[rohrpost] art_science invitation

Joulia Strauss jouliastrauss at gmx.de
Mon Okt 17 03:11:53 CEST 2005


Einladung     Di, 18.10.'05                     scroll down for english

Erneut treffen sich Kunst und Wissenschaft in den gemäßigten aber
doch weiherlichen Hallen von art_science. 

Kunstvoll das Unsagbare wissenschaftlich zu sagen versteht 
Prof. Joseph Weizenbaum gemeinsam mit australischen Biokünstler 
und satellitengestützten realiTV Entwicklern schon ab 15 Uhr im 
verborgenen Humboldt-Hain des Medientheaters der Sophienstr. 22a.

Dort präsentieren Guy Ben-Ary und Philip Gamblen zunächst ihre 
neuesten Lebewesen und deren Entstehungstechniken. Im Schatten 
der Vergeblichkeit um die good old AI findet sich der Umzug
in die grelle Evidenz der Biotechnologie. Vergessen beinahe die gediegene
Materialität der Gewebe. Erblühe die akustische Reorganisation welker
Bildströme dank Peter Castine und John deKron uns lösend vom Zufall
wiedererkennbarer Bildpolitik. Konkurrenzlos determiniert entführt Josephs
Abschlussdiskussion schließlich unser Wissen abermals zum feierlichen
Empfang bei art_science, ab 19 Uhr.


art_science
Alexander Wahrlich
Oranienburger Str. 17
10178 Berlin
+49 1609 666 5057


Guy Ben-Ary und Philip Gamblen waren Artists in Residence im SymbioticA
- the Art and Science Collaborative Research Lab. SymbioticA ist
ein Forschungslabor, welches sich aus dem Blickwinkel der Kunst
mit der Erschließung wissenschaftlicher Weisheit im allgemeinen
sowie biologischer Technologien im genaueren befasst.
Es hat seinen Sitz in der School of Anatomy & Human Biology an der
University of Western Australia.

Die Künstler sind an der Entwicklung dreier Biokunstprojekte beteiligt:
In einem davon, "MEART - the semi living artist"
(<http://www.fishandchips.uwa.edu.au>),
erforschen sie die Möglichkeiten, Implikationen sowie die Ethik der
Erzeugung halblebendiger Wesen, die emergentes Verhalten entwickeln könnten.

Die beiden anderen Projekte befinden sich zur Zeit in der Entwicklung.
"The living Screen" ergründet die Schnittstelle zwischen Filmtheorie und
Biokunst. In "Mother" wird ein Blick auf die Möglichkeiten der Schöpfung
einer Wesenheit geworfen, welche die symbiotische Verflechtung eines
Bakteriums mit einem Roboter zum Gegenstand hat.

In ihrem Vortrag werden Guy und Philip eine Dokumentation dieser
Projekte präsentieren, Herausforderungen bei der Entwicklung von
Biokunst, A-Life Projekten und bei der Arbeit mit einer neuartigen
Werkzeugpalette von Zellen und Elektronik darlegen und diskutieren,
sowie Fragen aufwerfen, die sich in Verbindung mit diesen neuentwickelten
Geschöpfen ergeben, die unsere Wahrnehmung von und unsere Beziehung zu
verschiedenen Lebensbegriffen ausdehnen.



realiTV
 Ein Projekt von John deKron und Peter Castine, weiterentwickelt am Seminar
für Medienwissenschaft der Humboldt-Universität.  Präsentation des Fachs
Medienwissenschaft im Rahmen der "Langen Nacht der Wissenschaften" zum 11.
Juni 2005.


Exposé (Sebastian Döring)

 realiTV ist eine audiovisuelle Installation, die aus einem allgegenwärtig
werdenden, hochtechnisierten Medium heraus gewonnen wird: dem
Satellitenfernsehen. RealitTV operiert an der Schnittstelle zwischen zwei
medialen Lagen: Einerseits gewinnt es sein Rohmaterial aus dem
Live-Fernsehen, das, für sich genommen, als fertiges Endprodukt verstanden
werden will, und entwickelt dies durch einen kreativen, hochästhetisierten
und nicht zuletzt subversiven Kollageprozess weiter. Gleichzeitig sprengt
die Installation die in breiten Kreisen für selbstverständlich gehaltenen
Grenzen des Medienkunstwerks, indem es auf der subliminalen Ebene unserer
Wahrnehmung operiert: Aus der Maschine entfacht sich ein Fluß von Bildern
und Tönen von solcher Wucht und rasendem Tempo, dass dem Rezipient die Zeit
weder zur Reflexion noch zur Konstruktion eines eigenes Kommentars
verbleibt.


Hintergrund

Das Medium "Fernsehen" ist maßgeblich mit den weitherrschenden kulturellen,
ökonomischen und soziologischen Strukturen unserer Gesellschaft assoziiert.
Demgegenüber ist es das Ziel von realiTV, das Fernsehen aus seiner
herkömmlichen Massenmedialität herauszuhebeln. Der Zuschauer als Rezipient
ist bislang dem Medium am einsamen Ende des Fernsehnetzes hilflos
ausgeliefert. Er hat bereits sehr früh erfahren, dass das bloße "Zappen"
zwischen Programmen keinen echten Ausweg bietet. Längst haben Sendeanstalten
ihr Sendeangebot dahingehend koordiniert, dass beim Versuch, das Programm zu
wechseln, ihre Omnipotenz noch bewusster wird. Sogar das Ausschalten ist
keine Antwort sondern lediglich der verzweifelte Versuch, diese Macht zu
ignorieren. Bei realiTV dagegen besteht die Chance, die Sendung auf der
Ebene ihrer medialen Bedingungen selbst zu generieren, um die TV-Botschaft
neuartig und unterschiedlich, also im Sinne der Nachrichten- und
Medientheorie (Shannon, McLuhan) strikt info!
 rmativ zu erleben.


Das Projekt

 Die Idee für das Projekt wuchs aus der VJ-Szene heraus: ein neuartiges
automatisiertes rechnerbasiertes audiovisuelles Abmischgerät, das in der
Lage ist, mehrere Signale aus dem Fernseh-Satellitennetz in Echtzeit zu
verarbeiten. Die Herangehensweise hebt sich bewußt ab von dem "typischen"
VJ-Ansatz, dem collageartigen Abmischen aus einer Auswahl von
vor(her)-bereiteten Materialien, den Loops. Dagegen ist realiTV nicht bloß
eine Collage von bewegten Bildern kombiniert mit Sprache und Klang.
Stattdessen verkörpert es eine Art "allgegenwärtige globale
Medienwirklichkeit" des aktuellen Augenblicks, denn sichtbar sind Bilder,
die aktuell im Fernsehen ausgestrahlt werden. Die Klänge und Worte werden
der Audiospur der Fernsehsendungen entnommen. Diese Komponenten werden
miteinander kontrapunktisch vermischt, geschnitten, überlagert, verzerrt,
verrauscht, ausgetauscht ... zeitkritisch auf die Sekunde hin.  Das
Projektziel ist es, eine Benutzungsschnittstelle auf der Grundlage der t!
 ouchscreen-Technologie zu entwickeln und adäquate Algorithmen, die es
jedermann ermöglichen, die Maschine zu bedienen. Im Gegensatz zum
Clubprototypen soll die Maschine das klangliche Ambiente des Raumes selbst
generieren, statt von einer arbiträren (und eher kontextlosen) vorgegebenen
Musik abhängig zu sein. Hier soll die Klangästhetik näher an die
Bildästhetik heranwachsen.  Zwei Satellitenschüsseln verarbeiten mehrere
Satellitensignale gleichzeitig. Dabei ist es wichtig, dass die Schüsseln von
außerhalb des Aufführungsraumes auffällig sichtbar sind, um Neugier und
Interesse bei Passanten auf der Straße zu erwecken.


realiTV und das Seminar für Medienwissenschaft der HUB

Eine analytisch-ästhetische Auseinandersetzung mit den medialen Bedingungen
des Fernsehens und -hörens, mit der inhärenten Semiotik der Bilder und
Klänge im Fernsehsignal, mit der originären Medialität des Fernsehprogramms
- all dies steht im unmittelbaren Bezug zu den wissenschaftlichen
Forschungsgegenständen des Seminars für Medienwissenschaft. Ein besonderer
Brennpunkt dieser Entwicklungsphase ist die adäquate Berücksichtigung der
auditiven Komponente des Satellitenprogramms und ihres zeitkritischen
Verhaltens - denn kleinste Momente temporaler Synchronisation sind hier
Bedingung für den Ablauf und die Wahrnehmbarkeit des Prozesses selbst. Damit
sind jene Medienkomponenten angesprochen, die als profilgebende Schwerpunkte
des Lehr-, Forschungs- und Studiengebiets Medientheorien am Seminar für
Medienwissenschaft gelten.  Die Arbeit wird in den zwei Komponenten des
Medientheaters am Seminars entwickelt: zunächst im Signallabor, durch
Nutzung und Beteiligung von Rechen- und a!
 nderen Geräte- und Personalkapazitäten der Einrichtung; dann in der Szene
(Bühnenraum) als Testumgebung für die Arbeit.





Invitation

Anew art and sience reunite in the moderate yet sanctified halls of 
art_science.

Australian bio artists Guy Ben-Ary und Philip Gamblen present their newest 
living entities and the techniques of their come into being.
In the shadow of the vainness for the good old AI, is being found the 
procession into the glaring evidence of bio technology. Nearly forgotten, 
the smooth materiality of tissue, initially residing in the Medientheater of
Sophienstrasse 22a with Prof. Joseph Weizenbaum point 15 o'clock.
Bloom the acoustic reorganisation of limp picture-streams thanks 
to Peter Castine and John de Kron, loosening us from the coincidence
of recognisable pictorial politics. Surpassingly determined, Joseph's 
concluding discussion abducts our knowledge to join the celebratory 
reception at art_science, from 7 pm on.


Guy Ben-Ary & Philip Gamblen have been artists in resident in SymbioticA -
the Art and Science Collaborative Research Lab. SymbioticA is a research
laboratory dedicated to the exploration from an artistic perspective of
scientific knowledge in general, and biological technologies in particular.
It is located in The School of Anatomy & Human Biology 
at The University of Western Australia.

They are involved in the development of three Bioart related projects: one
of them is “MEART – the semi living artist”
(http://www.fishandchips.uwa.edu.au) where they explore 
the possibilities, implications and ethics of creating semi living entities
that might have emergent behavior.

The other two are currently under development. "The living Screen" is an
exploration of the interface between Film Theory and BioArt and a project
titled “Mother” where we look at the ossibilities of creating an entity that
involved symbiotic relationship between a bacteria and a robot.
In their presentation Guy & Philip will exhibit documentation of these
projects and present and talk about the challenges of developing Bioart 
and A-Life projects, The work with a new artistic pallet of cells and
electronics and try to raise issues concerning these newly created 
entities that further challenge our perceptions and our relations towards
notions of life.


art_science
Alexander Wahrlich
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10178 Berlin
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