:11:53 CEST 2004


Die Juni Debug liegt ab heute am Kiosk. Pünktlich zum Launch der 
deutschen Creative Commons Lizenzen weisen wir Wege aus dem 
Lizenzierungs-Dschungel. Mit einem Überblick über die Zukunft und dem 
Jetzt von Musik und sonstigen Medien im Netz und im weiteren Leben: 
Welche Modelle gibt es zwischen Copyright und Copyleft? Wo liegt die 
Zukunft des Filesharings? Was versprechen Drm und 
Pauschalabgabe-Modelle? Und auf welcher Seite steht eigentlich die 
Gema? Vollgepackt aber auch mit elektronischer Musik, Clips, Street Art 
und vielem mehr. Unser Themenbot zum Vorlesen.


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SPECIAL: Lizenzen ohne Grenzen

Creative Commons
Der Launch der deutschen Version steht unmittelbar vor der Tür: Das 
US-Lizenzmodell Creative Commons vollbringt das erstaunliche 
Kunststückchen, bisheriges Copyright gegen den Strich zu bürsten und 
damit einen neuen Umgang mit Content zu etablieren. Die Resonanz auf 
die "Lizenz zum Teilen“ ist weltweit so hoch, dass der internationale 
Zweig "icommons“ gegründet wurde, der landesspezifische Lizenzen 
erarbeiten soll. Anlässlich der Präsentation der deutschen Lizenzen auf 
dem Kongress Wizards of Os 3, der im Juni in Berlin stattfinden wird, 
stellen wir euch die Idee hinter dem Rechtskunststück noch einmal vor.

Filesharing - Zwischen Drm und Pauschalabgabe
Neue technologische Möglichkeiten mit alten Lizenzen zu verhindern, ist 
immer wieder ein klassisches Rechtsproblem gewesen. Als Tonbandgeräte 
und Musikkassetten Anfang der 60er aufkamen, wollte die Gema die 
Händler gerichtlich dazu zwingen, die Namen der Käufer herauszugeben, 
um Vergütungsansprüche geltend zu machen. Der Bundesgerichtshof wies 
sowas als Ausforschung des einzelnen im häuslichen Bereich zurück. 
Ebenso sollten Videorekorder verhindert werden, weil man mit ihnen 
urheberrechtsgeschütztes Material aufnehmen kann, trotzdem wurde 1984 
die Technik gerichtlich erlaubt. Aktuell trifft der Zorn Filesharing.

Interview: Cory Doctorow
Cory Doctorow nutzt Creative Commons-Lizenzen, um seine Bücher umsonst 
im Web zu verbreiten. Der Mitarbeiter der Electronic Frontier 
Foundation (EFF) und Mitbegründer des Boing Boing-Weblogs sprach mit 
Janko Röttgers über das Verschenken von E-Books und die Zukunft des 
Verlagwesens.

Freie Lizenzen
GNU, Copyleft, BSD und wie sie alle heißen. Ein Kurzüberblick.

Gema vs. Ifpi
Auch die Verwertungsgesellschaft der GEMA, die im Auftrag von Musikern 
Geld einsammelt, tut sich mit den jüngsten Veränderungen rund ums 
Digitale schwer. War sie zunächst nur mit der neuen Produktionsweise 
und der anderen Aufführungstechnik elektronischer Musik überfordert - 
DJ, Club und Mixen -, bekommt sie nun auch Ärger von ihrem klassischen 
Verbündeten: Der Musikindustrie in Gestalte ihres Verbandes IFPI. 
Darüber hinaus scheint auch die digitale Flexibilisierung an der GEMA 
nicht unbescholten vorbei zu gehen.

Unsere eigenen Gema Lizenzen
Anstatt immer nur schlecht gelaunt über die Gema zu lästern, haben wir 
unseren Redaktionseigenen De:Bug-Think-Tank zusammen getrommelt, um der 
Gema ein paar Vorschläge zu machen, die sie nicht nur nicht ablehnen 
kann, sondern auch zur innovativtsen Lizenzverwaltung around machen 
würde. Deal ist Deal.

DRM
Digital Rights Management. Was kanns, was ist, wieviele DRMs gibt es 
eigentlich.

Das Potato System
An der Technischen Universität Illmenau hat man ein System entwickelt, 
um Musik jenseits der Musikindustrie an den Mann zu bringen: das 
Potato-System. Mit der Gema ist man dafür bereits in Verhandlung. Wie 
jetzt? Keine keine Musikindustrie mehr? Das ist neu, das ist toll und 
das geht so.

Wie funktioniert Musik?
Ein Schaubild in 2000 Pfeilen.


MUSIK:

Robag Wruhme
Warum Jena nicht Hauptkulturstadt Europas ist, weiß niemand, der sich 
für House interessiert. Das "Freude am Tanzen"-Kollektiv planscht dort 
seit Jahren in einem musikalischen Jungbrunnen, der einfach nicht 
versiegen will. Genauso weit vorne wie draußen sind sie mit ihrem 
Nebenlabel "Musiik Krause". Dort veröffentlicht jetzt der musikalische 
Chefdenker des Kollektivs, Gabor Schablitzki aka Robag Wruhme, sein 
erstes Album - Harry Belafonte sei Dank.

Märtini Brös
Martini Brös geraten ins Taumeln, denn ihr neues Album “Love the 
Machines“ sei ebenso wenig durchweg ernst, wie das letzte Album 
durchgehend spaßig. Das liege nicht unbedingt am 
Erwachsen-geworden-Sein, sondern vielleicht an den englischen Texten.

Mocky
Mocky ist mit seiner angenehm styleverliebten und dabei ureigenen 
Definition von Pop und dieser reizenden Prise an Bad-Boy-Attitüde so 
etwas wie eine glamouröse, funky Version von The Streets. An 
Sonnyboy-hafter Nonchalance ist seine R'n'B-Paraphrase "Are + Be" kaum 
zu toppen.

Miss Kittin
Erst war Caroline Hervé als DJ die Camouflage-tragende Romantikerin der 
Wald-und-Wiesen-Raves, dann der singende Charme-Bolzen des 
Electroclash-Sommers. Jetzt macht sie sich mit ihrem Album "I Com" auf 
den Weg, die non-traditionalistische Hoffnung der schwächelnden 
Neo-Chanson-Szene zu werden - unbeabsichtigt, aber toll.

Air Liquide
Dr. Walker und Jammin' Unit legen nach. Nach Major-Deal und 
Flutkatastrophen stellen sie sich mit ihrem neuen Album breitbeinig in 
die Disco. Zehn Jahre Business konnten den beiden nichts anhaben. Die 
Maschinen lieben sie immer noch. Und umgekehrt sowieso. Im Garten der 
Legende ...

Get Physical
Wissen, was gut ist. Das Houselabel Get Physical und die sechs Köpfe, 
die dahinter stecken, wissen wo der Bartel den Most holt und kreuzen 
Erfahrung und Einflüsse zu tanzaktiven 12"es zwischen Disco, Electro 
und Chicago-House. Jetzt ist die erste Compilation erschienen.

Lex Records
Das Ausnahme HipHop-Label Lex Records ist nicht nur durch seinen Sound 
unvergleichlich geprägt. Die von der britischen Designcrew EH? 
entworfenen Plattenhüllen steuern ihren Teil zum extravaganten 
Gesamtbild bei. Als Auftakt zur neuen Debug-Serie "CoverLover" haben 
wir sie nach ihren Ansichten zu Grafik und Graffiti, Design und Musik 
und Arbeitsphilosophie gefragt.

Klimek
Sebastian Meissners Projekt Klimek ist Teil der Kompaktschen 
Pop-Ambient-Reihe, orientiert sich dabei aber lieber an den Cocteau 
Twins und Joy Division als an Brian Eno und Alex Patterson. Sein 
Debütalbum schmiert einem weiterhin großzügig und unwiderstehlich Honig 
um den Bart. Ein Fan berichtet.

Pascal Schäfer
Pascal Schäfer lebt in Köln und bastelt sich als Multiinstrumentalist 
und Jazzliebhaber die bewegendsten Soundtracks, die die Domstadt gehört 
hat. Und auch wenn ein Solo von Charlie Parker noch immer der Maßstab 
aller Dinge, die sich deep und genial schimpfen, ist, wühlt er sich auf 
seinem Album für Karaoke Kalk in schwebende Flächensounds.

Dat Politics
Das französische Duo Dat Politics kann auch auf seinem fünften Album 
nicht verhindern, dass ihre Laptops nur so überfließen vor bunten 
Hunden aus dem Streichelzoo. So komplex wie jetzt ist ihnen ihre 
anti-minimale Quietsche-Operette aber noch nie gelungen.

Workshop
Kai Althoff ist der scharfe Nazifrisur-Beatnik, der jeden Kunstklüngel 
mit seiner Platten-Auswahl in die unkontrollierte Party stürzt. 
Zusammen mit Stephan Abry zieht er zum siebten "Workshop"-Release neben 
H.P.Lovecraft auch Bob Marley heran, um so richtig klarzustellen, dass 
seine Geistes-Geflechte keine Vorurteile kennen - auch nicht gegenüber 
ethnoverkitschten Kiffer-Hippies.

Dj-nachwuchs in Vietnam
Nun heißt es DJ-Contest anstatt Karaoke. In Vietnam wird gebattled. Da 
hält sich der Nachwuchs erstmal an CDs und an das, was man kennt. 
"Bum-bum" ist die Formel zu der auch die in die Jahre gekommene Jury 
mit dem Kopf wippt. Die kommt aus dem Kulturministerium und versteht 
viel von Musik. Kein Wunder nach 70 jahren im Business.

Claro Intelecto
Auf Claro Intelecto können sich zur Zeit alle einigen. Die elektroiden 
Tracks von Mark Stewart klingen wir eine Liebeserklärung an ein 
Aufwachsen auf englischen Raves aus der guten alten Zeit. Dabei 
brachten ihn die Buzzcocks zur Elektronik. Wohnen die Punks nebenan, 
ist eben Techno dran ...

!!!
Waverock ist im Augenblick der totsicherste Garant, um seiner 
Provinzlangeweile zu entkommen. Also gründen sieben Freizeithänger aus 
Sacramento die Band "!!!", damit schon im Namen der New-Wave-Bezug klar 
ist. Und dann spielen sie entsprechende Musik, um auch ganz sicher zu 
gehen, dass sie jemand aus ihrem Kaff wegholt. Das hat weitestgehend 
geklappt, wir gratulieren.

Daedelus
Das Wunderkind Daedelus hat in Los Angeles schon früh verlernt, 
zwischen Teekessel und Computer zu unterscheiden.

AeoX
Die Technomaxis des Berliner Labels Null sind mit dem Klammerbeutel 
gepudert. AeoX, die Band, für die das Label gegründet wurde, bringen 
das Konzept jetzt mit einem Album auf den Punkt. Musik für Musiker, die 
keine Musik mögen. Schuld ist Inga Humpe. Neugierig?

ooioo
Japan Noise ist eigentlich nur was für Leute, die von kindischem 
Anarchohumor und einer moralischen Verpflichtung gegenüber Kakophonien 
getrieben werden. Aber mit ihrem Projekt ooioo geht Boredoms- und 
Psychobaba-Musikerin Yoshimi in psychedelische Improv-Verpeilungen, die 
sogar Testosteron-selbstbewusste Proletarierbühnen in England zum 
Schmelzen bringen - und unseren Autor an die Pforte des magischen 
Unterbewussten.

und mehr: Inzest, Gringo Grinder / Pan/Tone, Moabeat. etc.


MUSIKTECHNIK:

Melbeatz
Melbeatz ist nicht nur die Beatbauerin und Gefährtin von Kool Savas, 
sondern hat soeben ein eigenes Produzentenalbum bei dem Berliner 
HipHop-Label Optik Records rausgebracht. Ihre Beats macht sie 
inzwischen mit der MPC4000.

Mode
Klassische Synthese im Verbund mit erstklassiger Perfomance-Kontrolle: 
Das verspricht Cycling 74 für ihr neues Baby "Mode". Drei Soft-Synths 
und zwei Effekt-Einheiten bilden den Kern des neuen Pakets, das durch 
zahlreiche Extra-Plugs einen ziemlich dicken Eindruck macht. Made with 
Pluggo, womit auch sonst!?

Korg Legacy
Mit der Softwareversion des Korg MS-20 wird auf den Festplatten dieser 
Welt eine wichtige Emulations-Lücke geschlossen. Korgs "Legacy 
Collection" verbindet die legendäre halbmodulare Tischhupe mit einem 
dem Original nachempfundenen Hardware-Controller und den 
Softwareversionen des Polysix und der Wavestation. Drei Klassiker, 
jetzt gebundelt.

und: NI Electric Piano Review

MUSIKCLIPS:

Shynola
Da mag die Musikindustrie noch so jammern und in den letzten Jahren die 
Budgets für Musikvideos kürzen. Die Clipschmieden kommen trotzdem. Von 
dieser Ausgabe an stellen wir sie euch in lockerer Folge vor. Den 
Anfang machen die Londoner Shynola, die für The Rapture, Radiohead oder 
Blur gezaubert haben.

CLIP-REVIEWS
David LaChapelles Britney Clip und Zoot Womans 'Taken it all'


STREETART:

Freaklub
Freaklüb aus Barcelona bemalen Wände, als wären sie Folien für Comics. 
Was nicht heißt, dass sie ihren Wandcharakter ignorieren. Aber ihr 
kleiner orangehaariger Character kriegt meist eine komplett farbig 
verkleisterte Umgebung zur Seite gestellt, in der sie sich austoben 
kann. Neben der Wand bearbeiten sie T-Shirts, pflegen ihre Website und 
sitzen jetzt sogar an einem Film. Streetart erobert nach den Wänden 
alle Formate.

WEBSITEDESIGN:

Usability
Bis vor kurzem war unter Webdesignern alles erlaubt, was gut aussah. 
Selbst "ReadMe"-Dateien waren nicht vor Flash sicher. Derzeit bildet 
sich jedoch mit einem Mal ein gewisser Ethos heraus, der Accessibility 
und Usability ganz klar vor Flashibility kommen lässt. Mehr und mehr 
halten sich die Designer dabei an CSS, die Cascading Style Sheets.

DESIGN:

Markus Dreßen / Spector
Gedruckte Performationen sind das Markenzeichen des Designers Markus 
Dreßen. Für das unabhängige Kunstmagazin Spector cut+paste hat er 
dieses Prinzip entwickelt und in einem preisgekrönten Katalog für den 
Künstler Olaf Nicolai perfektioniert. Doch große Preise und seine Rolle 
als Mitherausgeber von Spector sind nicht das einzige, was Dreßen als 
Grafik-Designer auszeichnen: Hieroglyphen, ikonografische Zeichensätzen 
und die strikte Ablehnung von Tautologien machen seine Arbeit ebenso 
unverwechselbar, wie die strikte Weigerung, Aufträge hinsichtlich der 
Honorarhöhen zu bewerten.

KUNST:

Jack Goldstein
Minimalismus von klassisch bildenden Kunstfeldern auf andere Bereiche 
übertragen: Die Kunst von Jack Goldstein ist ein Geheimtipp, der in den 
letzten Jahren erst wieder entdeckt worden ist. Der Amerikaner schnitt 
aus gefundenem Material Kurzfilme und produzierte Platten mit 
filmhaften Geräuschkulissen von Zügen oder Flugzeugen.


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