[rohrpost] (fwd) Kultur im Koalitionsvertrag

Andreas Broeckmann abroeck at transmediale.de
Mit Nov 16 13:13:00 CET 2005


(Der ganze Vertrag ist auf den jeweiligen Seiten von CDU und SPD zu finden.)


Koalitionsvertrag CDU, CSU, SPD  11.11.2005
Seite 113

2. Kultur
Zeile 5501
Im Mittelpunkt der Kulturpolitik steht die Fšrderung von Kunst und 
KŸnstlern. Ihre KreativitŠt ist eine wichtige Voraussetzung fŸr die 
ZukunftsfŠhigkeit unserer Gesellschaft. Kulturfšrderung ist keine 
Subvention, sondern Investition in die Zukunft.

Auch wenn die Fšrderung von Kunst und Kultur auf Grund der 
Verfassungslage primŠr Aufgabe von LŠndern und Kommunen ist, hat der 
Bund eine Reihe von
wichtigen Aufgaben zu erfŸllen, um Deutschlands Verpflichtung als 
europŠische Kulturnation gerecht zu werden.

Der Etat fŸr Kultur und Medien ist der kleinste im Bundeshaushalt und 
ist daher besonders sensibel. Da signifikante ZuwŠchse in den 
Haushalten nicht in Aussicht gestellt werden kšnnen, ist es umso 
dringlicher, die vorhandenen Mittel effizient einzusetzen. Neue 
Projekte mŸssen durch Umschichtungen im Haushalt finanziert werden.

BŸrokratische HŸrden  wie zum Beispiel im Steuerrecht  sind 
abzubauen. Die Instrumente der Fšrderung, die unverzichtbar sind fŸr 
den Erhalt der lebendigen und vielfŠltigen Kulturlandschaft 
Deutschlands, sind zu stŠrken. Die Koalitionspartner berŸcksichtigen 
bei der Wahrnehmung der Aufgaben des Bundes den Aspekt der Teilhabe 
insbesondere von Kindern und Jugendlichen an Kulturangeboten. Die
Fšrderung von Kultureinrichtungen in den neuen LŠndern wird fortgefŸhrt.

Die Rahmenbedingungen, die die BŸrgergesellschaft hat und braucht, 
mŸssen fŸr den Bereich der Kultur verbessert werden. Dazu gehšrt die 
Fšrderung des bŸrgerschaftlichen Engagements, insbesondere mit Blick 
auf das Vereinsrecht. Die Rechtsstellung der Urheber im digitalen 
Zeitalter muss gestŠrkt werden. Wir wollen das Stiftungsrecht weiter 
entwickeln, um die Errichtung von Stiftungen zu erleichtern und 
zusŠtzliche Anreize fŸr Zuwendungen zu schaffen. Bei 
Gesetzgebungsverfahren sind die besonderen Belange der Kultur und der 
Medien und der KŸnstler und Kulturschaffenden zu berŸcksichtigen. Bei 
einer †berarbeitung von Hartz IV sind EinschrŠnkungen vor allem bei 
den BeschŠftigungsverhŠltnissen freiberuflich TŠtiger im Kultur- und 
Medienbereich zu verhindern.

Die Koalitionspartner wollen die Fusion der Kulturstiftung des Bundes 
und der Kulturstiftung der LŠnder, verbunden mit geeigneten 
Regularien, um eine wirksame Wahrnehmung der Kulturfšrderung von 
nationaler Bedeutung und Bewahrung von kulturellem Erbe durch Bund 
und LŠnder zu ermšglichen.

Der Bund hat eine besondere Verantwortung fŸr die Kultur in Berlin. 
Der Kulturstaat Deutschland muss in der Hauptstadt erkennbar sein. 
Die Koalitionspartner stehen zu den Vereinbarungen des 
Hauptstadtkulturvertrages und zu den Entscheidungen zur 
Fertigstellung der Museumsinsel. Auf der Grundlage der 
Machbarkeitsstudie sollen zŸgig die weiteren Entscheidungen zum 
Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses getroffen werden.

Die Konzeption der GedenkstŠttenfšrderung des Bundes von 1999 wird 
fortgeschrieben mit dem Ziel der angemessenen BerŸcksichtigung der 
beiden Diktaturen in Deutschland.

Die Bundesbeauftragte fŸr die Unterlagen der Staatssicherheit der 
ehemaligen DDR wird durch die Umsetzung des Au§enstellenkonzepts und 
die Novellierung des Stasi- Unterlagengesetzes in die Lage versetzt, 
fŸnfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung die Behšrde 
zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.

Die Koalition bekennt sich zur gesellschaftlichen wie historischen 
Aufarbeitung von Zwangsmigration, Flucht und Vertreibung. Wir wollen 
im Geiste der Versšhnung auch in Berlin ein sichtbares Zeichen 
setzen, um  in Verbindung mit dem EuropŠischen Netzwerk Erinnerung 
und SolidaritŠt Ÿber die bisher beteiligten LŠnder Polen, Ungarn und 
Slowakei hinaus  an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und 
Vertreibung fŸr immer zu Šchten.

Die AuswŠrtige Kultur- und Bildungspolitik muss wieder die tragende 
dritte SŠule deutscher Au§enpolitik werden und den deutschen 
Interessen im Ausland dienen. Dies setzt eine sachgerechte 
Mittelausstattung voraus. Die Mittler der AuswŠrtigen Kultur- und 
Bildungspolitik, insbesondere die Goethe-Institute und die deutschen 
Auslandsschulen, leisten einen unverzichtbaren Beitrag fŸr enge und 
vertrauensvolle Beziehungen zwischen Deutschland und seinen Partnern 
und erfŸllen wertvolle Aufgaben bei der VerstŠndigung zwischen den 
Kulturen. Ein Schwerpunkt ist die Vermittlung, Fšrderung und StŠrkung 
der deutschen Sprache im Ausland.

Die Deutsche Welle soll in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gestŠrkt 
werden. Die Kooperation der Deutschen Welle Fernsehen mit den 
šffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD und ZDF ist auf Basis von 
Vereinbarungen mit den Sendern und der Erfahrungen mit German TV zu 
intensivieren, um einen umfassenden, aktuellen und attraktiven 
deutschen Auslandsrundfunk zu ermšglichen.

Wir werden insbesondere mit Russland Verhandlungen Ÿber die RŸckgabe 
von deutschem Kulturgut, das kriegsbedingt nach dem Zweiten Weltkrieg 
verbracht worden ist, intensiv weiter fŸhren. Daneben sollen 
gemeinsam mit den betroffenen Einrichtungen neue Mšglichkeiten 
eršrtert werden, Fortschritte in der Frage der RŸckfŸhrung dieser 
KulturgŸter zu erreichen.

Deutschland wird das UNESCO-†bereinkommen von 1970 Ÿber Ma§nahmen zum 
Verbot und zur VerhŸtung der unzulŠssigen Einfuhr, Ausfuhr und 
†bereignung von KulturgŸtern ebenso umsetzen wie die kŸrzlich 
verabschiedete UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt. Bei 
internationalen Handelsvereinbarungen muss wie bisher der besondere 
Charakter von kulturellen Dienstleistungen als Kultur- und 
WirtschaftsgŸter berŸcksichtigt werden. Der Handlungsspielraum 
staatlicher Kulturfšrderung gegenŸber der WTO (zum Beispiel im Rahmen 
von GATS) und der EU muss gewŠhrleistet bleiben. Eine grundlegende 
Einigung auf EU-Ebene Ÿber die Vereinbarkeit von staatlicher 
Kulturfšrderung im Hinblick unter anderem auf europŠisches 
Beihilferecht und die Dienstleistungsrichtlinie wird angestrebt. Die 
Autonomie der Mitgliedstaaten der EU zur Ausgestaltung des 
šffentlich-rechtlichen Rundfunks innerhalb einer zukunftsfŠhigen 
dualen Medienordnung muss gewŠhrleistet sein.

Auf europŠischer Ebene gilt es, die Revision der EU-Fernsehrichtlinie 
zu begleiten und insbesondere an der Trennung von Programm und 
Werbung festzuhalten.

Wir wollen die Rahmenbedingungen fŸr die deutsche Filmwirtschaft 
verbessern, um ihre internationale WettbewerbsfŠhigkeit zu sichern. 
Hierzu gehšren international wettbewerbsfŠhige Verwertungsregelungen 
und mit EU-LŠndern vergleichbare steuerliche Bedingungen, um privates 
Kapital fŸr Filmproduktionen in Deutschland zu mobilisieren.

Eine *nderung des Medienerlasses von 2001 muss dazu fŸhren, dass 
Koproduktionen mit deutscher Beteiligung nicht mehr behindert werden.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fŸr den Medienstandort Deutschland 
mŸssen, insbesondere durch eine Reform der Medien- und 
Kommunikationsordnung, in Zusammenarbeit zwischen Bund und LŠndern 
den technischen Entwicklungen angepasst werden. Rasante VerŠnderungen 
im Bereich der Telekommunikation, des Rundfunks, der Telemedien und 
die zunehmende Konvergenz der Medien machen einen einheitlichen 
Rechtsrahmen erforderlich. Dabei wollen die Koalitionspartner 
insbesondere die Pressevielfalt, die BŸrgerrechte und den besonderen 
Schutz der Journalisten sichern.

Rainer Bode, Rudolfstr. 27, 48145 MŸnster
Tel. 0251-132475, Fax 0251-132476