[rohrpost] Computer als Medium -- der Diskurs-Prosumer

Peter Koval hu.go at web.de
Sam Mai 27 15:22:42 CEST 2006


Schon lange nicht ein Thema gewesen...
In dem angehängten Artikel sehe ich jedoch einen Anlass zu fragen:   
Wird die GEZ-Realität dem disparaten Medienbegriff ("Was ist ein
Medium?" hat ja eine rege rohrpost-Diskussion eingeleitet) zu verdanken
sein, oder haben die Gesetzesgeber einfach keine Ahnung, wie ein
Computer funktioniert? ("Was ist ein Computer?") 
Es werden doch die jeweiligen "medialen Dispositive" - nicht nur ihre
Artefakte - dem "digitalen code" unterworfen.

Was sagt die Medienwissenschaft? 

Oder wird "Computer als Medium" als Diskurs-Prosumer eine
Zweitgerätebefreing erhalten?


p.


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Hier der ganze Artikel (da er nur den E-Paper-Abonenten zugänglich
ist): 

Die Zahltag-Klausel
Wenn die GEZ zweimal klingelt: Von 2007 an werden internetfähige
Computer gebührenpflichtig

¸¸Wir kriegen alle schwarzen Schafe." Wenn die GEZ in der Werbung mal
tierisch-süß, mal cool fragt, ¸¸schon gezahlt?", wendet sie sich künftig
nicht mehr nur an Fernsehzuschauer und Radiohörer. Besitzer
internetfähiger Computer rücken ins Visier der Gebühreneinzugszentrale
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Internet-PCs sind von 2007
an gebührenpflichtig. Ende 2006 läuft eine Klausel im aktuellen
Rundfunkgebührenstaatsvertrag aus, wonach Geräte, die Rundfunk einzig
via Internet empfangen, von der GEZ-Gebühr ausgenommen sind. Doch viele
nutzen das Internet ausschließlich zum Arbeiten und nicht zum
TV-Vergnügen. Selbst die Gesetzesschöpfer sind sich offenbar noch
uneinig, wie die Internet-Gebühr im Detail angewendet und wie sie
gerechtfertigt werden soll.

Wer muss die Internet-Gebühr zahlen?

Grundsätzlich müssen von 1. Januar 2007 an all diejenigen ¸¸PC-Gebühr"
zahlen, die einen internetfähigen Computer besitzen. Das heißt einen
Computer, mit dem sie unabhängig von der Übertragungstechnik
Bewegtbilder oder Radio aus dem World Wide Web empfangen können. Rechner
mit TV-Karte sind bereits gebührenpflichtig. Ob der PC tatsächlich als
Rundfunkempfangsgerät genutzt wird, spielt keine Rolle.

Müssen Privatpersonen zusätzlich zu Radio und TV noch ihren PC anmelden?

Nein. Privatpersonen, die bereits für ihren Fernseher GEZ-Gebühren
zahlen, müssen ihren Internet-PC nicht zusätzlich anmelden. Der PC zählt
dann zu den Zweitgeräten, die von der Gebühr ausgenommen sind. Das
Gleiche gilt für Geräte von Ehegatten sowie von Haushaltsmitgliedern,
die kein eigenes Einkommen haben. Ist bei unverheirateten Paaren bereits
ein Fernseher bei der GEZ gemeldet, muss für den gemeinschaftlich
genutzten PC ebenfalls nicht zusätzlich gezahlt werden; es sei denn, der
zweite Partner nutzt darüber hinaus noch einen weiteren PC alleine - zum
Beispiel in einer Tätigkeit als Richter oder Lehrer im separaten
Arbeitszimmer.

Inwieweit sind Unternehmen und Selbstständige betroffen?

Auch Unternehmen müssen von 2007 an internetfähige Computer bei der GEZ
anmelden. Allerdings greift auch hier - das ist neu - die
Zweitgerätebefreiung. Selbst ein Großkonzern, der an einem Standort 10
000 PCs stehen hat, braucht davon nur einen oder alternativ ein
Fernsehgerät anzumelden. Bei Groß- und Mittelständlern wird die Gebühr
demnach weniger stark zu Buche schlagen. Weh tut die Neuregelung unter
Umständen kleineren Gewerbebetrieben und Selbstständigen, die bislang in
ihrem Betrieb zwar Computer mit Online-Zugang, aber weder Radio noch
Fernseher hatten.

Wie hoch wird die Internetgebühr sein und wer entscheidet darüber?

Ursprünglich hatten Länder und Rundfunkanstalten mit Einnahmen in Höhe
von 17,03 Euro im Monat je anzumeldendem Computer kalkuliert. Das
entspräche der derzeit gültigen Gebühr für ein TV-Gerät inklusive Grund-
oder Radiogebühr. Jetzt sind sich die Verantwortlichen, wie von
Brancheninsidern zu erfahren ist, unsicher geworden. Kann man eine
TV-Gebühr verlangen, wenn das TV-Angebot der Öffentlich-Rechtlichen im
Internet noch in den Kinderschuhen steckt? Es gibt nur wenige Sendungen,
wie zum Beispiel die Tagesschau, die online zu sehen sind. ¸¸Das
komplette Programmangebot von ARD und ZDF zu streamen, stößt wegen der
dann weltweiten Verbreitung an rechtliche Hindernisse, wäre technisch
sehr aufwändig und damit zusammenhängend derzeit kaum bezahlbar",
erklärt Hermann Eicher, Justitiar des Südwestrundfunks und Vorsitzender
der AG Rundfunkgebührenrecht von ARD und ZDF. Ein Programmangebot eigens
fürs Internet werde es nicht geben, denn die Öffentlich-Rechtlichen
dürfen im Internet nur ¸¸ihre TV-Programme sowie programmbegleitende
Inhalte anbieten", sagt ARD-Sprecher Rudi Küffner.

Ist die PC-Gebühr nicht eher mit der Radiogebühr zu vergleichen?

Das kann man so sehen. SZ-Informationen zufolge werden nun zwei von den
Intendanten eingesetzte Kommissionen, die ¸¸Finanzkommission" und die
¸¸Juristenkommission", das Thema eingehend bearbeiten. So gibt es
beispielsweise die Möglichkeit, dass die PC-Gebühr zunächst nur der
Radiogebühr in Höhe von 5,52 Euro entspräche: Die Hörfunkprogramme der
Sender werden schließlich fast alle über das Internet verbreitet. Der
Vorschlag der Fachkommissionen soll den Intendanten auf ihrer Sitzung am
19. und 20. Juni in Straßburg zur Beratung und gegebenenfalls
vorläufigen Entscheidung vorgelegt werden.

Werden außer dem PC noch weitere Geräte gebührenpflichtig?

Ja, alle neuartigen Rundfunkempfangsgeräte, mit denen man via Internet
Rundfunk empfangen kann, fallen ab 2007 unter die Gebührenpflicht - auch
Laptops oder UMTS-fähige Handys.

Gibt es noch juristische Probleme?

Ja. Die Vereinigung der Rundfunkgebührenzahler (VRGZ) reichte Klage beim
Bundesverfassungsgericht ein. ¸¸Die Neuregelung verstößt gegen fast ein
Dutzend verfassungsrechtlicher Grundsätze und Normen", sagt
Verbandssprecher Kai König. So zum Beispiel gegen den Grundsatz der
Entscheidungshoheit: Bislang habe jeder wählen können, ob er sich einen
Fernseher anschafft und damit die Gebührenpflicht begründet. Diese
Entscheidungsfreiheit werde nun genommen, argumentiert der Verband: Ein
PC sei ein unverzichtbares ¸¸Gebrauchs- und Alltagskommunikationsgerät",
das nicht einzig dazu da ist, Rundfunk zu empfangen. Außerdem habe der
Gesetzgeber noch nicht definiert, was er unter einem ¸¸Internet-PC"
versteht. Darunter könne im Extremfall auch ein Bankautomat fallen, sagt
König. Mit einem Urteil rechnet der VRGZ noch in diesem Jahr. STEPHANIE
GRILL

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.120, Freitag, den 26. Mai 2006 , Seite 17

Teure Kosten-Befreiung: ¸¸Wir haben es am Hals"

Im vergangenen Jahr hat Hans Buchholz mal ein sehr lustiges Experiment
gewagt. Der Geschäftsführer der Kölner Gebühreneinzugszentrale (GEZ) hat
tatsächlich versucht, den Serviceanschluss seiner eigenen Firma zu
erreichen. ¸¸Das ist mir nicht gelungen", gibt er heute zerknirscht zu.
Mit seinem Frust war Buchholz indes nicht allein, wie die für 2005
ermittelte Zahl von 355 000 angenommenen Anrufen pro Monat nahelegt,
ebenso wie der Umstand, dass in Stosszeiten auch schon mal eine halbe
Million Briefe ungeöffnet herumlagen.

Bei der GEZ war die Hölle los, was bei vielen Kunden zu massiver
Verärgerung führte. Auslöser der Anruf- und Antragslawine war eine
Gesetzesänderung, die der GEZ und den öffentlich-rechtlichen Sendern
immer noch zu schaffen macht. Seit April 2005 sind nicht länger etliche
Ämter berechtigt, Menschen von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien -
sondern allein die GEZ.

¸¸Wir haben es am Hals", sagt salopp Norbert Seidel, Vorsitzender des
GEZ-Verwaltungsrats, und meint nicht nur die Anrufe, sondern vor allem
die neuen Kosten - die der Gesetzgeber mehr oder weniger klammheimlich
von den Steuerzahlern auf die Rundfunkgebührenpflichtigen abgewälzt hat.
Etwa 25 Millionen Euro muss die GEZ jährlich zusätzlich aufwenden. Geld,
das den Rundfunkanstalten fehlt. Das Minus trifft die Sender doppelt,
denn mit den Arbeitslosenzahlen stieg auch die Zahl der
Gebührenbefreiungen, so dass die Einnahmen noch einmal um 75 Millionen
Euro zurückgingen. In der Summe fehlen so rund 100 Millionen Euro pro
Jahr.

Kaum Linderung verspricht da nach Ansicht von Buchholz die 2007 Jahre
einsetzende Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige Computer. Die
werde frühestens in drei Jahren ihre volle Wirkung entfalten - und auch
dann höchstens 30 Millionen Euro einbringen. HANS HOFF

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.120, Freitag, den 26. Mai 2006 , Seite 17



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