[rohrpost] Soundwüsten und Hörsinnlichkeiten

sascha brossmann news at brsma.in-berlin.de
Fre Apr 29 19:37:24 CEST 2005


am 29.04.05 leitete Tilman Baumgärtel etwas weiter:
|> (...) Traditionslinie der elektronischen Avantgarde-Musik (...)
|> Pierre Schaeffer und Pierre Henry (...) die Szene rund um das
|> Kölner WDR Studio, die Stockhausen und Eimert begründeten (...)
|> Mille Plateaux setzt deren Ästhetik einer von der Tonalität
|> und Harmonielehre gelösten elektronischen Geräuschmusik
|> fort, die bewusst mit Zufällen und Fehlern arbeitet. Eine
|> musikalische Erweiterung findet durch die Auseinandersetzung mit
|> den Möglichkeiten digitaler Klangerzeugung statt.

unreflektierte lobhudelei mit quarkgarnitur im anmassanzug.

|> dominieren beginnt. Aspekte wie die Funktionalität von Musik und die
|> Infragestellung der Autorschaft rücken in den Vordergrund und werden
|> zu entscheidenden Distinktionskriterien eines neuen Verständnisses
|> von Popkultur.

bullshit. das einzige wort mit so etwas ähnlichem wie aussagekraft
hier ist "distinktionskriterien".

|> Zugespitzt könnte man sagen, dass der Rekurs auf die Theorie als
|> Mehrwert einen nicht unbeträchtlichen Glamourfaktor abwirft.

nicht "zugespitzt", sondern "mindestens". theorie sollte in dem zusammenhang
auch besser in anführungszeichen stehen, etwa so wie früher mal in der
bildzeitung die ddr.

|> unter den diskursiven, politischen und musikalischen Bedingungen des
|> 21. Jahrhunderts fortschreiben will.

marketing-blabla.

|> Hierbei wird die spezifische Medialität der Medienmusiken von Mille
|> Plateaux in Form eines Radio-Features inszeniert, das zugleich als
|> 60-minütiges Live-Konzert präsentiert wird, um es seiner medial
|> konservierten Form zu entfremden. Soundwüsten und Hörsinnlichkeiten
|> sind...

... aufgeblasenes geschwätz. ("spezifische medialität der medienmusiken",
das kann man fast nur noch unter "kulturkuriosa" abheften. herr sokal, bitte
übernehmen sie.)

|> Untermalt wird diese Theorie- und Sound-Performance durch die
|> Videoserie NUUK (Mille Plateaux Media, 2004) von Thomas Köner, dem
|> letztjährigen ars electronica Gewinner.

auch das noch.

zu dem ganzen obigen kram siehe auch z.b. martin büsser: antipop (2.
aufl.), 1998/2002

es ist mir ein rätsel, wie man jahre nach dem dämlichen popkulturellen
poststrukturalismushype noch dermassen unreflektiertes geschwurbel
verbreiten kann. erst recht aus einem akademischen kontext heraus. ich
schätze einiges, was auf m.p. erschienen ist. aber die musikalischen
leistungen - die im übrigen immer noch die der musiker und nicht des labels
als solches sind, es sei denn vielleicht in unserer unsäglichen
kuratorenkultur - darf man ruhig ein wenig vom dem damit verbundenen
heissluftgebläse trennen. "trennen" im sinne von "(unter-)scheiden": das
hatte zumindest etymologisch durchaus mal etwas mit wissenschaft zu tun,
viel scheint davon jedoch nicht übrig. allerdings: auf die selbe wurzel geht
auch noch mehr zurück, z.b. "scheisse". ah, voilà...


sascha
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