[rohrpost] cfp: Mit Leben rechnen

Claus Pias claus.pias at ruhr-uni-bochum.de
Son Apr 26 20:13:28 CEST 2009


verlängert bis zum 19. Mai 2009:



CALL FOR PAPERS

»Mit Leben rechnen. Zur Geschichte des Wissenstransfers zwischen  
Computer- und Biowissenschaften«

Workshop der „Fachgruppe Informatik- und Computergeschichte“ in
Verbindung mit dem „Präsidiumsarbeitskreis Geschichte der Informatik“

Termin: Dienstag, den 29.9. 2009

Zeitlicher Umfang: Eintägiger Workshop mit 10-12 Beiträgen.

Ort: Universität Lübeck

Veranstalter: Hans Dieter Hellige (Universität Bremen), Jan  
Müggenburg (Universität
Wien), Claus Pias (Universität Wien), Rudolf Seising (European Centre  
for Soft Computing,
Mieres, Spanien)

Vorläufiges Programmkomitee:
Philipp Aumann (Deutsches Museum Forschungsinstitut, München)
Wilfried Brauer (Technische Universität München)
Catarina Caetano da Rosa (RWTH Aachen)
Hans Dieter Hellige (Universität Bremen)
Jan Müggenburg (Universität Wien)
Claus Pias (Universität Wien)
Rudolf Seising (European Centre for Soft Computing, Mieres, Spanien)

Adressatenkreis:
Bioinformatiker, Softwareentwickler, Robotik- und KI-Forscher,
historisch interessierte Informatiker, Wissenschafts- und  
Technikhistoriker.

Fragestellung und Zielsetzung:
Seit den Anfängen des modernen Computing stehen Computer Science und  
Biologie in
einer teils produktiven teils problematischen Wechselbeziehung. So  
wurden einerseits
erfolgreich Verfahren der Informatik in der Biologie und anderen Life- 
Sciences als Instrumente
zur Analyse und Synthese biologischer/natürlicher Systeme und  
Prozesse verwendet,
während die Informatik durch Extrahierung von Ideen und Konzepten aus  
der Natur
starres Automaten-Denken überwand und sich nicht-linearen,  
dynamischen Komplexitäten
und Unsicherheiten öffnete. Den fruchtbaren Wissenstransfers stehen  
andererseits
immer wieder Analogiebildungen gegenüber, welche die informatische  
Forschung in die Irre
führen oder zu unerfüllbaren Versprechungen veranlassen, so die  
frühe Brain-Metapher,
überzogene maschinelle Lernkonzepte und vorschnelle biokybernetische  
Universalwissenschafts-
Aspirationen.

Der Workshop behandelt wesentliche Etappen der Disziplingenese und - 
entwicklung biologisch
inspirierter Informatik-Forschungsrichtungen, so vor allem:

- die Anfänge bio-analoger IT bei Norbert Wiener, der in den 40/50er  
Jahren Gemeinsamkeiten
der »Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der  
Maschine«
beobachtete und mit seiner daraus entstandenen (bio-)kybernetischen  
Wissenschaft das
Fundament für eine Übertragung des biologischen Lebensbegriffs auf  
informationstechnische
Systeme legte,

- die höchst diskontinuierlich verlaufene Entwicklung künstlicher  
Neuronaler Netze, die mit
dem Neuronen-Modell von Warren McCulloch und Walter Pitts bereits in  
den 40er Jahren
entstanden, sich aber erst mit den lernenden neuronalen Netzen seit  
den 80igern erfolgreich
durchsetzten,

- die Diskursgeschichte der durch Darwin inspirierten evolutionären  
Forschungsrichtung,
die in den 40/50er Jahren mit den sich selbst reproduzierenden  
zellularen Automaten
v. Neumanns einsetzte, seit den 60igern zur Entstehung evolutionärer  
Algorithmen führte
und in den späten 80er Jahren in die »Artificial Life«-Forschung  
mündete,

- die Begründung weiterer bio-analoger Forschungsrichtungen seit den  
80er/90er Jahren
wie der Schwarm-Intelligenz und der Simulation des Sozialverhaltens  
von Tierpopulationen
sowie künstlicher Immunsysteme,

- die Entwicklung autonomer intelligenter Systeme in der Robotik nach  
anthropomorphem
(top-down) oder evolutionsbiologischem (bottom-up) Muster,

- sowie die verschiedenen Bestrebungen einer Integration der  
verschiedenen bio-/naturinspirierten
Forschungsgebiete in einer neuen Dachdisziplin wie dem »Soft Computing«,
dem »Natural Computing« bzw. dem »Life-science Computing«.
Leitende Fragen einer solchen Bestandsaufnahme sind:

- Welche formative Wirkung hatte der (Bio-)Kybernetik-Diskurs auf die  
natur-/bio-inspirierte
Forschung?

- Welche Bedeutung hat die ewig alternative Architektur des  
»Biological Computing« für die
Geschichte der Informatik?

- Verlief die Disziplin-Entwicklung eher kontinuierlich von rein  
metaphorischen Anleihen zu
immer direkteren und systematischeren Verknüpfungen von  
Biowissenschaften und Informatik
oder eher diskontinuierlich von großen Visionen, RückschlaÅNgen und  
realistischeren
Neuanfängen?

- Inwieweit bestimmen behavioristische, kybernetische Vorstellungen  
von Tier und Mensch
noch immer Entwicklungen in der Robotik?

- Inwieweit gehen in die Konstruktion von Natur-/Biosystem-Modellen  
soziale Modellvorstellungen
ein, die dann als vermeintlich natürliche auf sozio-technische  
Systeme rückübertragen
werden?

- Birgt nicht der wechselseitige Wissenstransfer zwischen Informatik  
und Biowissenschaften
überhaupt die Gefahr metaphorischen Kurzschließens und des  
Verwechselns von metaphorischem
Konstrukt und Wirklichkeit?

- Wo liegen die Grenzen von »evolutionären« Programmierungsstrategien  
und quasi-biologischen
Systemen?

- Wie ernst sind transhumane und transbiologische Visionen von  
Forschern der
KI-Robotik und des »Artificial Life« zu nehmen, als Scientific Fiction  
oder reale Zukunfts- bzw.
Bedrohungs-Szenarien?

- Steht das »Natural Computing Age« (de Castro) bevor oder könnte  
dieses Mega-Leitbild
dasselbe Schicksal erleben wie einst das »Kybernetische Zeitalter«?

Einreichung von Papers / Abstracts:

Umfang:
Die an die Organisatoren einzureichenden Paper oder Abstracts sollten  
sechs Seiten nicht
überschreiten.

Format:
Mit Blick auf die spätere Publikation der angenommenen  
Workshopbeiträge in einem
gemeinsamen Tagungsband der GI-Reihe 'Lecture Notes in Informatics  
(LNI)' sollten die
Paper oder Abstracts gleich im LNI-Format erstellt werden, keine  
Seitenzahlen enthalten
und im PDF-Format eingereicht werden.

Nähere Informationen unter:
http://www.gi-ev.de/service/publikationen/lni/

Autorenrichtlinien unter:
http://www.gi-ev.de/service/publikationen/gi-edition-lecture-notes-in-informatics-lni-
2005/autorenrichtlinien.html

Adresse für die Einreichung von Workshop-Beiträgen:
Die Paper oder Abstracts bitte senden an: hellige at artec.uni-bremen.de

oder direkt hochladen nach:
http://www.informatik2009.de/einreichung.html.
Dort finden sich auch alle Hinweise zur Formatierung sowie ein Link  
auf die
Konferenzverwaltung.

Termine:
Termin der Einreichung von Beiträgen an die Workshop-Leitung: 26.04.2009
Benachrichtigung über Annahme / Ablehnung: 25.05.2009
Abgabe der fertigen Beiträge über die zentrale Konferenzverwaltung:  
01.07.2009

Geplante Buchpublikation:
Es wird im Anschluss an den Workshop zusätzlich zum GI-Tagungsband  
eine Buchpublikation
anvisiert, für die ausgewählte Beiträge ausgearbeitet werden können.

Teilnahme am Workshop:
Für die Teilnahme am Workshop ist eine Tagesanmeldung zur INFORMATIK  
2009 erforderlich
(bei mehreren Autoren von mindestens einem Autor) Weitere  
Informationen unter:
http://www.informatik2009.de/home.html

Bremen, den 26.2.2009
Hans Dieter Hellige
Sprecher der GI-Fachgruppe "Informatik- und Computergeschichte"